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Das E-Auto muss massentauglich sein

Die Zeit, in der das E-Auto als faszinierendes Spielzeug betrachtet wurde, ist vorbei. Es muss rasch ein E-Auto samt Lade- und Speicherstruktur entwickelt werden, das wirklich für jedermann und jederfrau benutzbar ist. Leserbrief von Heinrich Höbarth.

Portraitfoto von hoebarth
privat

Es braucht ein massentaugliches Auto. Dass es dafür beim Umstieg auf Strom von erneuerbaren Energiequellen Fortschritte geben muss (Verdrängung  fossiler Energieträger durch in kleinen Schritten steigende CO2-Abgabe), ist wohl selbstverständlich. Denn das E-Auto muss immer mehr auch ein Klimaschutz-Auto werden.

Dies bedeutet aber, dass dafür auch Speicherkapazitäten aufgebaut werden müssen.

Denn die Zahl der Kraftwerke, die nach den aktuellen Witterungsbedingungen Strom erzeugen, wird die Zahl der steuerbaren Kraftwerke immer mehr übertreffen. Das heißt, es muss zum Ausgleich von Schwankungen – vor allem bei der Gewinnung von Strom aus Sonne und Wind – der Errichtung von Speicherstrukturen wesentlich mehr Aufmerksamkeit als bisher geschenkt werden.

Zudem wird sich herausstellen, dass die derzeitige Methode des Batterieaufladens, wobei die Batterie im Auto bleibt (On-Board-System), nicht nur nicht massentauglich ist, sondern auch nicht fernverkehrstauglich.

Zwar sollte man für Fernreisen die Bahn wählen. Muss man bzw. will man aber mit dem E-Auto eine Fernreise unternehmen, dann sind die langen Ladezeiten ein Problem. Ein Ausweg könnte darin bestehen, sich ein Hybridauto zuzulegen (Verbrennungsmotor und Batterie) oder als Ergänzung zum E-Auto sich ein Auto mit Verbrennungsmotor zu besorgen, ein E-Auto für kurze und mittlere Strecken und einen Verbrenner für Langstrecken. Aber dies ist mit hohen Kosten verbunden, was Ungerechtigkeit zur Folge hat. Außerdem verträgt sich ein System, das neben dem E-Auto auch einen Verbrenner erfordert, wenig mit Umwelt- und Klimaschutz.

Daher sollten Autobauer und Politik das Off-Board-System anvisieren, bei dem beides möglich ist, sowohl das (langsame) Aufladen der im Auto befindlichen Batterie (z. B. in der eigenen Garage) als auch der schnelle Wechsel der Batterie bei der Tankstelle.

Dass sich bisherige Versuche nicht durchsetzten, spricht nicht gegen das Off-Board-System. Beim schnellen Batteriewechsel kann man sich moderner Roboter-Technik bedienen. Ebenso bei der Überprüfung der zu entfernenden Batterie.

Die dezentral vorhandenen Tankstellen könnten sich zu Batterie-Zentren entwickeln. In jedem dieser Zentren könnte eine große Zahl von Batterien gelagert werden, um über genügend Kapazität für Lade-Spitzen und für den Batterie-Tausch verfügen zu können. Diese Zentren wären zugleich auch ein wichtiger Beitrag zur Verdichtung der Speicherstrukturen und somit zu einer Steigerung der Speicherkapazität mit ausgleichender Wirkung („Glättung“) auf die Belastung des Stromnetzes (wichtiger Beitrag zur Netzstabilität).

Auf diesen Vorteil verweist auch Walter Kreisel von Kreisel-Systems: „…wenn wir auf dem Punkt A und auf dem Punkt B Energie speichern können, brauchen wir nur mehr die Ausgleichsenergie hin- und herschicken.“ („Strom für die Zukunft – Elektrizität neu denken“, Ö1-Radiosendung „Dimensionen“ vom 5. Oktober 2017, 19.05 Uhr)

Voraussetzung für das Off-Board-System ist aber, dass die Batterien der einzelnen Hersteller untereinander austauschbar sind (wie derzeit die Treibstoffe der verschienen Firmen genormt sind), sodass sich zuallererst die Hersteller bezüglich der technischen Daten der Batterien zu verständigen haben. Das heißt, dass die Herausbildung eines einheitlichen Industriestandards unerlässlich ist – wie überhaupt im Bereich der E-Mobilität die Standardisierung der Komponenten dringend erforderlich ist.

