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Herbert Schlossnikl, Birgit Aichinger, Vöslauer Mineralwasser

Seit vielen Jahren glaubwürdige Weiterentwicklung, in nicht einfachem Umfeld und in einer Branche, die stets kritisch beäugt wird: Meilensteine waren die Umstellung des gesamten PET-Sortiments auf 100 % rePET, die Einführung der ersten 0,5 l Glasflasche im Handel und die Entwicklung der ersten modernen PET-Mehrwegflasche, die 2022 auf den Markt kommen wird.

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Foto: Vöslauer

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BUSINESSART: Vöslauer ist bereits seit Anfang 2020 als Unternehmen und mit den eigenen Produkten CO2-neutral. Verglichen mit 2005 haben Sie 50 % der CO2-Emissionen aus eigener Kraft reduziert und 50 % kompensiert. Und jetzt haben Sie noch einmal nachgelegt: Bis 2030 wollen Sie Ihren ökologischen Fußabdruck um noch einmal 28 % gegenüber 2019 verringern. Wieso?

Herbert Schlossnikl: Unser Ziel ist, aus eigener Kraft noch mehr zu erreichen. Gemeinsam mit der WWF CLIMATE GROUP haben wir uns mit den „Science Based Targets“ auseinandergesetzt und zusammen mit C7, Roland Fehringer, durchgerechnet, was es für uns bedeutet, wenn wir zum 2-Grad-Klimaziel unseren Beitrag leisten wollen. So sind die 28 Prozent entstanden. Diese zu erreichen ist extrem herausfordernd für uns. Denn wir können nur einen Teil davon unmittelbar beeinflussen. Wir haben uns jetzt die große Aufgabe gestellt, uns gemeinsam und intensiv mit unseren Lieferant*innen auf der Verpackungsseite und mit unseren Partner*innen im Frachtbereich auseinanderzusetzen, um gemeinsam die Weichen so zu stellen, dass wir diese 28 Prozent bis 2030 auch erreichen können.

Sie achten also auf Scope 1 bis 3. Wo liegen die größten Herausforderungen? Wie wollen Sie sie bewältigen?

Herbert Schlossnikl: Das ist schwierig, denn wir sind eines der ersten Unternehmen, die hier nachfragen und gemeinsame Lösungen finden wollen. Für die meisten Partner*innen ist dies Neuland. Beim Transport fehlen in Österreich sowohl Infrastruktur als auch alternative Antriebe - sprich Elektro und Wasserstoff. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren neue technologische Möglichkeiten da sind, die wir dann gemeinsam nützen können.

Birgit Aichinger: Dass man in der Erreichung seiner Ziele von Partner*innen abhängig ist, zieht sich quer durch die Wirtschaft. Wir merken das auch bei unseren Kund*innen, die natürlich auch sehr ehrgeizige Klimaziele haben, wo wir wiederum als Lieferant mit unseren Produkten und unseren Lösungen einen Beitrag leisten können. Da tut sich gerade sehr viel. Es kommen alle in die Gänge, setzen sich ehrgeizige Ziele und sind mehr oder weniger gezwungen, ihre Partner*innen aufzufordern in irgendeiner Form an einem Strang zu ziehen. Schrittweise wird das Verständnis dafür größer werden.

Wird Sie die angekündigte Steuerrefom dabei unterstützen?

Herbert Schlossnikl: Ja, das denke ich schon. Bis jetzt sind die Rahmenbedingungen so, dass die, die schon viel tun benachteiligt sind. So gesehen müsste uns das helfen.

Birgit Aichinger:  Wir haben ja schon einiges an CO2 reduziert und das sollte sich bemerkbar machen, und uns vor allem in Relation zu Mitbewerbern, die das nicht machen, einen relativen Vorteil bringen. Das ist ja hoffentlich die Idee der ganzen Reform.

Es gab ja bereits einmal eine PET-Mehrwegflasche. Sie wurde eingestellt – was ist heute anders?

Herbert Schlossnikl: In dem Moment wo wir damals von Glas-Mehrweg auf Zweiweg abtauschen mussten, weil die Nachfrage nicht da war, war klar, dass zumindest ein Stoffkreislauf abgesichert sein muss und den haben wir etabliert. In Deutschland gab es damals nur ein Unternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten konnten, in Österreich war dafür noch keine Recyclinglandschaft vorhanden.

Birgit Aichinger: Die Marktaspekte sind anders als in den letzten Jahren: Es hat eine Bewusstseinsänderung der Konsument*innen gegeben und Mehrweg hat generell an Attraktivität gewonnen. Das hat bis dato nur die Glas-Mehrwegflasche betroffen. Natürlich braucht es ein Mehrweg-System, das dem aktuellen Zeitgeist entspricht.

