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Umwelt als Wohlstands-faktor wird wichtiger

In Deutschland werden verstärkt gesellschaftliche Aspekte und ökologische Faktoren wie „mit der Natur leben“ als Wohlstandsfaktoren genannt. 

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Erstmalig seit fast zehn Jahren werden verstärkt gesellschaftliche Aspekte wie „in einer toleranten Welt leben“, aber vor allem auch ökologische Faktoren wie „mit der Natur leben“ oder „umweltbewusst leben“ genannt, wenn es darum geht Wohlstand zu definieren.

Zwar stehen weiterhin wirtschaftliche Faktoren wie ein sicheres Einkommen oder die Erfüllung von Konsumwünschen im Vordergrund. Aber im Vergleich zu 2019 stellen die Meinungsforscher von Ipsos eine interessante Verschiebung fest beim Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D), der nicht nur zeigt, wie es um den gefühlten Wohlstand der Menschen in Deutschland steht, sondern auch, wie die Deutschen Wohlstand definieren.

„Als wir vor knapp zehn Jahren den NAWI-D entwickelt haben, stellten wir fest, dass Wohlstand für viele Deutsche mehr als materielle Sicherheit bedeutet. Aber gerade ökologische Aspekte spielten für die Mehrheit der Deutschen in diesem Zusammenhang eher eine untergeordnete Rolle. Auch wenn heute die absolute Bedeutung der Umwelt für den Wohlstand immer noch hinter den anderen Wohlstandsdimensionen liegt, hat sie speziell in den letzten beiden Jahren doch deutlich an Einfluss gewonnen. Dazu mögen diverse lokale und internationale Umweltkatastrophen und auch die Corona-Pandemie beigetragen haben“, vermutet Hans-Peter Drews, Leiter des NAWI-D bei Ipsos.

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Auffällig ist, dass sich vor allem bei Befragten im Alter von 24 bis 54 Jahren der Aspekt des umweltbewussten Lebens als Bestandteil des Wohlstands in den letzten Jahren manifestiert hat. Bei den Jüngeren (14-23-Jahre) hat sich demgegenüber kaum eine Entwicklung gezeigt, sodass heute bei dieser Gruppe 25 Prozent „umweltbewusst leben“ als Teil des Wohlstands sehen, während es bei der Generation ihrer Eltern über 30 Prozent sind.

Empfinden der Wohlstandswirklichkeit trotz Corona kaum verschlechtert

Neben diesen Wohlstandsvoraussetzungen misst der NAWI-D auch die Wohlstandswirklichkeit. Anders als Kennziffern wie das Bruttoinlandsprodukt, die nur ökonomische Größen in aggregierter Form darstellen, zeigt der NAWI-D, wie zufrieden die Deutschen mit den für den Wohlstand relevanten Kriterien sind.

Und diese Zufriedenheit ist hinsichtlich der wirtschaftlichen Bedingungen und auch größtenteils des persönlichen Befindens in der Coronazeit weitgehend unverändert geblieben im Vergleich zu den Messungen vor der Coronapandemie. „Das mag auch daran liegen, dass viele Menschen ihr Anspruchsniveau gesenkt haben“, so Hans-Peter Drews von Ipsos. „Wenn ich wegen Corona in Kurzarbeit gekommen bin, bin ich vielleicht trotzdem zufrieden damit, dass ich zumindest meinen Job nicht verloren habe und weiter ein Einkommen habe. Und wer auf seine Auslandsreise verzichten sollte oder muss, hat sich eben ein Reiseziel in Deutschland ausgesucht und hofft, im nächsten Jahr wieder in die Ferne reisen zu können.“ So stimmen aktuell 36 Prozent der Deutschen voll der Aussage zu, sich alle Reisewünsche erfüllen zu können. 2019 waren es mit 38 Prozent nicht wesentlich mehr.

