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Bürokratie kostet kleine Modehändler insgesamt über 1.000 Euro pro Monat

Aktuelle Studie im Auftrag des Bundesgremiums Modehandel der WKÖ zeigt: Große personelle und finanzielle Ressourcen fließen in Bürokratie – vor allem in kleinen Unternehmen.

Eine Infografik zeigt, dass kleine Unternehmen mehr als 1.000,- Euro im Monat für Bürokratie aufwenden
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Eine neue Studie quantifiziert, in welchem Ausmaß bürokratische Aufgaben heimische Modehändler belasten: In kleinen Unternehmen (10 Beschäftigte oder weniger) arbeiten im Durchschnitt 0,3 Beschäftigte ausschließlich an der Erfüllung bürokratischer Vorschriften, weitere 0,9 Beschäftigte arbeiten teilweise daran. Rechnet man diesen Zeitaufwand auf Basis der durchschnittlichen Personalkosten der Branche hoch, so ergibt sich, dass bereits kleine Unternehmen 850 Euro pro Monate für bürokratische Aufgaben aufwenden müssen. Hinzu kommen zusätzlich Kosten für externe Experten wie zum Beispiel Steuerberater.

„Wegen immer komplexerer Regelungen steigt außerdem der Bedarf an externer Beratung, so dass die Gesamtkosten sicher über 1.000 Euro pro Monat liegen“, rechnet Kommerzialrat Jutta Pemsel, Bundesobfrau des Bundesgremiums des Handels mit Mode und Freizeitartikeln. Die Studie wurde im Jänner 2017 von der KMU Forschung Austria im Auftrag des Bundesgremiums des Handels mit Mode und Freizeitartikeln in der Wirtschaftskammer Österreich durchgeführt.

Die Studie der KMU Forschung Austria setzte die errechneten Zahlen auch in Relation:

Bei kleinen Modehändlern betragen die internen Kosten für bürokratische Aufgaben 850 Euro im Monat, das entspricht laut Studie 4 % des Umsatzes – und sind damit in manchen Fällen schon höher als die Werbeausgaben der Betriebe.

Bei mittleren und größeren Unternehmen (über 10 Beschäftigte) betragen die Kosten durchschnittlich 3.000 Euro pro Monat, das entspricht 0,4 % des Umsatzes.

Für den Modehandel entstehen durch Tätigkeiten im Zusammenhang mit bürokratischen Regelungen insgesamt 50 Mio. Euro alleine an internen Kosten.

Teils absurde Vorschriften

„Wir haben nichts dagegen, sinnvolle Vorschriften zu erfüllen“, stellt Bundesgremial-Obfrau Pemsel klar. Allerdings stelle sich in vielen Fällen die Frage der Sinnhaftigkeit. So habe die Studie einige besonders absurde Regelungen aufgezeigt: „Im Geschäft müssen Sie darauf achten, dass die Preise aller Waren vollständig ausgezeichnet sind. Im Sinne des Konsumentenschutzes ist das völlig in Ordnung. Aber wenn die Behörden mehrfach beanstanden, dass ein T-Shirt, das in drei Metern Höhe dekoriert ist, kein Preisschild hat – dann darf man schon die Frage nach der Sinnhaftigkeit mancher Regelungen stellen“, kritisiert Pemsel.

Was bürokratische Belastungen betrifft, so werden die Anforderungen im Bereich der Steuern von den befragten UnternehmerInnen am höchsten eingeschätzt, gefolgt vom Bereich der Sozialversicherung, den Statistik- und Dokumentationspflichten, den arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen und dem Beauftragtenwesen (Sicherheitsbeauftragter, Abfallbeauftragter etc.).

Bürokratie behindert Investitionen

Die bürokratischen Regelungen haben auch negative volkswirtschaftliche Auswirkungen: So geben 58 % (kleine Unternehmen) bzw. 62 % (große Unternehmen) an, dass Bürokratie hinderlich bei der Einstellung neuer Beschäftigter sei. 48 % (kleine Unternehmen) bzw. 69 % (große Unternehmen) sagen, dass Bürokratie Bauvorhaben blockiere. 45 % (kleine Unternehmen) bzw. 46 % (große Unternehmen) geben an, dass Bürokratie sie an Investitionen hindere.

Laut Studie ist für fast 80 % der Unternehmen im Bekleidungshandel das Ausmaß der bürokratischen Belastungen in den letzten fünf Jahren gestiegen, für die Hälfte davon sogar stark.

Besonders problematisch ist die Bürkratie für jene Unternehmen, die ohnehin in hartem Wettbewerb stehen: Immerhin 87 % der Modehandelsunternehmen in Österreich beschäftigen weniger als 10 MitarbeiterInnen, die meisten davon haben nur einen Standort. Sie sind besonders hart vom Strukturwandel der Branche (online versus stationär, klein versus groß) besonders betroffen – und müssen darüber hinaus in Relation zur Unternehmensgröße auch besonders viele bürokratische Lasten schultern. Die Studie zeigt auch, dass im Jahr 2016 in Bezug auf 2015 knapp die Hälfte der Modehändler Umsatzeinbußen hinnehmen musste.

Mehr Bürokratie durch neue Vorgaben

Problematisch ist laut Pemsel auch, dass bürokratische Belastungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben und auch im kommenden Jahr weiter ansteigen werden: „Aktuell werden die Sicherheitseinrichtungen bei den Registrierkassen installiert, dies verursacht einmalige Kosten und darüber hinaus weitere Kosten für den laufenden Betrieb. Und auch die neue Datenschutzgrundverordnung ist so komplex, dass die meisten Unternehmen bei der Umsetzung Spezialisten benötigen werden“, so Pemsel.

Flexibilität statt Komplexität

„Die Erfüllung bürokratischer Vorgaben darf nicht unternehmerische Kernaufgabe sein, bürokratische Pflichten müssen im Verhältnis zum Nutzen stehen. Das System ist schon heute zu komplex“, betont Kommerzialrat Jutta Pemsel, Bundesobfrau des Bundesgremiums des Handels mit Mode und Freizeitartikeln. Sie erwartet von den Behörden, dass diese konsequenter das Prinzip „Beraten statt Bestrafen“ umsetzen, was derzeit in vielen Bereichen nicht der Fall sei. Betreffend Arbeitszeitregelungen, von denen der Handel besonders betroffen ist und die die Unternehmen in großem Ausmaß belasten, fordert das Bundesgremium des Handels mit Mode und Freizeitartikeln weitere Flexibilisierungen, die den Bedürfnissen der Branche entgegenkommen.

Über das Bundesgremium Handel mit Mode und Freizeitartikeln

Das Bundesgremium Handel mit Mode und Freizeitartikeln der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) vertritt über 17.000 Mitgliedsunternehmen in den Bereichen Textil-, Sport-, Lederwaren- und Schuhhandel.