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Max Schachinger, Council für nachhaltige Logistik (CNL)

„Priorität hat für mich, über das persönliche unmittelbare Durchkommen hinaus, das große Bild, das lebendige gesunde Ökosystem, in dem alles miteinander sein kann – das ist mein Leitstern,“

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Foto: Privat Privat

erklärt Max Schachinger seine Motivation. „Viele sagen mir ‚Ihnen nimmt man das ab. Das spürt man‘. Meine Grundhaltung ist, beherzt mit beiden Beinen am Boden zu stehen. Ich bin Unternehmer und muss um mein Leiberl rennen, ich kann mir nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, ich bin bereit für den Wettbewerb. Gleichzeitig müssen wir aus dem Klimachaos und unserem alten, getrennten Bewusstsein mit kognitiver Dissonanz herauskommen. Persönlich möchte ich aus dem Taktieren, Lavieren und Reagieren herauskommen und mich in den grundsätzlichen Themen des Lebens verankern.“

Also gründete Max Schachinger, Vorsitzender Schachinger Logistik, 2013 das Konsortium Council für nachhaltige Logistik (CNL) um Innovationen und Rahmenbedingungen für nachhaltige Logistik mit Kraft voranzutreiben. Schachinger: „Ich wollte handeln, und nicht nur jammern, dass es andere Rahmenbedingungen bräuchte, oder eine bessere Zusammenarbeit trotz hoher Konkurrenz sinnvoll sei, und gemeinsam mit weiteren nachhaltigen Logistikern und WissenschaftlerInnen  Knowhow aufbauen und Lösungen umsetzen.“


Es war ein Mittwoch, der 28.November 2012. An diesem Abend wurde erstmals der durch die Branche gewählte Auszeichnung „Logistik Manager des Jahres“ verliehen – überraschenderweise an Max Schachinger für sein pionierhaftes, nachhaltiges Engagement.

Bis Mitternacht wurde er von den anwesenden Entscheidungsträgern belagert und bekam unzählige Vorschläge, Informationen und Anstöße für Rahmenbedingungen, Kooperationen und Innovationen. Der offensichtliche Leidensdruck zwischen Realität und Potential führte zu einem inneren Aufschrei bei Schachinger: „Es muss sich jemand darum kümmern und von Morgens bis Abends durchgehend daran feilen, den Güterverkehr nachhaltig zu entwickeln!“

Neben Lärm, Stau und Feinstaub stellt der hohe CO2 Verbrauch, v.a. im Verkehr, die größte nachhaltige Herausforderung dar. „In Österreich geht die Kurve, verglichen mit dem (Reduktions-) Ziel am weitesten auseinander,“ erklärt Schachinger. Er wollte handeln, und nicht nur jammern, dass es andere Rahmenbedingungen bräuchte oder eine bessere Zusammenarbeit trotz hoher Konkurrenz sinnvoll sei. Gemeinsam mit weiteren nachhaltigen Logistikern und WissenschaftlerInnenwollte er Knowhow über nachhaltige Logistik aufbauen, verbreiten, Konzepte entwickeln und umsetzen

Die ersten Gespräche mit Logistikfirmen verliefen überraschend positiv – sieben von neun sagten zu. Schachinger hatte sich viel mehr Bedenken und Gegenwind erwartet. Obwohl die Unternehmenin harter Konkurrenz stehen waren sie bereit mitzumachen. Auch die großen Handelspartner – von REWE bis dm – waren interessiert und stiegen ein.

Über sein persönliches Idol, der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, wurde die Universität für Bodenkultur (BOKU) ins Boot geholt und – ein entscheidender Schritt – Werner Müller gefunden, der das Netzwerk, das sich nun Council für Nachhaltige Logistik (CNL) nennt, voranbringt. Denn Schachinger war klar, dass es eine Person braucht, „die Nachhaltigkeit in Haltung wie Handeln verkörpert, das als Lebensaufgabe annimmt und viele der größten Firmen mit Kompetenz zu diesem Ziel führt.“

Wie ist es dir gelungen, diese konstruktive Kooperation auf die Füße zu stellen?

