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Mobilität auf Klimakurs bringen

Die besten Tipps und Maßnahmen für Unternehmen

Foto: istock/IR Stone

Mobilität ist der größte Treiber des Klimawandels – und in Österreich auch das größte Sorgenkind: Denn der CO2-Ausstoß steigt, statt zu fallen. Ein guter Grund für Unternehmen, sich den eigenen Mobilitäts-Fußabdruck anzusehen.

Und täglich grüßt das Murmeltier …

Geht es Ihnen auch so? Aufstehen, frühstücken und ab in die Arbeit – meist mit dem Auto. Die tägliche Routine. Und das summiert sich: Mit 26 Prozent ist der Weg von und zur Arbeit der größte Brocken unserer Mobilität. Alles andere liegt dahinter: Einkaufen, Erledigungen, Freizeitaktivitäten und vieles mehr. Dazu kommt noch, dass 60 Prozent der Arbeitswege mit dem eigenen Auto zurückgelegt werden. Damit verursachen Arbeits- und Dienstwege den größten Teil des täglichen Pkw-Verkehrs. Die Zahlen stammen aus VCÖ-Studien aus dem Jahr 2020. Heute, nach Corona, haben sie sich durch zunehmendes Homeoffice ein wenig verschoben. Aber diese Veränderung ist laut VCÖ noch viel zu gering, um das Klimaziel von 1,5° zu erreichen.

Unternehmen haben mit einem zielgerichteten Mobilitätsmanagement einen wirksamen Hebel in der Hand, um ihre CO2-Emissionen zu reduzieren.

Tipps für Unternehmen

BUSINESSART hat beim VCÖ nachgefragt, worauf es ankommt, um den Weg von und zur Arbeit umweltfreundlicher, gesünder und bequem zu gestalten.

Das sind die wesentlichen Ansatzpunkte und Maßnahmen:

1. Standortwahl

Die Wahl des Firmenstandortes ist der wichtigste Faktor. Er ist allerdings nur sehr selten veränderbar. Wenn sich die Gelegenheit bietet, achten Sie bei der Auswahl ganz besonders auf die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad und zu Fuß.

Thales Austria hat beispielsweise vor knapp 10 Jahren den Standort von einem Wiener Randbezirk an den Handelskai verlegt, dabei die Anzahl der Pkw-Parkplätze stark reduziert und stattdessen den Mitarbeiter*innen die Wiener Jahresnetzkarte als Öffi-Jobticket zur Verfügung gestellt.

Das Unternehmen Berger Logistik hat seinen Standort zum Bahnhof Wörgl verlegt und ein Mobilitätsmanagement aufgebaut. Heute kommen 8 von 10 Mitarbeiter*innen autofrei zur Arbeit. Darüber hinaus erhält das Unternehmen durch die gute Erreichbarkeit mit der Bahn eine höhere Anzahl an qualifizierten Bewerbungen.

2. Anreise mit öffentlichem Verkehr (ÖV) fördern

  • Bieten Sie Ihren Mitarbeiter*innen ein Öffi-Jobticket an: Jahresnetzkarte, Klimaticket Bundesland oder Klimaticket Österreich.
  • Fahrzeit in der Bahn ist gleich Arbeitszeit, wenn bereits am Weg mit Laptop oder Mobiltelefon gearbeitet werden kann. Das gilt zum Beispiel für die Mitarbeiter*innen der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt.
  • Für große Unternehmen: Reden Sie mit dem Verkehrsverbund, um ein gutes, auf Betriebszeiten abgestimmtes ÖV-Angebot umzusetzen. Das ist beispielsweise der Firma Mahle in St. Michael ob Bleiburg gelungen.

3. Fahrgemeinschaften fördern

  • Bieten Sie Werkbusse oder E-Pkws für Fahrgemeinschaften an, die Mitarbeiter*innen von zuhause abholen und wieder zurückbringen. Beispiele sind die Firma Welser aus Gresten, die Knapp AG in Hart bei Graz oder Meusburger aus Vorarlberg: Wer am weitesten entfernt wohnt, sammelt die Kolleg*innen auf und lässt sie auf dem Heimweg wieder aussteigen.
  • Fördern Sie Fahrgemeinschaften mit Apps (wie Carployee, Triply usw.).