Bei Glas war das eine optische Sache und eine Frage des Handlings. Vor 20 Jahren – eine 12-er Kiste, die über 20 Kilo gewogen hat, zu transportieren – war wenig attraktiv. Wir haben aus diesem Ding eine moderne Mehrwegflasche gemacht, die man mit Anstand tragen und handeln kann, weil man sie splitten kann und sie dadurch viel kompakter ist.

Ähnlich sind wir das PET-Mehrweg-Thema angegangen. Die PET-Zweiwegflasche ist kontinuierlich erfolgreich. Aus dieser Zweiwegflasche machen wir jetzt konsequenterweise eine Mehrwegflasche, die attraktiver aussehen wird als vor 20 Jahren.

Herbert Schlossnikl: Vor 20 Jahren waren alle am Markt befindlichen PET-Flaschen 1,5 Liter Gebinde. Für PET waren sie relativ schwer, mit einem Gewicht von 110 bis 120 g. Die Flasche musste aufgrund der Grammatur viele Umläufe schaffen. Je mehr Umläufe, desto unansehnlicher und damit ist der Eindruck entstanden, dass das hygienisch nicht ganz einwandfrei ist. Auch die Technologie – die Abfülltechnik war nicht ganz so weit.

Heute haben wir es mit einer Literflasche zu tun, die 55g hat. Sie ist gerade einmal doppelt so schwer wie eine 1,5-Liter-Flasche, die wir im Programm haben. Die Abfülltechnik ist weit besser, sowohl was die Artikeltransporte als auch die Waschmaschine betrifft. Wir können von 12 bis 15 Umläufen ausgehen. Damit haben wir eine Flasche, die bis zum letzten Einsatz attraktiv für den Kunden und die hygienisch einwandfrei und sehr sauber ist.

Glas-Mehrweg oder PET-Mehrweg: Wie sieht die Ökobilanz aus?

Herbert Schlossnikl: Die Ökobilanz ist sehr eindeutig. Wir haben in der letzten Zeit einige Ökobilanzen gerechnet. Unsere PET-Mehrwegflasche, die 30 % Rezyklat-Anteil haben wird, schneidet am besten ab.  Denn sie vereint die Vorteile aus Glas-Mehrweg - die Umläufe - mit dem Vorteil von PET - dem geringeren Gewicht, der etwa dem Faktor 10 entspricht. Glas ist etwa 10 Mal schwerer.

Wie sieht die wirtschaftliche Bilanz aus?

Herbert Schlossnikl: Wirtschaftlich sind wir auf einem vergleichbaren Level. Sowohl mit der 1,5 Liter Flasche, wo das Material im Kreislauf geht, als auch mit der Mehrweg-Glasflasche.

Werden Sie in Zukunft ausschließlich auf Glasflaschen umsteigen?

Birgit Aichinger: Nein, wobei ich die Frage dahinter verstehe. ‚Plastik ist böse‘ – das hat sich so eingebrannt, weil wir doch eine heftige Littering-Diskussion in den letzten Jahren gesehen haben. Das muss man jetzt wahrscheinlich wieder versachlichen. Wir glauben, dass Glas ein super Material ist und wir lieben unsere Glas-Mehrwegflaschen und unsere 0,5 Liter Mehrwegflaschen. In der Gastronomie ist Glas sowieso Standard.

Wir sehen aber auch, dass Glas ein paar Limits hat: vorwiegend aus Gewichtsgründen und wegen der Zerbrechlichkeit. Es gibt Einsatzgebiete wo Glas nicht funktioniert: im on-the-go-Bereich, in Spitälern, in Betrieben oder auch Schulen, in Kindergärten und beim Sport. Daher brauchen wir schlaue Lösungen für Kunststoffflaschen, sei es Mehrweg oder Bepfandung.

Haben Sie in nächster Zeit vor, neue Standorte zu eröffnen?

Birgit Aichinger: Wir haben einen Vorteil und einen Nachteil: Wir sind an die Quelle gebunden. Man darf Mineralwasser nur dort abfüllen wo die Quelle entspringt. Das heißt, wir werden auch in Zukunft in Bad Vöslau abfüllen. Was wir allerdings tun ist, dass wir unsere Märkte ausdehnen:  Wir sind ja nicht nur in Österreich tätig, sondern auch in Deutschland, Ungarn und angrenzenden Ländern sehr aktiv.

Wird es in Zukunft neue Produkte geben?

