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Klimaschutz und Arbeitsplätze durch Konjunkturprogramm

Analyse zeigt: Allein Photovoltaik-Anlagen schaffen 200.000 Öko-Jobs. Greenpeace und die Ökonomin Stagl fordern grünen Wiederaufbau nach der Corona-Krise.

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Foto: Pixabay

Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Analyse des deutschen Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) zeigt auf, wie kurzfristig notwendige Hilfsmaßnahmen in Verbindung mit langfristigen Konjunkturpaketen in Österreich neue Jobs schaffen, die soziale Ungleichheit bekämpfen und den Strukturwandel zu einer klimafreundlichen, krisenresistenten Wirtschaft einleiten können. Die Studie zeigt Chancen und Gefahren in sieben konkreten Feldern auf - vom Luftverkehr und städtischem Verkehr, über die Energiebranche mit Erneuerbaren und Fossilen, die Gebäudesanierung bis hin zur Ausgestaltung unserer Arbeitswelt.

Dabei zeigt sich das bemerkenswerte volkswirtschaftliche Potential klug konzipierter Konjunkturpakete: Allein durch die Erreichung der Ausbauziele der Bundesregierung bei der Photovoltaik können 200.000 zukunftsfähige Jobs geschaffen werden. Gleichzeitig können durch den längst überfälligen Abbau klimaschädlicher Subventionen enorme Summen für einen zukunftsweisenden Wiederaufbau der Wirtschaft freigesetzt werden. Alleine in Österreich fließen bis zu 4,7 Mrd. Euro jährlich in klimaschädliche Subventionen wie das Dieselprivileg oder die Kerosinsteuerbefreiung. Durch den niedrigen Ölpreis können diese derzeit zudem besonders sozialverträglich abgeschafft werden. 

“Wir brauchen einen grünen Wiederaufbau nach der Corona-Krise. Das zeigt auch die Studie klar: Die Regierung muss jetzt nicht nur kurzfristig notwendige Rettungspakete klug schnüren, sondern mit den kommenden Konjunkturpaketen in eine zukunftsfähige Wirtschaft und nachhaltige Arbeitsplätze investieren: modern, klimafreundlich und sozial gerecht”, sagt Adam Pawloff, Klimaexperte von Greenpeace in Österreich. “Die Fehler, die im Nachspiel der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 gemacht wurden, können wir uns diesmal nicht leisten. Auch die kurzfristigen Hilfsmittel für Fluglinien und fossile Großkonzerne müssen an soziale und ökologische Bedingungen geknüpft werden und nicht wie damals mit der Gießkanne ausgeschüttet werden: So etwa Kurzarbeit statt Kündigungen bei Fluglinien oder klare Fahrpläne in eine CO2-neutrale Zukunft für fossile Konzerne”, fordert Pawloff.

Auch Klimaönonomin Sigrid Stagl von der WU Wien unterstreicht, wie wichtig es ist Fördergelder jetzt klug zu verteilen: “Die Corona-Krise erfordert neben medizinischen Maßnahmen, das Auskommen aller Menschen zu sichern und österreichische Unternehmen zu stützen. Dabei darf aber der Wandel zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft nicht verzögert werden. Förderungen für emissionsintensive Wirtschaftszweige müssen jetzt an ökologische und soziale Bedingungen geknüpft werden, wie etwa Beschäftigungssicherung und Emissionsminderung”, so Stagl. Zudem hebt die Ökonomin das volkswirtschaftliche Potential ökosozial ausgestalteter Investitionsprogramme hervor: “Investitionen in zukunftsfähige, kohlenstoffarme Technologien und Dienste sind aus volkswirtschaftlicher Perspektive schon länger rentabel und wünschenswert, durch falsche Preissignale und veraltete Regelungen wurden sie aber trotzdem behindert. Die anstehenden langfristig wirkenden staatlichen Maßnahmen und öffentlichen Investitionen müssen mit dem Pariser Klimaabkommen und den Zielen der nachhaltigen Entwicklung kompatibel sein. Die nun ungeplant beschleunigte Veränderung, muss kurzfristig sozial abgefedert und langfristig in die richtige Richtung gesteuert werden.”

Die zentralen Erkenntnisse der Studie

Im Verkehrsbereich zeigt die Analyse, dass schon kurzfristige Unterstützung der Luftfahrtunternehmen an klare soziale und ökologische Bedingungen geknüpft sein müssen, um notwendige Veränderungen einzuleiten und zu verhindern, dass Steuergelder in Form von Dividenden an Krisengewinner umverteilt oder langfristig in klimaschädlicher Infrastruktur festgefahren werden. Gleichzeitig muss im urbanen Verkehr verstärkt auf Öffis und das Fahrrad gesetzt werden. Im Energiesektor liegt nicht nur großes klimapolitisches Potential durch den Ausbau von Erneuerbaren und den schrittweisen Ausstieg aus fossilen, auch fiskalpolitisch können kluge Hilfspakete hier enorme Summen bewegen. Global stecken unvorstellbare 160 Mrd. US-Dollar in umwelt- und klimaschädlichen Subventionen, in Österreich alleine bis zu 4,7 Mrd. Euro. Zudem bietet dieser Bereich hohes Potenzial für den geschwächten Arbeitsmarkt: Alleine mit der Umsetzung des Photovoltaik-Ausbauziels von 11 Terawattstunden der Regierung könnten in Österreich rund 200.000 regionale Arbeitsplätze geschaffen werden. Um dieses Potenzial zu entfesseln dürfen Fehler wie der massive Ankauf von Anleihen von Energiekonzernen oder die kontraproduktive Verschrottungsprämie nach der Finanzkrise 2008 nicht wiederholt werden. 

Auch in der Ausgestaltung unserer Arbeitswelt und mit Blick auf sozialen Zusammenhalt zeigt die Studie die notwendige Schlagrichtung auf: Bei sämtlichen Wirtschaftshilfen, ist der Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen als zentrale Bedingung neben den Klimaschutz zu stellen. Die soziale Ungleichheit, die seit der Finanzkrise 2008 wieder anwächst, muss dringend adressiert werden. Mit einem klugen Konjunkturpaket kann die Politik auch für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen: “Eine Verschiebung der Steuerlast weg von niedrigen Einkommen und hinzu einer höheren Besteuerung von umweltschädlichen Emissionen und Ressourcenverbrauch, würde gleichzeitig dazu führen, dass die unteren Einkommensschichten am Monatsende mehr Geld zur Verfügung haben, und dass klimaschädliches Verhalten seinen Preis bekommt”, erklären die Studienautoren Holger Bär und Matthias Runkel vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft.

Die Studie finden Sie hier.