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Studie: Gendern in TOP 500 Unternehmen

Wie halten es Österreichs TOP 500 Unternehmen mit Binnen-I, Schrägstrich und Co und was denkt die Wirtschaft über das kontrovers diskutierte Thema - eine Studie der Agentur wortwelt.

Die Highlights der Studie auf einen Blick:
 

  • In Österreichs Großunternehmen wird Gendern großgeschrieben. 60 % der Unternehmen gendern ihre Texte, 31 % zumindest gelegentlich.
     
  • Binnen-I ist nach wie vor "in". Die häufigsten Gendervarianten sind die vollständige Paarform (66 %) und das Binnen-I (55 %). Die Generalklausel hat fast ausgedient (35 %)
     
  • Betriebliche Unterstützung steckt noch in den Kinderschuhen. In ca. 1/5 der Unternehmen (22 %) gibt es Leitfäden mit Informationen zur gendergerechten Sprache, jedoch wenig Unterstützung bei der praktischen Umsetzung. Öffentliche Unternehmen schneiden besser ab als die Privatwirtschaft.
     
  • Die positive Haltung zum Gendern wird sich in Zukunft verstärken. 37 % der Unternehmen sagen, geschlechtergerechte Sprache wird für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bedeutung gewinnen und selbstverständlicher werden. Schon heute ist rund 1/3 der Befragten der Meinung, dass ihre Mitarbeitenden dem Thema gendergerechte Sprache positiv gegenüberstehen, in öffentlichen Unternehmen sogar 45 %.

 
 
Die von der Agentur wortwelt beauftragte und von SLP Research & Consulting und Focus-Institut durchgeführte Befragung bringt es klar auf den Punkt: Gendern ist in Österreichs Großunternehmen ein wichtiges Thema und durchaus positiv besetzt.  Siehe dazu Abb. 1: Bedeutung des Themas gendergerechte Sprache bei den TOP 500 Unternehmen in Prozent (n=100) Quelle: wortwelt, August 2014
 
Österreichs Großunternehmen gendern häufig
 
Das Thema ist für die TOP 500 nicht nur wichtig, es ist im Unternehmensalltag auch verankert. In 60 % der Unternehmen wird (fast) immer geschlechtergerecht geschrieben, in einem Drittel der Unternehmen zumindest gelegentlich. Dabei gibt es praktisch keinen Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen. Der Branchenvergleich zeigt, dass Industriebetriebe tendenziell besser abschneiden als Dienstleistungs- und Handelsbetriebe.
 
Siehe dazu Abb.2: Einsatz geschlechtergerechte Sprache bei den TOP 500 in Prozent (n=100), Quelle: wortwelt, August 2014
 
Das Binnen-I lebt
 
Interessant ist, welche Genderformen gewählt werden. Am häufigsten sind die weibliche und männliche Form (66 %), knapp gefolgt vom oft totgesagten Binnen-I (55 %). Trotz aller grammatikalischen Bedenken ist das verständlich. Denn das Binnen-I ist einfach anwendbar und verlängert Sätze nicht.
 
Siehe dazu Abb.3: Welche Genderformen bei den TOP 500 zum Einsatz kommen in Prozent (n=91), Quelle: wortwelt, August 2014
 
Ein weiterer Befund: Die Generalklausel, also der Hinweis, dass bei männlichen Formen auch Frauen "mitgedacht" werden, wird deutlich weniger verwendet (35 %). Irmgard Zirkler freut sich: "Obwohl diese Form die einfachste ist, ist die Botschaft angekommen: Das Mitmeinen funktioniert in der Praxis nicht." Texte werden heute vermehrt durchgehend gegendert.
 
Ansprechendes Gendern will geübt sein
 
Obwohl geschlechtergerechte Sprache in Unternehmen bereits Einzug gehalten hat, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Umsetzen oft alleine gelassen. Es gibt zwar Genderleitfäden, vor allem im öffentlichen Unternehmen und im Dienstleistungsbereich, jedoch die Multiplikatoren Interne Kommunikation, Trainings oder Vorbildwirkung durch Führungskräfte sind selten. So bleibt das sprachliche Niveau gegenderter Texte meist dürftig.
 
Siehe dazu Abb. 4 Genderleitfäden in Unternehmen in Prozent (n=100), Quelle: wortwelt, August 2014
 
Ämter haben die Nase vorne
 
Öffentliche Unternehmen sind beim Umsetzen geschlechtergerechter Sprache weiter als die Privatwirtschaft. Warum? Der Ministerrat hat schon 2001 beschlossen, dass in den einzelnen Ressorts auf geschlechtergerechte Sprache Wert gelegt werden soll. Für die Privatwirtschaft gibt es außer für Stellenanzeigen keinerlei legistische Regelungen.
 
Laut wortwelt(R)-Studie sind Maßnahmen zur Gleichstellung von Männern und Frauen in vielen Großbetrieben noch ausbaufähig. 39 % der TOP 500 setzen keine zusätzlichen Gleichstellungsmaßnahmen wie Frauenförderungsprogramme, gleicher Lohn für gleiche Arbeit oder das Fördern der Vaterkarenz. In der Industrie liegt der Anteil sogar bei 51 %.
 
Gendern in Zukunft selbstverständlich
 
30 % der Befragten meinen, dass ihre Mitarbeitenden bereits heute eine positive Einstellung zur geschlechtergerechten Sprache haben. 2/3 konstatieren eine neutrale Haltung. Übrigens gibt es hier keinen signifikanten Unterschied zwischen Männern und Frauen.
 
Was die zukünftige Entwicklung betrifft, meinen 75 % der Befragten, dass die Bedeutung des Themas weiterhin groß bleibt bzw. zunehmen wird.
 
Vom Wunsch nach Abschaffung gendergerechter Sprache kann daher keine Rede sein. Vielmehr wird Gendern in Zukunft zur Selbstverständlichkeit werden.
 
Siehe dazu Abb.5: Künftige Entwicklung gendergerechter Sprache in Prozent (n=100), Quelle: wortwelt, August 2014.