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Der Bregenzerwald

Menschen zeigen, wie sie leben, und sie leben, was sie zeigen.

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BUS Stop Krumbach. Foto: Felix Friedmann Bregenzerwald Tourismus BUS Stop Krumbach. Foto: Felix Friedmann Bregenzerwald Tourismus

„Das hat sich einfach so entwickelt“, erklären die Menschen aus dem Bregenzerwald, wenn man sie auf ihr Angebot für TouristInnen anspricht. „Das ist unsere Lebenskultur im Tal, unsere Werthaltung.“ Etwas ganz Selbstverständliches also. Der Blick von außen urteilt ein wenig anders: Höchst professionell, kreativ, innovativ und einzigartig wird die strategische Positionierung des Bregenzerwaldes gesehen. Das, was der Tourismusexperte Franz Schmidt als erfolgsentscheidend für einen zukunftsfähigen Tourismus in Österreich ansieht – sich der eigenen Identität bewusst sein, innovativ im Sinne des Ganzen zusammenarbeiten, Marken-Geschichten erzählen, welche die Menschen berühren und die sie ganz konkret erleben können, ein soziales Verbundsystem, das kontinuierlich weiterentwickelt und bewirtschaftet wird – das ist im Bregenzerwald Realität.

Der Bregenzerwald besteht aus 22 Mitgliedsgemeinden. Es ist ein Tal mit mehreren Ein- und Ausgängen, nach Deutschland hin offen, ebenso Richtung Dornbirn und dem Großen Walsertal. 1902 beschrieb der Vorarlberger Mundartdichter Johann Gebhard Wölfle das Selbstverständnis der Bregenzerwälder mit "Meor ehrod das Ault, und grüssed das Nü, und blibot üs sealb und dr Hoamat trü." Wir ehren das Alte und grüßen das Neue, und bleiben uns selbst und der Welt treu.

Kombination von alt und neu

Der Wunsch, ein harmonisches Miteinander von Zeitgenössischem und Traditionellem zu schaffen, führte in den 1960er Jahren durch die Pioniere des nachhaltigen Bauens Leopold Kaufmann und Hans Purin zu einer Renaissance der Holzarchitektur. Die verwendete Strickbauweise, die schlichte Formensprache, das unbehandelte Holz, das mit der Zeit grau wird, wie die Baumstämme der Umgebung, führen dazu, dass sich Gebäude harmonisch in die Landschaft einfügen. Das prägt den privaten Hausbau, den Kommunalbau und den Hotelbau bis heute, ja der Bregenzerwald hat hier nach wie vor eine Vorreiterrolle. Gäste können dies auch kennenlernen: der „Umgang Bregenzerwald“ besteht aus 12 Dorfrundgängen, auf denen Gebäude, Besonderheiten der Kulturlandschaft, handwerkliche oder ökologische Details und Facetten künstlerischen, kulinarischen oder touristischen Schaffens gezeigt werden.

Der EU-Beitritt Österreichs 1995, mit den riesengroßen Möbelherstellern im Gefolge, hätte die Handwerker des Tals und damit eine wichtige Säule des Wohlstands gefährden können. Die Chance der Betriebe konnte nur in der Qualität liegen, und dabei am Puls der Zeit zu sein. Handwerker unterschiedlichster Sparten haben sich 1999 zum Werkraum Bregenzerwald zusammengeschlossen, sich auf Maßanfertigungen und Design für Alltagsgegenstände spezialisiert, und sie bedienen damit sowohl die regionale Nachfrage als auch Kunden im Ausland. Cornelia Kriegner vom Tourismusverband Bregenzerwald: „Wenn bei uns jemand ein Haus baut kommt der Tisch vom Tischler, die Fenster vom Fensterbauer und der Ofen vom Ofner aus der Region. Den VorarlbergerInnen ist das Hausbauen sehr wichtig. Das sind Lebenswerke, in die viel Geld investiert wird.“

Nutzen für Einheimische wie für Gäste

Ebenso relevant für Einheimische wie für Gäste ist das öffentliche Verkehrsnetz. Die Gemeinden – zusammengeschlossen in der Regionalplanungsgemeinschaft Bregenzerwald – geben viel Geld für ein gutes Busnetz aus: Alle 30 bis 60 Minuten fährt ein Bus aus allen Regionen nach Bregenz. Gerade diese Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln beeinflusst das Wohlbefinden von Einheimischen und Gästen enorm. Seit Jahren gibt es die Bregenzerwald-Gästecard, die Gäste ab drei Nächtigungen kostenlos erhalten. Damit können Sommerbergbahnen, öffentliche Schwimmbäder und alle öffentlichen Verkehrsmittel bis Bregenz und Dornbirn genutzt werden. Im Sommer 2016 wurden mehr als 100.000 Karten ausgegeben.

Der Bregenzerwald hat sich als Ganzjahresdestination positioniert. Es gibt ein reichhaltiges Angebot, das kontinuierlich weiterentwickelt wird und immer Betriebe, die offen haben. Viele Unternehmen schaffen es daher gut, einheimische MitarbeiterInnen das ganze Jahr über und auch langfristig zu halten. Nicht wenige Saisonarbeiter entschließen sich zu bleiben.

Begegnung und Entschleunigung

Einzigartig ist auch das Verhältnis von EinwohnerInnen und Gästen. Auf die etwa 30.000 BewohnerInnen kommen 15.000 Betten. Das bewirkt, dass es pro Dorf einige relativ kleine Hotels gibt und die komplette Infrastruktur vorhanden ist, nicht nur Sportgeschäfte. Kriegner: „Das kann für die Wahrnehmung der Region von Bedeutung sein. Möglicherweise haben sie das Gefühl, sie machen Urlaub da, wo andere leben, sie kommen mit Einheimischen in Kontakt, das berührt viele.“

Der Bregenzerwald wird sanft, ruhig und modern empfunden. Das mag wenig erscheinen. Es gab Zeiten, in denen so mancher Touristiker den Eindruck hatte, dass der Bregenzerwald die Entwicklung verschläft, so ganz ohne Hotelketten und Action. Für die Urlaubsgäste von heute stellt sich das freilich anders dar. Kriegner: „Durch die extreme Geschwindigkeit und die raschen Veränderungen, die das Leben der Menschen heute prägt, entwickeln sich neue Sehnsüchte nach Ruhe und Entschleunigung. Dies kann eine Chance für den Bregenzerwald sein, abseits vom Massentourismus.“