Das On-Board-System hat keine Zukunft!

Je mehr Autonutzer auf Batterie-Antrieb umsteigen und je mehr vielleicht auch LKWs, Busse, Traktoren usw. mit Traktions-Batterien angetrieben werden, desto mehr wird sich bestätigen, dass das On-Board-System keine Zukunft hat.

Wer glaubt, der batterieelektrische Antrieb auf Basis des On-Board-Systems könne als allumfassende Universallösung fungieren, hat nicht konsequent zu Ende gedacht. „So bräuchten Autobahnraststellen mit Hochleistungsstationen die etwa 20- bis 50-fache Anzahl von Tanksäulen. Der entsprechende Platz- und Anschlussleistungsbedarf bedarf keiner Kommentierung.“ (Helmut Eichiseder, „Der perfekte Antrieb?“. In: auto touring, Oktober 2017, hgg. vom ÖAMTC).

Leider stehen bei derzeitigen Diskussionen immer die Speicherdichte der Batterien und somit die Reichweite im Mittelpunkt, während das Problem der Ladezeiten und der Ladeinfrastruktur in den Hintergrund tritt.

Will man z. B. eine Batterie aufladen, die über eine Kapazität von 36 kWh verfügt, so braucht man theoretisch bei einer Ladeleistung von 2 kW 18 Stunden. Beabsichtigt man diese Batterie aber in einer Stunde voll aufzuladen (öffentliche Ladestation mit Gleichstrom und mit CCS-Schnellladesystem), also die 36 kWh in einer Stunde in die Batterie zu „pressen“, dann hat man es mit einer Ladeleistung von 36 kW zu tun. Das ist in einer Stunde der vierfache Stromverbrauch von einem Tagesverbrauch eines Durchschnittshaushaltes (3500 kWh pro Jahr, also 9 kWh pro Tag). Zu kriminellen Leistungsspitzen kommt es, wenn mehrere E-Autos gleichzeitig an einem Ort in einer Stunde „aufgetankt“ werden oder wenn der „Tankvorgang“ gar nur 20 Minuten dauern soll. Randbemerkung: Will ich eine Batterie mit 36 kWh „betanken“, so brauche ich über 40 kWh vom Netz, denn beim Aufladen geht Energie in Form von Wärme verloren.

Schlussbemerkung: Der derzeitige Trend zum stark motorisierten, schweren Auto-Riesen ist nicht massentauglich, weil er die Energieeffizienz-Gewinne des E-Antriebs „auffrisst“ und somit dem Klimaschutz widerspricht. Totalumstieg auf erneuerbare Energiequellen heißt nämlich, mit etwa der Hälfte des heutigen Gesamtenergieverbrauchs auskommen zu müssen – auch im Verkehrssektor. Verschwendung ist somit out, Sparverhalten und Energieeffizienz sind in. Grünstrom wird – direkt und/oder indirekt – die energetische Hauptsäule des Verkehrs werden. Er wird aber auch in anderen Sektoren fossile Energie ersetzten müssen. Daher kann nur ein Teil des Grünstroms dem Verkehr zur Verfügung stehen.    

Die Grafik zeigt, dass die Energie- und Verkehrswende nur bei Halbierung des Gesamtenergieeinsatzes möglich ist.
Klimaschutz-Initiative

Heinrich Höbarth, Jahrgang 1942 kämpft für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs. Er ist seit 1986 in Initiative „Fördergemeinschaft Donauuferbahn“ in Arbing,  tätig, die sich gegen die Betriebseinstellung der Donauuferbahn einsetzt, gründete 2000 den überparteilichen Verein „Klimaschutz-Initiative“. Von 2004 bis 2013 war er Sprecher der „Oö. Plattform Klima, Energie und Verkehr“ und von 2009 bis 2015 Mitarbeit in „probahn Österreich“.