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Demokratie sucht Journalismus

Wo der Markt versagt. Roswitha M. Reisinger.

Die Einstellung des Wirtschaftsblatts Ende August 2016 war ein Paukenschlag in der österreichischen Medienlandschaft. Die Kosten konnten durch den Verkauf der Zeitung und Werbung nicht mehr erwirtschaftet werden.

Der Rückgang von Kauf-Medien zeichnet sich schon lange ab. Das ist der Lauf der Dinge könnte man sagen, Schumpeters Zerstörungsphilosophie im Hinterkopf. Eine Branche ist um Umbruch und sie tut sich sehr schwer. Die Print-Medien müssten halt mit der Zeit gehen, ins Digitale. Da wird sich schon etwas Neues auftun. Diese Argumentation hat etwas für sich (siehe BUSINESSART 4/2016, Claus Reitan). Es geht auch nicht darum, die Print-Medien zu retten. Es geht um qualitativ hochwertigen Journalismus.

An guten engagierten JournalistInnen mangelt es nicht. In unserer täglichen Praxis erleben wir JournalistInnen mit Leidenschaft, die einem enormen finanziellen Druck ausgesetzt sind. Viele wandern verständlicherweise ganz pragmatisch auf die deutlich besser bezahlte Seite der PR. Die Brötchen sind dort einfacher, mit weniger Aufwand und Konflikt verdient. Das ist der eine Grund, warum wir in dieser Ausgabe eine Lanze für den Qualitätsjournalismus brechen wollen.

Der andere liegt in den Herausforderungen, die unsere Zeit und unsere Generation bewältigen muss. Klimawandel, demographischer Wandel, Wirtschaftswandel, politischer Wandel – wir brauchen die offene Diskussion und den Dialog, wie wir unser Leben und unsere Gesellschaft gestalten, dringender und intensiver den je.

Die Digitalisierung führt leider nicht zur Demokratisierung sondern zur Polarisierung – Stichwort „my google is not your google“. Der Algorithmus von facebook liefert nur mehr Meldungen aus, die die eigene Meinung bestätigen und die Sicht auf die Welt einengen. Ganz gezielt können Populismus befördert und Feindbilder aufgebaut werden. Das Netz ist voll mit Hass-Postings. Probleme werden so definitiv nicht gelöst. Ganz im Gegenteil.

Wir brauchen die Kunst des Diskurses, wir brauchen die Fähigkeit, einander zuzuhören, zu argumentieren und uns mit anderen Sichtweisen auseinander zu setzen. Das ist die große Leistung, die Qualitätsjournalismus bietet.

  • Die Politik hat hier Handlungsbedarf – Stichwort Presseförderung (siehe Kommentar von Matthias Karmasin).
  • Die Medien selbst sind gefordert, sorgsam mit ihrer Glaubwürdigkeit umzugehen. Das beginnt beim Druck auf die MitarbeiterInnen und reicht bis zu gelebten Ethik-Standards in der Berichterstattung (Evelyne Huber).
  • Vor allem können Unternehmen viel tun, wenn sie an ihre Kommunikationsbudgets ähnliche Nachhaltigkeits- und CSR-Kriterien anlegen, wie an andere Beschaffungsvorgänge auch (Christian Brandstätter "der Werbefuzzi" und Gabi Faber-Wiener).

Hier können Sie die aktuelle BUSINESSART bestellen.