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Nachhaltige Fonds: Grün oder nur „Grünfärberei“?

Die AK OÖ Konsumentenschutz und die Plattform CLEANVEST haben deutliche Unterschiede gefunden.

Ein Mädchen steht schulterhoch inmitten von Farnen in einem Wald und hält sich eine Lupe vors Gesicht, sodass man ihr rechtes Auge vergrößert im Zentrum des Bildes sieht.
Foto: pexels / handi berty

Der Konsumentenschutz der AK OÖ hat in Zusammenarbeit mit den Nachhaltigkeitsexperten/-innen von ESG Plus (einem heimischen Nachhaltigkeitsdaten-Anbieter und Betreiber der Transparenzplattform CLEANVEST) 23 Nachhaltigkeitskriterien mit 122 thematischen Unterkriterien entwickelt, auf Basis derer die 180 nachhaltigen Aktien-, Anleihen- und Mischfonds am österreichischen Markt bewertet wurden.

Die 10 nachhaltigsten Fonds

Zu den Top-Ten zählen acht Anleihenfonds und zwei Aktienfonds. 100 Prozent der maximalen Nachhaltigkeitspunkte erreichte der Anleihenfonds IQAM SRI SparTrust M. Ebenfalls als sehr nachhaltig bewertet wurden Schoellerbank Vorsorgefonds (99 Prozent), Amundi Muendel Bond sowie Amundi Muendel Rent (jeweils 98 Prozent), Erste Bond Euro Muendelrent (98 Prozent) und Raiffeisen-Oesterreich-Rent (98 Prozent).

Die Top-Ten der nachhaltigsten Aktienfonds wurden ebenfalls separat ausgewertet. Unter ihnen befinden sich unter anderem der Erste WWF Stock Environment (97%), der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Momentum (95%) sowie der 3 Banken Mensch & Umwelt Aktienfonds, der Excellent ESG European Equity Fund und der fair-finance equity global (ex aequo mit jeweils 92%).

Zu den Top-Ten

Wann ist ein Fonds nachhaltig?

Zwei Kinder sitzen in einem Zimmer umgeben von Pflanzen und schönen Dingen und nehmen Blätter und Steine unter die Lupe.
Foto: pexels / Monstera
Bisher gibt es noch keine klaren gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung der Nachhaltigkeit bei Fonds, auch wenn bereits auf europäischer Ebene daran gearbeitet wird. Dass gemäß EU Atomkraft und Erdgas unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich gelten sollen, erschwert den Konsumenten/-innen die Auswahl zusätzlich. Zur Orientierung haben die Finanz- und Nachhaltigkeitsexperten/-innen der AK OÖ gemeinsam mit dem Fonds-Analysten ESG Plus eigene, strenge Standards entwickelt, bei denen Atomkraft und Erdgas selbstverständlich als nicht nachhaltig gewertet werden.

Nachhaltigkeit bei Fonds: Geben Gütesiegel und EU-Regeln Orientierung?

Fünf dieser zehn Fonds mit bester Bewertung sind auch mit dem Umweltzeichen (UZ49) ausgezeichnet. Nur der Aktienfonds Erste WWF Stock Environment ist gemäß EU-Offenlegungsverordnung von der Erste Bank selbst in die höchste Nachhaltigkeitskategorie „Artikel 9“ eingestuft worden, also als Fonds mit konkreten Nachhaltigkeitszielen. Alle anderen sind „Artikel-8-Fonds“, haben also nach der Selbsteinstufung nur Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt, ohne sich ausschließlich auf Nachhaltigkeit zu fokussieren.

Greenwashing oder nur das andere Ende der Skala?

Der vorletzte Fonds im AK-Ranking Erste Bond Dollar Corporate wirbt in seinem Factsheet damit, dass im Veranlagungsprozess ökologische und soziale Faktoren integriert werden. Tatsächliche enthält der Anleihenfonds (zum Zeitpunkt der Erhebung) unter anderem Anteile der Öl- und Gas-Konzerne Enel SpA, ExxonMobil und Royal Dutch Shell. Zusätzlich finden sich auch eine Reihe von Automobilherstellern wie Daimler oder Fluggesellschaften wie Delta Air Lines im Portfolio. Spätestens hier wird klar, dass die Perspektive von Fondmanagern/-innen und die Erwartungshaltung von Konsumenten/-innen deutlich auseinander liegen, wenn es darum geht, ob ein Fonds nachhaltig ist. Rechtlich geht diese Vorgangsweise nach aktuellem EU-Recht in Ordnung.

 Hier können Sie die Studie im Detail nachlesen

AK OÖ fordert rechtliche Vorgaben für Nachhaltigkeitskriterien

  1. Es braucht EU-weit klare, rechtlich bindende Vorgaben für ökologische und soziale Kriterien. Nur unter Einhaltung dieser sollten sich zukünftig Fonds als nachhaltig deklarieren dürfen. Auch ein Schwellenwert für die Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien ist dringend notwendig, denn derzeit liegt dieser theoretisch bei einem Prozent.
    In Form der Weltkarte aufgelegte Münzhaufen, eine Hand hält eine Lupe darüber.
    Foto: pexels / Monstera
  2. Zum Schutz von Anleger/-innen sollte eine Prüfung durch die jeweils zuständige Finanzmarktaufsicht zukünftig verpflichtend eingeführt werden, bevor ein Fonds als nachhaltig deklariert werden darf.
  3. Die Fondsindustrie ist schon jetzt angehalten, eine strengere Anwendung von Ausschluss- und Positivkriterien auszuführen, da Konsumenten/-innen ansonsten das Vertrauen verlieren und die Chance auf echtes grünes Investment vertan ist.

Wissenswert: Was sind Artikel 8-Fonds und Artikel 9-Fonds?
Spätestens seit 2018, als der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums durch die EU-Kommission veröffentlicht wurde, ist klar, dass man ein nachhaltiges Wachstum in Europa erreichen will, indem gezielt Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen umgelenkt werden.

Deshalb gelten seit 2021 auch nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten und Kapitalanlagegesellschaften müssen seither ihre Fonds klassifizieren. Neben herkömmlichen Fonds gibt es jetzt auch Artikel 8-Fonds, die zwar Nachhaltigkeits-Aspekte berücksichtigen, aber keinen ausschließlichen Fokus auf Nachhaltigkeit haben. Die dunkelgrünen Artikel 9-Fonds müssen hingegen genauere Kriterien erfüllen. Klare Definitionen wann ein Fonds wie klassifiziert werden muss, fehlen bisher allerdings noch.

Zusätzlich zu dieser Klassifizierung gibt es auch Gütesiegel für den nachhaltigen Finanzbereich, wie etwa das Österreichische Umweltzeichen (UZ49), das seit 2004 mehr als 200 Fonds nach eigenen Nachhaltigkeitskriterien bewertet.

AK-Tipps für die nachhaltige Fondsveranlagung

  • Geben Sie Fonds, die nach Artikel 9 deklariert sind, den Vorzug.
  • Achten Sie darauf, dass der Fonds Ihrer Wahl zusätzlich das UZ49-Gütesiegel trägt.
  • Berücksichtigen Sie bei der Wahl Ihres Fonds die unabhängige und strenge AK-Nachhaltigkeitsbewertung, die auf www.cleanvest.org/ak-oö zu finden ist.