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Doris und Josef Farthofer, Destillerie Farthofer

Doris und Josef Farthofer verarbeiten Bio-Rohstoffe wie Getreide, Birnen, Zwetschen, Nüsse,.. aus der eigenen Landwirtschaft zu rund 50 Bränden und Likören und setzen dabei auf Kreislaufwirtschaft.

Doris-Josef Farthofer
Doris-Josef Farthofer Foto: Schmuecking

Die Brennkessel werden mit Elefantengras beheizt. Schlempe, Trester und Grasmulch bringt er als Dünger auf den Feldern aus. Die Abwärme wird ins Gemeindenetz eingespeist und heizt Kindergarten und Feuerwehr. Natürlich wird mit Ökostrom gearbeitet. Seit 2018 ermöglicht eine eigene Mälzerei, hochwertig und individuell Bio-Malz herzustellen.

BUSINESSART: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Biobrände herzustellen?

Josef Farthofer: Ich habe aus meinem Hobby einen Beruf gemacht. Ich stamme zwar aus der Landwirtschaft, habe aber Wirtschaftspädagogik studiert, danach bei der Voest und später im RIZ Waidhofen als Unternehmensberater gearbeitet. Aus dem Obst meiner Eltern haben wir früher Most, Säfte und schließlich Schnaps gemacht. Schon als Kind musste ich nach der Schule Obst klauben gehen. Das hat mich erstens nicht gefreut und zweitens habe ich meinem Vater einmal den Stundenlohn für diese Arbeit vorgerechnet, wenn wir das ganze Obst ins Lagerhaus bringen. Von da an habe ich gewusst, dass wir unsere landwirtschaftlichen Produkte veredeln müssen, um davon leben zu können. Das setzen wir heute in der gesamten Wertschöpfungskette um.

Wie haben Sie begonnen?

Zu Beginn habe ich ungefähr 1.000 Liter gebrannt. Das Hobby ist schließlich immer mehr, und immer teurer geworden. Es war klar, dass ich es zu meinem Beruf machen sollte. Daher habe ich die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung gemacht, um schlussendlich auch den Hof meiner Eltern übernehmen zu können.

Doris, wie sind Sie in den Betrieb gekommen?

Doris Farthofer: Ich stamme von einem Biobauernhof und konnte mir ursprünglich überhaupt nicht vorstellen, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Ich habe Betriebswirtschaft studiert und nach dem Studium ein IT-Start-Up gegründet. Mit acht Programmierern habe ich ein Nothilfesystem für ältere Menschen entwickelt, das mir später von einem Kunden abgekauft wurde. Zu der Zeit habe ich Josef kennengelernt und bin so zur Brennerei gekommen. Es war rasch klar, dass sich Josef für das Technische interessiert und ich mich für das Sensorische. Daher habe ich eine Sensorikausbildung gemacht und alles von der Pike auf gelernt.

2007 haben Sie das alte, fast verfallene Kellerhaus in Öhling gekauft, renoviert und zu einer Schauproduktion, der Mostelleria, umgebaut.

Josef: Ja, die Leute haben mich für verrückt gehalten. Es war wirklich eine große Herausforderung, weil nichts da war und wir zudem alt und modern verbinden wollten. Dreimal mussten wir die Eröffnung verschieben! Damals hat noch niemand unser Konzept verstanden.

Was hat sich seither getan?

Josef: Wir haben den Hof meiner Eltern übernommen und haben die Produktion ausgeweitet: wir brennen heute nicht nur Obst sondern auch Getreide. Wir erzeugen unser eigenes Malz und heizen mittlerweile mit Elefantengras von unseren Feldern, nicht nur die Brennerei sondern auch den Kindergarten und die Feuerwehr nebenan.

Sie sind 2012 für den besten Wodka der Welt ausgezeichnet worden. Wie war das?

Josef: Ich wurde bei der Messe ProWein in Düsseldorf angesprochen, ob ich nicht einreichen möchte. Für eine Einreichung braucht man sechs Flaschen. Ich habe gesagt: ‚ ja, wir machen mit, wenn mir genug Flaschen übrig bleiben‘. Und übrig blieb der Wodka, weil ich den damals überhaupt nicht forciert habe.

Doris: Wir haben die Einreichung dann vollkommen vergessen. Bis die Anrufe kamen, zigmal auf Josefs Handy und schließlich bei uns im Büro am Festnetz, dass sie ihn unbedingt sprechen wollen. Er hat damals nicht abgehoben, weil er gerade die Marillen eingemaischt hat und von oben bis unten vollgespritzt war. Die Auszeichnung, das war wie Weihnachten, Neujahr und Geburtstag zusammen. Der Bericht von der Preisverleihung in London war dann auch in den Seitenblicken zu sehen. In dieser einen Nacht haben die Leute 1.000 Flaschen bestellt. Wir hatten zwar genug Wodka, aber nur 697 Flaschen abgefüllt – alles andere war noch im Tank. Zum Glück hat unser Flaschenproduzent unsere Bestellung vorgezogen, dass wir liefern konnten.

