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Mit KI Klimaziele erreichen

Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, Unternehmen dabei zu helfen, bis zu 45 Prozent ihres Klimaschutzziels nach dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen.

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Andreas Hornich_Capgemini

  • Studie von Capgemini zeigt, dass 48 Prozent der befragten Unternehmen KI nutzen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern
  • Nur wenige nützen KI-Potential, um Klimaschutzziel zu erreichen

Dies geht aus einer neuen Studie des Capgemini Research Institute mit dem Titel „Climate AI: How artificial intelligence can power your climate action strategy“ hervor, die in Zusammenarbeit mit dem renommierten Frankfurter Nachhaltigkeits-Start-up right. based on science durchgeführt wurde. Befragt wurden 800 Nachhaltigkeits- und Technologiemanager aus 400 Unternehmen der Automobilbranche, der Fertigungsindustrie, der Energie- und Versorgungswirtschaft, der Konsumgüterindustrie und des Einzelhandels. Künstliche Intelligenz bietet viele Einsatzmöglichkeiten für den Klimaschutz, doch ihre Integration in bestehende Geschäftsmodelle sowie Produkte und Services erweist sich als schwer realisierbar. Nur 13 Prozent der Unternehmen verknüpfen KI-Ressourcen erfolgreich mit ihrer Klimavision.

„Künstliche Intelligenz kann einen beachtlichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten. Allerdings wissen erst wenige Unternehmen, wie sie dieses Klimaschutz-Potenzial optimal abrufen“, sagt Andreas Hornich, Head of Insights and Data bei Capgemini in Österreich. „Sie brauchen daher nicht nur eine Nachhaltigkeitsstrategie, die Daten und KI einbezieht, sondern müssen auch ihre Kompetenzen im Umgang mit Daten, KI und nachhaltigen Design-Prinzipien ausbauen. Erst dann können sie mit dieser Technologie den größtmöglichen, dringend benötigten Effekt erzielen.“

Zwei Drittel (67 Prozent) der Unternehmen haben sich langfristige Ziele zur Eindämmung des Klimawandels gesetzt. KI kann Klimaschutzmaßnahmen in allen Branchen und Wertschöpfungsketten beschleunigen – und die Nutzung nimmt zu: Mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) gehen bereits über Pilotprojekte oder Proofs of Concepts hinaus. KI-Anwendungsfälle umfassen Energieeffizienzsteigerungen, die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die Prozessoptimierung zur Produktivitätssteigerung. Fast die Hälfte (48 Prozent) der Befragten nutzt KI für den Klimaschutz. Dadurch konnten sie seit 2017 die Treibhausgasemissionen um 12,9 Prozent senken, die Energieeffizienz um 10,9 Prozent erhöhen und das Abfallaufkommen um 11,7 Prozent reduzieren.

Die potenziellen Effekte von KI sind beachtlich. Unternehmen können erwarten, ihre Treibhausgasemissionen in den nächsten drei bis fünf Jahren durch KI-basierte Klimaschutzmaßnahmen um durchschnittlich 16 Prozent zu reduzieren. Für die fünf untersuchten Branchen zeigt die Studie, dass KI-gestützte Anwendungen bis zum Jahr 2030 bis zu 45 Prozent der Anforderungen des Pariser Klimaabkommens erbringen können. Das größte Optimierungspotenzial durch KI – von bis zu 45 Prozent des Emissionsreduktionsziels – weist der Einzelhandel auf; der Großhandel kann mit 11 Prozent rechnen.

Wie stark Reduzierungen von Treibhausgasemissionen durch KI dazu beitragen, die Klimabilanz von Organisationen auf ein globales Erwärmungsniveau von unter 2°C zu begrenzen, ermittelt Capgemini mit dem X-Degree Compatibility (XDC)-Modell, das von right. based on science entwickelt wurde.

Durch die Analyse von mehr als 70 KI-Anwendungsfällen zum Klimaschutz identifizierte Capgemini die zehn Anwendungen mit der größten Wirkung. Dazu zählen Energieverbrauchs- und ‑optimierungsplattformen, Algorithmen zur Ausfallprognose sowie automatischen Erkennung von Störungen und Leckagen in Industrieanlagen, ohne den Betrieb zu unterbrechen.