Die Zufriedenheit der Deutschen mit ihrem Verhältnis zu Umwelt hat sich in den letzten zwei Jahren positiv entwickelt. Allerdings vermisst man nach wie vor einen guten Umgang mit der Natur. Nicht einmal jeder fünfte (19%) sagt von sich, in einer Welt zu leben, die gut mit der Natur umgeht.

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Ältere Generation lebt umweltbewusster als jüngere

Ältere fühlen sich naturverbundener und umweltbewusster als Jüngere aus den Altersgruppen, die die Umweltbedingungen 2021 wichtiger als vorher für ihren persönlichen Wohlstand halten, geben auch mehr als andere Altersgruppen an „mit der Natur zu leben“.

Auffällig ist auch, dass sich die Älteren ab 77 Jahre, auch wenn die Veränderungen zu 2019 nicht groß sind, insgesamt als deutlich naturverbundener und umweltbewusster einstufen als die Jüngeren. Und speziell die ganz jungen Erwachsenen stimmen den Aussagen „ich lebe mit der Natur“ und „ich lebe umweltbewusst“ am wenigsten zu.

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Für Zukunftsforscher Professor Horst Opaschowski deutet sich eine Rückbesinnung auf die vitale Bedeutung der Natur an: „Die Natur als Grundlage des Lebens. Die Corona-Krise hat das Umdenken verstärkt. Naturverbundenheit und Umweltbewusstsein werden wieder mehr als Einheit gesehen. In den letzten zwei Jahren hat es keinen anderen Lebensqualitätsfaktor gegeben, der so hohe Bedeutungszuwächse erfahren hat wie die Aussagen „Ich lebe umweltbewusst“ (plus 5 Prozentpunkte) und „Ich lebe mit der Natur“ (plus 6 Prozentpunkte). Das kann für die Umweltpolitik der nächsten Jahre hilfreich sein. Wenn Umweltverhalten wieder mehr zur Lebensgewohnheit im Alltag wird, können auch Umwelt- und Klimaschutz zu Leitwerten des Handelns werden. Die Menschen leben dann bewusster auf Natur und Umwelt hin und versuchen, aus der Anschauungs- auch eine Lebensweise zu machen. Umweltverhalten geschieht dabei mehr aus innerer Überzeugung. Wenn mehr Menschen wieder in Frieden mit der Natur leben wollen, werden sie auch verzichtbereiter und offener für einen bescheideneren Lebensstil sein. Emotionaler verankert können Naturschutz, Klimaschutz und Umweltschutz auf lange Sicht zur Herzenssache werden.“

Steckbrief NAWI-D

Im Frühjahr 2012 konzipierte Ipsos gemeinsam mit Zukunftsforscher Prof. Dr. Opaschowski ein neues Wohlstandsbarometer als Basis für einen umfassenden Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D), das seitdem kontinuierlich quartalsweise erhoben wird.

Methode: Ipsos Capibus Computer Assisted Personal Interviewing im Haushalt des Befragten. Random route - Zufallsauswahl der Haushalte und Befragungspersonen.

Stichprobe: 2.000 Personen ab 14 Jahren je Erhebungswelle.

Grundgesamtheit: Deutschsprechende Bevölkerung in Privathaushalten.

Feldzeit: jeweils in den Monaten März, Juni, September und Dezember.

Für die vorliegende Meldung wurden die Daten aus allen Quartalen 2019 (n=8.000) und März + Juni aus 2021 (n=4.000) verwendet.

Für die Erhebungen zum Wohlstandsbarometer greift Ipsos auf seinen eigenen bundesweiten Stab an Interviewern zurück, der erfahren in der Durchführung sozialwissenschaftlicher Studien mit anspruchsvollen Designs ist. Die Datenerhebung erfolgt mittels persönlicher Interviews in den Zielhaushalten im Rahmen von wöchentlichen CAPI-Mehrthemenumfragen.

www.ipsos.de | www.ipsos.com