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Wer wagt, gewinnt

Wie Alma Spribille Unternehmerin wurde.

Jugendlich wirkende Frau mit dunkelblonden, schulterlangen Locken. Sie trägt eine knallgelbe, kurzärmelige Hemdjacke über schwarzem T-Shirt und strahlt in die Kamera.
Alma Spribille, Wetell. Foto: Wetell

Beim Telefonieren die Welt verbessern? Einfacher geht es kaum. Alma Spribille, Gründerin und Geschäftsführerin des nachhaltigen Mobilfunkanbieters Wetell, weiß wie. Sie erzählt, was ihr Schaffen geprägt hat und wie sie als Mensch und Unternehmerin nicht an der Weltlage verzweifelt.

Alma Spribille sitzt im Zug von Freiburg nach Düsseldorf. Mit ihren Kolleg*innen fährt sie zum wahrscheinlich wichtigsten Termin ihres beruflichen Lebens: Das junge Start-up hat kürzlich einen nachhaltigen Mobilfunkanbieter auf den Markt gebracht. Was fehlt, ist der Netz-Zugang. Nach mehreren Absagen ist der Netzbetreiber Vodafone ihre letzte Chance. Um sich diesmal bessere Chancen zu verschaffen, wagt die Gründerin einen ungewöhnlichen Stunt.

Politisierung einer Achtjährigen: Aufwachsen und Kindheit

Geboren wird Alma 1984 in Hamburg und wächst in der Kleinstadt Mölln in Schleswig-Holstein auf. In den Grundschulzeugnissen wird ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn betont, ihre ungestüme Art wird oft für ADHS gehalten. Ihr Vater war Kinderarzt und beruhigte: „Sie war einfach wahnsinnig aktiv.“

Besonders prägend für Spribille: Das Engagement ihrer Eltern gegen Rassismus nach dem Brandanschlag auf türkische Familien in Mölln 1992. Es war der erste rassistische Anschlag im wiedervereinten Deutschland und forderte drei Menschleben. Die achtjährige Alma geht auf Trauermärsche und engagiert sich im neu gegründeten Verein Gemeinsam leben. „Ich kannte plötzlich die Familien, die unsere Döner-Imbisse betrieben haben. Das Leid so hautnah mitzuerleben, hat mich stark geprägt.“

Sprung ins Unternehmertum

An ihrem Vater, der sich für behinderte Kinder einsetzt, nimmt sie sich früh ein Beispiel. Für sich selbst beschließt sie: Warum soll das Engagement beim Menschen enden?

Sie studiert bis 2010 Energie- und Umweltmanagement in Flensburg und wird Wissenschaftlerin am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, wo sie bis 2021 arbeitet. Solartechnik zu entwickeln, reicht bald nicht mehr: „Ich wollte etwas an vorderster Front gegen die Klimakrise tun.“

Bei den „Ingenieuren ohne Grenzen“, wo Alma ehrenamtlich tätig ist, trifft sie ihre späteren Mitgründer Andreas und Nico. Dann geht alles schnell: 2018 wird die Projektidee eines nachhaltigen Mobilfunkanbieters mittels Crowdfunding ins Leben gerufen, 2019 gründen sie die Wetell GmbH, 2020 folgt der Markteintritt.

Klimaneutral telefonieren mit Wetell

Heute telefonieren rund 27.000 Menschen deutschlandweit mit Wetell. Aus gutem Grund, denn Vorgaben für Klimaschutz, Datenschutz, Transparenz und Fairness sind besonders streng: Entstandene Emissionen werden durch Pflanzenkohle kompensiert, Verträge sind monatlich kündbar und kommen ohne Kleingedrucktes aus, Kund*innen-Daten bleiben in Deutschland – die Liste ist lang.

Dazu ist das Unternehmen gemeinwohlbilanziert und im Verantwortungseigentum: „Gewinne bleiben im Unternehmen und müssen im Sinne des Unternehmens investiert werden“, erklärt Spribille. „Die Gemeinwohlökonomie ist werteorientiert und ein gutes Tool zur Unternehmensentwicklung. Alle zwei Jahre haben wir die Möglichkeit, Bilanz zu ziehen.“

Wetell schreibt Erfolgsgeschichte

Ihr Vodafone-Ansprechpartner weiß schon vor dem Termin, dass er dem Start-up keinen Vertrag anbieten kann. Zu jung, zu neu auf dem Markt. Was er nicht weiß: Die drei Gründer*innen laden im Zug kurzerhand die Nachhaltigkeits- und Marketingverantwortlichen von Vodafone zum Gespräch ein. „Das war weit außerhalb meines Komfortbereichs“, sagt Spribille.

Der Rest ist Geschichte: Die Vodafone-Mitarbeitenden sind begeistert von der Start-up-Idee und unterschreiben den Vertrag. Heute nutzt Wetell das Vodafone-Netz mit Unterstützung des Mobilfunkpartners Stroth Telecom GmbH.

„Ich konzentriere mich auf das, was ich selbst bewegen kann“, sagt Spribille über ihren Erfolg. „Dabei lasse ich Gefühle zu und bin transparent mit meinem Team, dass auch mich manche Themen verunsichern. Wir überlegen dann gemeinsam, was wir bewegen können.“

Olivia Leth