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Sinnstiftend arbeiten:
ESG-Management

Im Windschatten vieler Turbulenzen ist in den letzten Jahren ein sinnstiftendes Berufsbild immer bedeutender geworden: ESG-Manager*innen. Was machen ESG-Manager*innen? Und wie wird man das? Kommentar von Anneli Fischer, Quality Austria.

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Anneli Fischer, Quality Austria Foto: Christoph Kaltenbacher

Auf den Arbeitsmärkten geht es stürmisch zu. Die einen sorgen sich um Arbeitsplatzverluste durch die stetige Weiterentwicklung von KI, die anderen stöhnen unter dem akuten Fachkräftemangel. Im Windschatten der Turbulenzen ist in den letzten Jahren ein sinnstiftendes Berufsbild scheinbar unbemerkt immer bedeutender geworden: die oder der ESG-Manager*in. Was machen ESG-Manager*innen? Und wie wird man das?

Mit drei Buchstaben die Welt verändern

ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environment, Social, Governance). Spätestens seit den medialen Diskussionen rund um die nachhaltige Transformation legen Stakeholder*innen und Kund*innen ihr Augenmerk auf Transparenz und Nachhaltigkeit von Unternehmen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind Mitarbeitende gefragt, die den notwendigen Rahmen schaffen, um im Kontext der Unternehmensführung betriebliche Standards zu entwickeln, die Umwelt- und Sozialfragen berücksichtigen. Soweit zur Theorie. Was ESG-Manager*innen im Detail tun, kommt ganz aufs Unternehmen und seinen jeweiligen Entwicklungsstand in Hinblick auf die Nachhaltigkeitsstrategie und deren Verankerung in den Prozessen an. ESG ist ein organisationsübergreifendes Thema, das auf bestehenden Strukturen und Managementsystemen aufbaut. Je weniger reif die Organisation ist, desto stärker müssen sich ESG-Manager*innen im Vorhinein mit der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien, Prozessen, Kommunikationsstrategien, Datenmanagement und Policies beschäftigen. Das heißt, bevor Strukturen überhaupt geschaffen und Managementsysteme etabliert werden können, braucht es das Verständnis und vor allem das Commitment aller Mitarbeiter*innen des Unternehmens. Es gilt, Bewusstsein für das Thema ESG zu schaffen. Nur so werden alle Mitarbeitenden an einem Strang ziehen und die ESG-Manager*innen bei ihren Aufgaben unterstützen. Im besten Fall ist die Position ESG-Manager*in als Stabsstelle organisiert, um möglichst eng am Management organisationsübergreifend und beratend arbeiten zu können. Ihren Ursprung hat die Position in den meisten Unternehmen in der Kommunikation. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen aber massiv verändert. Neben kommunikationstechnischen Skills ist heute ein juristisches Verständnis kombiniert mit Kenntnissen der Bereiche Qualitäts- und Umweltmanagement sowie Finanz und Controlling, entscheidend.

So ticken ESG-Manager*innen

Wie sollen sie denn sein? Welche Eigenschaften sollen Interessierte mitbringen? Ein*e ESG-Manager*in sollte kommunikativ und überzeugend sein. Um andere Menschen mitzureißen, muss die Position von einem Menschen ausgefüllt werden, der mit Herzblut daran arbeitet, das jeweilige Unternehmen ESG- und somit zukunftsfit zu machen. Neugierde und Wissbegierde sind enorm hilfreich. Kenntnisse zu relevanten Rahmenwerken wie SDGs, ISO 26000, UN Global Compact, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, GRI Standards etc. und die gesetzlichen Anforderungen aus dem Green Deal – wie z.B. Taxonomie-Verordnung, CSRD (Corporate Social Responsibility Directive), Sorgfaltspflichten in der Lieferkette etc. – sind unentbehrlich. Die Person muss wissen, was auf den unterschiedlichen Ebenen passiert: Was beschließt die UNO, was passiert in der EU-Politik, was macht der Nationalrat und was geschieht in der Gemeinde, in der das Unternehmen angesiedelt ist? Durchhaltevermögen auf unterschiedlichen Ebenen ist ebenso hilfreich. Denn für die meisten Menschen steht das Tagesgeschäft immer im Vordergrund – Themen wie ESG sind in der Wahrnehmung vieler immer noch on-top. Viele Unternehmen möchten zwar nachhaltig agieren, sind aber nicht bereit, schmerzhafte Einschnitte oder Veränderungen vorzunehmen. ESG-Manager*innen müssen überzeugend sein, damit das Management voll hinter notwendigen Veränderungsprozessen steht und Nachhaltigkeits-Bestrebungen nicht im Greenwashing enden. In Wahrheit muss sich ESG durch alle Unternehmensbereiche ziehen – und genau dafür braucht es eine Person, die überzeugend als interne*r Berater*in die Agenda umsetzt. Neben einem umfassenden Wissen hilft das Talent, schnell zu verstehen, wie Organisationen funktionieren und arbeiten. Wo muss ich ansetzen, mit wem muss ich sprechen, wen muss ich überzeugen? Wie gestalte ich meine Teams und wie schaffe ich es, dass der Prozess fortlaufend besteht und bedeutend bleibt?

Jetzt werde ich ESG-Manager*in

Zu guter Letzt stellt sich die Frage nach der Ausbildung. Und auch hier lautet die Antwort: Es kommt aufs Unternehmen an. Es gibt ESG-Manager*innen, die ihre Wurzeln in der Kommunikation haben, andere kommen aus dem Qualitäts-, Umwelt-, Finanz- oder Prozessmanagement, wieder andere aus der Unternehmensberatung. Was sie gemeinsam haben, ist der Wille zur ständigen Weiterbildung. Egal was die ursprüngliche Profession ist, gute ESG-Manager*innen zeichnen sich durch einen holistischen Ansatz aus. Es ist sicher von Vorteil, eine wirtschaftliche Ausbildung zu haben und diese mit Zusatzausbildungen wie beispielsweise Nachhaltigkeits- oder ESG-Management und damit verbundenen, laufenden Auffrischungen zu ergänzen. Das spielt dem Anspruch des lebenslangen Lernens in die Hände. Denn in einem Bereich, der sich ständig weiterentwickelt, sind Zusatzausbildungen das Um und Auf, um up to date zu bleiben. Neben all dem Wissen, das sich ESG-Manager*innen aneignen sollten, braucht es aber vor allem die Liebe zum Job und die Begeisterung, mit der eigenen Arbeit die Welt nachhaltig für uns und kommende Generationen zu verändern.

Anneli Fischer, Business Development ESG & Green Finance, Quality Austria, studierte Handelswissenschaft und hat viele Jahre im internationalen Bereich mit Schwerpunkt Supply Chain und Organisationsentwicklung gearbeitet. Mit dem Wunsch, etwas Sinnstiftendes zu tun, absolvierte sie einen Master of Science im ethischen Management und CSR und hat als Beraterin, Auditorin und Trainerin mehrere Jahre Berufserfahrung im ESG-Bereich gesammelt.