Max Schachinger: „Ich habe auf meinem bisherigen Weg viele Menschen kennengelernt, die mich als Experten und durch ihre Haltung inspirieren, wie z.B Ferdinand Koch von der denkstatt, Jürgen Schrampf von ECONSULT oder Martin Posset vom urban mobility lab.  Menschen wie diese habe ich in meine Arbeitsgruppen eingeladen, sie haben sie bereichert, meist ehrenamtlich, und es hat sich daraus ein eigenes Ökosystem entwickelt. Inzwischen herrscht reger Austausch, Forschungs- und Förderprojekte werden angeregt, Kooperationen entstehen.

Was waren die größten Hindernisse am Weg und wie hast du sie überwunden?

Schachinger: Die größte Herausforderung war und ist, gestandene Logistiker, die täglich schnell gekonnt auf Herausforderungen reagieren, zu einem Geist von vorausschauendem nachhaltig beseeltem Handeln und Kooperieren zu bringen. Die Sorge war groß, dass Mitbewerber auch Information bekommt, die er sonst nicht kriegen würde. Heute haben sich alle daran gewöhnt, in Gremien miteinander zu arbeiten und sehen die Vorteile mehr zu teilen. Ausländische Partner haben mehrfach erlebt, dass sich Fragen auftun, wir dann in der Pause bei inspirierendem vegetarischem Catering in einer gemeinsame Vorgangsweise finden. Zum Beispiel ging es um eine gewisse Größe und Aufbau eines LKWs. Ein Partner konnte nur eine bestimmte Größe verwenden. Obwohl die für die anderen Mitbewerber nicht die gewünschte Lösung darstellte sind sie mitgegangen, damit der Prozess vorangetrieben werden kann.

Deutsche Partner sagten uns, sie diskutieren in Sitzungen der Automobilindustrie seit zwei Jahren über ein normiertes Blinkergehäuse, und es gibt es noch immer keine Lösung.

Wir sind nicht so verkopft, distanziert, so schwarz-weiß, wir reden informeller und entscheiden schneller.Ich bin immer wieder erstaunt, wie kollegial wir arbeiten können im kleinen Österreich.In ganz Europa ist das eine einzigartige Kooperation.

Ich höre immer wieder, dass das viel mit dir als Person zu tun hat. Wie ist dir das gelungen?

Schachinger: Also da ist einmal der Faktor Glück und Gnade. Und ich glaube, es ist meine Haltung, dass, über das persönliche unmittelbare Durchkommen hinaus, das große Bild Priorität hat, das lebendige gesunde Ökosystem, in dem alles miteinander sein kann – das ist mein Leitstern. Viele sagen mir „Ihnen nimmt man das ab. Das spürt man“. Meine Grundhaltung ist, beherzt mit beiden Beinen am Boden zu stehen. Ich bin Unternehmer und muss um mein Leiberl rennen, ich kann mir nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, ich bin bereit für den Wettbewerb. Gleichzeitig müssen wir, wie aus dem Klimachaos, auch aus unserem alten, getrennten Bewusstsein mit kognitiver Dissonanz herauskommen. Persönlich möchte ich aus dem Taktieren, Lavieren und Reagieren herauskommen und mich in den grundsätzlichen Themen des Lebens verankern.

Von Anfang an widmen wir uns im CNL in halbtägigen Workshops den drängenden Themen, die für Nachhaltigkeit auf breiter Ebene wichtig sind:  Lagerlogistik und intermodaler Verkehr, soziale Nachhaltigkeit und der Wandel des Verkehrs aus der Abhängigkeit von Öl in das postfossile Zeitalter.  Als erstes von drei Praxisprojekten packten wir gleich die Umstellung auf eNutzfahrzeuge an, welches inzwischen den Großteil unserer Aufmerksamkeit bekommt.

Was wird sein, wenn das CNLerfolgreich ist?