Hürden für einen erfolgreichen Einsatz von KI

Trotz des beträchtlichen Potenzials von KI für den Klimaschutz ist ihre Verbreitung nach wie vor gering. Dies könnte an mehreren Faktoren liegen:

  • Mehr als acht von zehn Unternehmen geben weniger als 5 Prozent ihrer Klimaschutzinvestitionen für KI und Datenerhebung aus.
  • Bei gut der Hälfte der Organisationen (54 Prozent) verfügen weniger als 5 Prozent der Mitarbeiter über die nötigen Fähigkeiten, um daten- und KI-orientierte Rollen zu übernehmen.
  • Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Nachhaltigkeitsverantwortlichen haben ihre Klimaziele angesichts von COVID-19 abgeschwächt, am stärksten in der Energie- und Versorgungsindustrie. 38 Prozent aller Organisationen haben Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen zurückgestellt.

Europäische Unternehmen führend bei Klima-KI

Nur 13 Prozent der Unternehmen haben ihre Klima-Vision und -strategie mit ihren KI-Ressourcen abgestimmt. Zwei Fünftel dieser Klima-KI-Champions kommen aus Europa, die übrigen vorwiegend aus Amerika und dem asiatisch-pazifischen Raum. Klima-KI-Champions kommen den Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens bereits näher als ihre Wettbewerber – sowohl bei den Scope-1- als auch bei den Scope-2-Emissionen. Zudem haben sie bei der Anwendung von KI zur Reduzierung direkter Emissionen erhebliche Fortschritte erzielt.

Die große Mehrheit der Unternehmen allerdings hat das Potenzial von KI im Kampf gegen den Klimawandel noch nicht erkannt: 84 Prozent der Führungskräfte würden ihren CO2-Fußabdruck lieber kompensieren oder ausgleichen, als technologische Lösungen einzusetzen, um ihn langfristig zu verringern. Letzteres streben lediglich 16 Prozent an. Der Studie zufolge müssen Unternehmen in KI- und Data-Science-Teams investieren, um KI optimal für mehr Nachhaltigkeit einsetzen zu können.

KI umsichtig zum Klimaschutz einsetzen

Trotz der technologischen Fortschritte können KI-Systeme und -Lösungen potenziell viel Strom verbrauchen und beträchtliche Mengen klimawirksamer CO2-Emission erzeugen. Vor dem Einsatz von KI-Anwendungen müssen Unternehmen daher die Umweltauswirkungen sorgfältig ermitteln, Bewusstsein schaffen und mit nachhaltigen Design-Prinzipien bei der Anwendungsentwicklung sicherstellen, dass die Vorteile ihrer KI-Einsätze die „Kosten“ der Emissionen überwiegen.

Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.

Methodik der Studie

Capgemini hat 800 Führungskräfte aus 400 Organisationen befragt – pro Organisation je einen Manager für Nachhaltigkeit und Technologie bzw. Business. Neben der Befragung von Führungskräften interviewte das Beratungsunternehmen 300 Experten – Mitarbeiter von Regulierungsstellen, Akademiker und KI-Fachexperten. Capgemini ergänzte die Umfragen durch Tiefeninterviews mit mehr als 40 Nachhaltigkeits‑, Geschäfts-, Technologie- und KI-Experten sowie Start-ups, Think Tanks und Wissenschaftlern, die auf dem Gebiet der KI und/oder des Klimawandels arbeiten. Capgemini ging zudem eine Partnerschaft mit right. based on science ein, die durch ihre XDC-Modell-Methodik die Effekte von KI auf die Treibhausgasemissionen von Organisationen abschätzen und quantifizieren können. Diese Methode, die auch der UN-Klimarat verwendet, stellt als einzige ein umfassendes Klimamodell zur Verfügung. Sie ist wissenschaftlich fundiert, peer-reviewed, zukunftsorientiert, kompatibel mit der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), auf den Green Deal der EU abgestimmt, transparent und Open Source (derzeit für die Wissenschaft; ab 2021 vollständig Open Source).