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Zwischen Kapellen, Kapstadt und Klimakrise

Daikin-Manager Carl Lievens über Herkunft, Haltung und unternehmerische Verantwortung

Ein Herr in grauem Sakko und weißem Hemd ohne Krawatte sitzt mit aufgestützten Armen und verschränkten Händen an einem Tisch. Er trägt eine Brille und eine große Uhr am Handgelenk und lächelt offen.
Carl Lievens, Daikin. Foto: Daikin/Matthias Silveri

Auf den ersten Blick hat Carl Lievens eine Bilderbuchkarriere. Seit 24 Jahren ist er bei Daikin Europe tätig und hat sich an die oberste Führungsposition gearbeitet. Dabei wusste er selbst lange nicht, wohin es beruflich hingehen soll. Der Unternehmer erzählt von Momenten großer Unsicherheit und wie er daraus eine Stärke gemacht hat.

In der belgischen Kleinstadt Kapellen steht ein rotes Backsteinhaus. Der Dachgiebel ist hoch und durch die Fenster des Wintergartens fällt ungehindert Sonnenlicht. Kein Berg versperrt die Sicht auf Felder und den weiten Horizont.

Hier wohnt Carl Lievens mit seiner Familie und träumt davon, Astronaut zu werden. Heute ist er beruflich überall unterwegs, nur nicht im Weltall. Als General Manager SBU Residential des Konzerns Daikin leitet er die Geschäfte von Wien bis Kapstadt. Eine große Aufgabe in unsteten Zeiten.

Immer jemand da: Aufwachsen in Kapellen

Daikin ist Weltmarktführer für Heizung, Lüftung, Klimatisierung und Kältetechnik. Der Konzern mit Hauptsitz in Osaka, Japan, erzielt Umsätze in Milliardenhöhe und versteht sich als Vorreiter im Umgang mit der Klimakrise: durch die Entwicklung und den Vertrieb CO2-neutraler Wärmepumpen, Klimaanlagen und Kältetechnik.

Lievens leitet die Geschäfte in Europa, im Nahen Osten wie auch in Nord- und Südafrika. Das war nicht immer absehbar: „Ich war als Kind sehr zurückgezogen und nicht selbstsicher“, erzählt der Unternehmer. In der Schule ist er perfektionistisch und wird von Versagensängsten geplagt. Den Druck guter Leistungen macht er sich selbst: „Ich bin sehr kompetitiv. Die Dinge, für die ich brenne, will ich gut machen.“

Das rote Backsteinhaus, in dem er weit bis in die Studienzeit wohnt, ist sein Rückzugsort. Hier lebt er mit seinen Eltern, Großeltern und vielen Haustieren. „Mein Familienleben war sehr prägend. Es war immer jemand für mich da.“

Prägende Zeit in den USA

Nach der Schule am Sint-Jan Berchtmanscollege absolviert er 1996 die Ausbildung zum Commercial Engineer an der Universität Antwerpen. „Ich war das klassische Einzelkind: sehr in der Familie verankert und nie viel von Zuhause weg. Ich hatte keine Idee, wie es nach dem Studium weitergeht.“

Er entscheidet sich für einen Master of Business Administration und zieht für ein halbes Jahr nach Milwaukee, Wisconsin. Die Abendkurse teilt er mit Studierenden, die fest im Berufsleben stehen. Der Austausch mit ihnen ist richtungsweisend: „Die Zeit in Amerika hat mir erlaubt, von Zuhause wegzugehen und mich zu fragen: Was will ich und was kann ich? Danach war ich bereit, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich bin mit mehr Selbstbewusstsein zurückgekommen.“

Daikin: eine Karriere nimmt ihren Lauf

1999 expandiert Daikin Europe nach Österreich. Lievens hat gerade angefangen, für den Konzern zu arbeiten und soll die Firmenübernahme vor Ort begleiten. Obwohl er kaum Deutsch spricht, zieht er im Jahr 2000 mit seiner Frau nach Wien.

2013 übernimmt er die Geschäftsführung von Daikin Central Europe, seit 2014 begleitet Lievens die Firma mit dem Beratungsunternehmen Trainconsulting durch den Change Prozess, um wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen resilient zu begegnen. „Die Beratung unter Lothar Wenzl hat mich beeindruckt. Er hat mich mit Feingefühl aus meiner Komfortzone geholt.

Daikin Brüssel: zurück zu den Wurzeln

Heute arbeitet der 52-Jährige am Daikin Standort in Brüssel. Das rote Backsteinhaus in Kapellen will er für seine Familie renovieren, die mit den Jahren um zwei Söhne, zwei Hunde und neun Katzen gewachsen ist. Daikin begleitet er seit über zwei Jahrzehnten. Seine Angst zu versagen, ist ein vages Gefühl geblieben: Aus dem schüchternen Jungen ist ein Unternehmer geworden, der den Konzern durch schwierige Zeiten führt.

„In jeder Veränderung, so schlimm sie auch wirkt, stecken Möglichkeiten. Mir hilft, in Dialog zu treten und authentisch zu bleiben“, sagt er. „Als Führungskraft muss ich nicht auf alles eine Antwort haben. Aber ich kann versuchen, im nächsten Schritt mehr Klarheit zu bekommen.“

Olivia Leth

Weiterführende Informationen zum Change Prozess