Was hat das bewirkt?

Doris: Wir waren einfach überglücklich, auch hatten wir ein bisschen einen Nationalstolz. Die Medien und Kunden, wie Top-Gastronomen, der Meinl am Graben oder das KaDeWe in Berlin, sind auf uns aufmerksam geworden und haben unsere Produkte eingelistet.

Sie bieten auch Führungen durch Ihre Brennerei an.

Doris: Ja, wir machen Führungen und Verkostungen. Wir hatten schon 20.000 Besucher*innen pro Jahr bei uns. Das ist fast zu viel, weil wir klein bleiben wollen. Derzeit forcieren wir kleinere Verkostungen mit kleinen Häppchen für bis zu 24 Personen. Da kann man mit den Gästen auch noch plaudern und sich austauschen.

Wohin liefern Sie Ihre Produkte?

Josef: 65 Prozent verkaufen wir in Österreich und viel im deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus gibt es ein paar sehr nette Kooperationen zum Beispiel mit Singapur. Dort führt ein Österreicher, Klaus Leopold, ein österreichisches Tapas-Lokal. Er schätzt unsere Qualität und mit ihm gemeinsam haben wir den Sloe Gin entwickelt. Dafür werden Bio-Schlehen ein halbes Jahr lang im Gin angesetzt.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf Ihre Produktion aus?

Josef: Die Trockenheit führt dazu, dass wir viel weniger Erträge beim Getreide haben, die Sommergerste funktioniert gar nicht mehr. Zum Glück gibt es die alten Sorten, wie den Schlägler Roggen, die resistenter sind. Wir haben die Bodenbearbeitung umgestellt und einen speziellen Pflug entwickelt, der ganz seicht ackert. Dadurch verdunstet weniger und es wird Humus aufgebaut.

Problematisch ist auch die Bestäubung durch die Bienen geworden. In vielen Fällen werden Pestizide auf konventionellen Feldern zu einem Zeitpunkt ausgebracht, wo die Bienen fliegen. Und auch wenn wir Bio sind – die Bienen fliegen trotzdem auch auf diese Felder. Wir helfen uns hier mit Wildbienen, die wir gezielt in die Obstkulturen stellen.

Wie seht ihr die Entwicklung in der Bio-Landwirtschaft?

Josef: In den letzten Jahren haben viele Bauern umgestellt. Durch die Menge kommt auch Bio unter Preisdruck. Im Handel hat Bio bereits dieselben Margen wie konventionelle Produkte. Am schlimmsten ist es sicher beim Fleisch. Sicher ist, dass der Druck stärker werden wird.

Was sagen Sie zu den jungen Menschen von Friday for Future?

Doris: Es ist gut, weil sie die Entscheidungsträger aufrütteln. Aber es ist auch traurig, dass man überhaupt demonstrieren muss. Bei uns sind sie mit Flyern in die Volksschule gekommen und haben Kinder zum Streik aufgerufen – das will ich nicht. Ich will nicht, dass mein kleines Kind auf Demos geht und dort vielleicht Gewalt erleben muss.

Es muss anders gehen. Jede und jeder Einzelne muss überdenken, was er oder sie tun kann, sich fragen, was brauche ich wirklich? Sicher ist es wichtig, gut gekleidet zu sein, aber man muss nicht jeden Fetzen haben. Wir leben in einer Konsumgesellschaft – wir kaufen und werfen weg und kaufen. Das muss nicht sein. Ich kann auf Qualität achten und vieles länger nutzen.

Gibt es den Satz eures Lebens?

Josef: Nur wenn du neue Dinge wagst wirst du wachsen. Man muss sich über gewisse Dinge drüber trauen, eigene Kriterien entwickeln, andere Wege gehen, Vorreiter sein und aus Misserfolgen lernen. Ich bin ein experimentierfreudiger Mensch und habe noch so viele Projekte im Kopf. Wichtig ist uns, das Alte, Gute zu bewahren und innovativ weiterzuentwickeln. Man muss sich auf das Wesentliche besinnen. Das ist einfach, wenn man weiß, dass alles, was uns gut tut – Freundschaft, Liebe, Natur – nichts kostet.

Doris: Es gibt nichts, was umsonst ist im Leben – das ist in der Natur so und im Leben auch. Man muss nur wissen, was man damit macht. Ich bin ein sehr optimistischer und positiver Mensch. Ich denke in Lösungen. Mir taugt es, wenn es kniffelig ist. Wenn manche sagen – das geht nicht – das spornt mich erst richtig an, kreativ zu werden.

Doris und Josef Farthofer
Destillerie Farthofer
Gegründet:  2003
Sitz: Öhling bei Amstetten
Mitarbeiter*innen: 8
Website: www.destillerie-farthofer.at