Birgit Aichinger: Ja sicher! Natürlich! Aktuell haben wir Balance Sonnenfrüchte auf den Markt gebracht. Das ist unser zweites Produkt aus der Balance-Linie mit dem Zusatz von Vitaminen. Nächstes Jahr bringen wir PET-Mehrweg. Und wir bereiten einige Dinge für den österreichischen und deutschen Markt vor. Da wird es eine kleine Überraschung geben.  Wir haben uns an die Fahnen geheftet, den Durst der Zeit zu löschen und das heißt auch, dass man neue Sachen ausprobieren muss.

Will man große Veränderungen im Unternehmen anstoßen braucht es immer auch eine hohe persönliche Motivation. Was ist Ihre persönliche Motivation?

Birgit Aichinger: Wenn man schon das Privileg hat, in einer Position zu sein, wo man etwas tun kann, dann muss man etwas tun. Es wäre eine Verschwendung von Zeit und Ressourcen nichts zu tun, denn wir sind alle in diesen Jobs, weil wir etwas weiterbringen wollen.

Herbert Schlossnikl: Für mich sind es zwei Themen. Das eine Thema ist gestalten wollen: Wenn man die Möglichkeit hat, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und des eigenen Einflussbereiches etwas beizutragen.

Das andere ist die Nachhaltigkeit. Mein Schlüsselerlebnis hatte ich schon sehr früh in der Schule: Ein Schriftsteller hat aus seinem Werk „Lammzungen in Zellophan verpackt“ gelesen. Aus damaliger Sicht war das ein Zukunftsszenario. In meiner Jugend gab es praktisch nur Mehrweg und die Wegwerfgesellschaft war noch nicht da. Ich bin geprägt vom Kreislaufthema, auch aus meiner Erziehung heraus, wo man mit Ressourcen sparsam umgegangen ist. Das hat mich mein ganzes Leben lang begleitet.Es war dann sehr schön, dass ich bei Vöslauer die Chance hatte, meine Energie und meine Kraft dafür einzusetzen.

Was ist der Leitsatz Ihres Lebens? Ihr Leitmotiv?

Herbert Schlossnikl: Mein Leitmotiv geht ganz stark in Richtung Ressourcenschonung, für Kinder und Enkelkinder, in Generationen zu denken. Ich glaube, wir nehmen uns phasenweise zu wichtig und sind uns zu wenig der Endlichkeit eines Menschenlebens bewusst.

Birgit Aichinger: Man kann nicht immer sagen, die anderen sollen etwas tun. Du muss schon in deinem Wirkungsbereich die Herausforderungen suchen, wo du etwas machen kannst, nicht nur ein bisschen und das, was eh alle tun, und dann so tun, als wäre das großartig, sondern schon dich selbst herausfordern, Dinge in Bewegung zu bringen, die ehrgeiziger sind als der Status Quo.

Und im eigenen Umfeld Bewusstseinsbildung zu betreiben und etwas anzustoßen, das andere dir vielleicht gleich machen. Es nervt zwar, wenn ein Wettbewerbsvorteil, den wir uns herausgearbeitet haben, schwindet, weil uns andere nachmachen. Auf der anderen Seite ist aber auch genau das unser Antrieb. Wenn wir eine gute Idee haben und wirklich etwas bewegen, dann macht es stolz, wenn das auch andere gut finden und nachmachen. Denn am Ende des Tages dient es einem gemeinsamen Ziel.  Ich glaube schon, dass man sich fragen muss „Was kann ich tatsächlich tun und was kann ich ein bisschen mehr tun, als es vielleicht so üblich ist?“ Das ist schon eine Motivation.

Wir merken immer wieder, dass diese Einstellung für viele junge Leute ein Grund ist, sich zu bewerben, weil es nicht egal ist, für welches Unternehmen du arbeitest. Weil es Sinn macht für ein Unternehmen zu arbeiten, das mehr macht als üblich ist. Du musst einen Grund haben, warum du in der Früh für ein Unternehmen oder eine Marke aufstehst, und deine Ressourcen und dein Hirn dafür einsetzt und viel dafür arbeitest. Das macht einen großen Unterschied und hat mich immer angetrieben. Und wenn ich mich bei den Kolleg*innen umhöre gilt das auch für sie.

Herbert Schlossnikl, Birgit Aichinger, Geschäftsführer

  • Vöslauer Mineralwasser GmbH, Bad Vöslau.
  • Branche: Lebensmittel
  • Anzahl der Mitarbeiter*innen: 211
  • www.voeslauer.com

Das Interview führte Roswitha Reisinger, mit Fragen von Mariella Gaspar und Marlena Novak