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Wenn wir keine Menschen mehr ausbilden, trocknen wir aus

Im Gespräch mit magdas-Chefin Gabriela Sonnleitner.

Frau mit blondem Pagenschnitt, blauen Augen und rotem Lippenstift, sie trägt ein naturweißes Wollkostüm mit schwarzem, großmaschigem Karomuster. Das Foto wurde im Freien aufgenommen, der Wind bläst leicht durch ihr Haar.
Gabriela Sonnleitner, Magdas. Foto: Peter Bárci

Gabriela Sonnleitner leitet das magdas Social Business und Österreichs erstes Social Business Hotel. Sie ist eine lebende Ikone für Menschen mit Fluchthintergrund und alle, die sich für sie einsetzen. Die Unternehmerin erzählt über ihr Leben, ihr Schaffen und ihre Lehren aus zehn Jahren magdas Hotel.

Das erste Mädchen, das in der Kärntner Gemeinde Himmelberg ministrieren geht, ist Gabriela Sonnleitner. Sie sollte dieselben Rechte wie ihr Bruder haben, erklärt sie dem Pfarrer: „Es war keine Option für mich, dass Mädchen damals noch nicht ministrieren durften.“

Sonnleitner ist lange keine Messdienerin mehr, aber bleibt in ihrer Rolle als Vorreiterin bis heute konsistent. Sie leitet die magdas Business Gruppe und Österreichs erstes Social Business Hotel: renommiertes Pionierprojekt der Caritas Wien und Hotspot für alle, die von Wien aus die Welt sehen wollen.

Die Welt in einem Salon: magdas Hotel

Hier findet Arbeitsintegration par excellence statt: Menschen mit Fluchthintergrund finden Ausbildungs- und Arbeitsstellen in Gastronomie und Hotellerie. „Wie unsere Olga aus der Ukraine“, sagt Sonnleitner. „Sie kam mit ihrer Tochter zu uns und wollte Arbeit finden. Heute ist sie die beste Haustechnikerin, die wir je hatten.“

Gabriela Sonnleitner trägt einen cremefarbenen Faltenrock, dazu Turnschuhe. Sie setzt sich mit einem Tee an den Tisch des magdas Lokals, wo „die Welt in einem Salon“ zusammenkommt: In den wenigen Metern zwischen Rezeption und Küche werden 20 Sprachen gesprochen. 60 Prozent der Mitarbeitenden haben einen Fluchthintergrund. In zehn Jahren wurden hundert Menschen in den Arbeitsmarkt integriert.

Vom Dorfkind zur Unternehmerin

Sonnleitner kommt 1966 in Himmelberg als Tochter einer Schneiderin und eines Gendarms zur Welt. In ihrem Elternhaus herrscht reges Treiben: „Wir waren sehr tatkräftig. Nichtstun war verpönt.“ Das Haus am Dorfrand, umringt von Wäldern, ist das perfekte Spielfeld: Hier wird musiziert, gebastelt, genäht. „Wir hatten unheimlich viel Freiheit zu lernen, zu erfahren, zu scheitern.“

1985 zieht Sonnleitner zum Studieren nach Wien. Nach einer verpatzten Aufnahmeprüfung an der Musikuniversität verschlägt es sie in die Publizistik und Unternehmenskommunikation. In den kommenden Jahren arbeitet sie für NGOs und Kaufhausketten, bis sie 2000 in der Kommunikationsabteilung der Caritas landet. „Wenn ich keinen Sinn in meinem Job sehe, bin ich grottenschlecht“, erklärt sie den Wechsel in den Non-Profit-Bereich.

Sprung ins Social Business

Zehn Jahre lang leitet Sonnleitner die Kommunikationsabteilung der Caritas Österreich, bevor der Anruf von Caritas-Chef Alexander Bodmann kommt: Die magdas Social Business Gruppe braucht eine zweite Geschäftsführung. Die Idee: Soziale Fragen, wie die Arbeitsintegration von geflüchteten Menschen, sollen unternehmerisch gelöst werden. Diese Lösung ist ein Hotel, denn: Im Tourismus werden viele Arbeitskräfte gesucht und es können Menschen mit geringen Qualifikationen ausgebildet werden.

Sonnleitner ist wie für den Leitungsposten gemacht: „Ich kannte den Sozialbetrieb, aber habe auch Erfahrungen in der Wirtschaft.“ 2015 eröffnet das magdas Hotel im Wiener Prater seine Türen. Seit 2022 begrüßt es seine Gäste in einem ehemaligen Priesterwohnhaus in Wien Landstraße.

magdas: eine Investition in den Menschen

Hier reist man nicht nur durch die Welt, sondern auch durch die Zeit. Die Bar war mal ein Beichtstuhl und die Tische, an denen wir sitzen, sind aus ehemaligen Einbauschränken gefertigt.

Das Hotel finanziert sich seit Tag eins selbst – eine doppelte Herausforderung. Denn das Unternehmen hat nicht nur einen sozialen Auftrag, sondern auch einen wirtschaftlichen. Die Waage muss sich halten. Ein Drahtseilakt für Leiterin Gabriela Sonnleitner. Sie bleibt zuversichtlich: „Wenn wir aufhören, Menschen auszubilden, trocknen wir aus. Wenn ich in Menschen investiere, investiere ich in eine stabile Gesellschaft und in ein stabiles Unternehmertum.“ 

Olivia Leth

Weiterführende Informationen zu magdas Social Business mit Gabriela Sonnleitner