Schachinger: Dann brauchen das CNL nicht mehr (lacht). Das ist eine hohe Vision, dass wir  aus dem egoistischen Trennungs- und Mangelbewusstsein herausgehen  in ein Zeitalter, wo das wesentliche und große Bild die Entscheidungen bestimmt. Das CNL ist dann eher eine Austauschplattform, wo man Erkenntnisse gewinnt, was notwendig ist und darauf aufbauend politische Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Dass sich Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik Rahmenbedingungen gegeben haben, die zum großengemeinsamen Guten da sind. Nachhaltigkeit ist die Basis. Deshalb wird nachhaltiges Verhalten belohnt und nicht-nachhaltiges bestraft. Es ist nicht mehr möglich, dass jene Vorteile haben, die die gemeinsamen Güter ausrauben. Es herrscht Kostenwahrheit.. Viele Entscheidungen und Mechanismen braucht es dann nicht mehr, weil die Vollkostenautomatisch im – vielleicht noch – kapitalistischen System enthalten sind.

Wie sieht die Zukunft deiner Branche aus? Wie wirkt sich die Digitalisierung aus?

Wir stehen vor der Herausforderung, dass die meisten Arbeitsplätze wegfallen werden, weil alles durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz von selbst läuft, Stichwort selbstfahrende Autos. Diese Entwicklung wird sehr rasch kommen. Die Reichweite der E-Fahrzeuge verdoppelt sich alle vier Jahre. Hochgerechnet zwischen 2021 – das ist der Kipppunkt für geringe Reichweiten – und 2030 werden nur mehr elektrisch betriebene  LKWs (bis 1.000 km Reichweite) gekauft werden. Dazu kommt, dass Ende der 20er Jahre alle autonom fahren werden.  Alle Dienstleister könnten dann nur mehr Handlanger für selbststeuernde IT sein. Ich glaube, dass bis dahin nicht 50% sondern 90 % der jetzigen Arbeitsplätze in meiner Branche wegfallen werden. Fast alle Fahrer, Kommissionierer, Disponenten, Abrechner, aber auch die meisten Programmierer und Juristen.  Ob neue kommen weiß ich nicht.

Wie bereitest du dein Unternehmen auf diesen Umbruch vor?

Manche Bereiche haben ein bisschen länger Zeit: Kranbeladungen, temperaturgeführte Produkte aus der Pharmaindustrie beispielsweise. Darauf haben wir uns spezialisiert. Aber klar ist trotzdem, dass die Firma in 10 Jahren so anders aussehen wird, wie es sich heute noch keiner vorstellen kann.

Was wünscht du dir von einer neuen Bundesregierung?

Schachinger: Ich wünsche mir eine vorausschauende und ganzheitliche Verkehrs- und Nachhaltigkeitspolitik auf Basis der Kostenwahrheit. Darüber hinaus sollen sie umsetzen, was sie zugesagt haben: Die Implementierung der Sustainable Development Goals in Österreich. In den meisten Ländern die ich kenne ist das eine ganz normale Hausaufgabe. Bei uns spüre ich noch nichts. Von der AARHUS-Konvention bis zur Klimastrategie wird geblockt. Ich möchte, dass wir von Nachhinkern wieder zu Vorreitern werden. Vorausschauend agieren spart viel Geld und ist g‘scheiter als später reparieren, Strafe zahlen und das Feld reaktionären bis populistischen Dynamiken zu überlassen.

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Christian Brandstätter, Max Schachinger, Roswitha Reisinger. Foto: CSR-Circle Arthur Michalek Christian Brandstätter, Max Schachinger, Roswitha Reisinger. Foto: CSR-Circle Arthur Michalek

Max Schachinger, Gründer
Council für nachhaltige Logistik.   ARGE Gesellschaft bürgerlichen rechts

  • Mitglieder (alphabetisch): Brau Union Österreich, cargo-partner, dm drogerie markt, DPD Direct Parcel Distribution Austria, Gebrüder Weiss, Hofer, Lagermax Internationale Spedition, Magna Steyr, Metro Cash & Carry Österreich, Österreichische Post, Quehenberger Logistics, REWE International Lager & Transport, Schachinger Immobilien und Dienstleistung, SPAR, S.Spitz, Stiegl Getränke & Service, Transgourmet Österreich.
  • Gegründet: 2014
  • Sitz: Wien
  • Branche: Logistik
  • Anzahl der MitarbeiterInnen: 3
  • Website: councilnachhaltigelogistik.at