4. Anreise mit dem Fahrrad fördern

  • Auf gute Erreichbarkeit des Standorts mit dem Fahrrad achten (Radwegenetz)
  • Ausreichend überdachte, qualitätsvolle Fahrradabstellplätze nahe des Eingangs platzieren: Wer mit dem Fahrrad kommt, hat den kürzesten Weg zum Arbeitsplatz.
  • Duschen, Radservicestelle, einmal im Jahr kostenloses Fahrradservice. Das motiviert.
  • Bonus für alle, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen und damit keinen Autoparkplatz brauchen. Die Anton Paar GmbH bietet dafür beispielsweise einen Ökobonus.
  • Jobrad anbieten: Das Unternehmen kauft Fahrräder, die Mitarbeiter*innen können es steuerbegünstigt leasen und nach 48 Monaten günstig kaufen. Das macht beispielsweise Palfinger.
  • Bewusstseinsaktionen durchführen: z.B. Mitmachaktion „Österreich radelt“ – mit dem Rad zur Arbeit

5. Dienstreisen

  • Integration der CO2-Emissionen ins Reiseabrechnungstool. Das aws, Austria Wirtschaftsservice, hat damit begonnen.  
  • So viel wie möglich die Bahn nutzen. Im Unternehmen Haberkorn aus Vorarlberg wird bei längeren Dienstreisen (z.B. nach Wien) zumindest eine Strecke mit dem Zug zurückgelegt, und nicht beide mit dem Flugzeug.
  • Förderung von Fahrgemeinschaften mit Apps (wie Carployee, Triply usw)
  • Umstellung von Dienstautos auf die Zusammenarbeit mit Mobilitätspartnern z.B. ShareNow, car2go oder DriveNow. Das macht z.B. der ORF.

6. Fuhrpark

  • Umstellung des Fuhrparks auf emissionsfreie Fahrzeuge. Ein Vorreiter ist hier die Post AG.
  • Ladeinfrastruktur anbieten

Ein Mann in Radfahrerkleidung posiert mit Fahrrad und Helm vor dem Turm der Baumit GmbH.
Manfred Tisch, Geschäftsführer der Baumit GmbH radelt 60 km pro Tag zur Arbeit. Foto: Baumit

60 Kilometer in die Arbeit – mit dem Rad

Seit vielen Jahren radelt Manfred Tisch, Geschäftsführer der Baumit GmbH, wann immer es sein Terminkalender erlaubt, in die Arbeit. 60 Kilometer pro Tag. Und das halte ihn gesund und fit, wie er sagt: „Keine Grippe, nichts.“ Tägliche Bewegung tue uns gut und wir bräuchten sie auch, denn wir Menschen seien nach wie vor Jäger und Sammler.

Aber woher nehmen Sie die Zeit? Tisch: „Warum haben viele keine Zeit? Ich radle 500 Stunden im Jahr, das sind nur 6 Prozent der Jahreszeit von 8.760 Stunden.“

Die Witterung ist ihm egal. Bis minus 8 Grad fährt er – allerdings mit wenig Luft im Reifen und durch den Wald sowie mit ordentlicher Oberbekleidung. „Blöd ist nur Regen, denn dann muss man das Rad putzen.“

Nach einem stressigen Tag im Büro eine Stunde nach Hause zu radeln, sei das Beste. Aller Stress und Grant sei weg: „Man fällt ins Bett und hat keine Schlafprobleme. Genauso ist es in der Früh – man ist viel aktiver als mancher Autofahrer, der täglich im Stau steht.“

Gudrun Wölfl, Konzernsprecherin, Foto: Anton Paar

Ökobonus bei Anton Paar

„Ein Parkplatz verursacht dem Unternehmen Kosten. Wir wollten diese lieber jenen Mitarbeiter*innen, die helfen Parkplätze zu sparen, in Form eines Bonus zugutekommen lassen“, sagt Gudrun Wölfl, Konzernsprecherin. Der Ökobonus wird allen Mitarbeiter*innen, die zu Fuß, mit dem Rad, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Fahrgemeinschaften kommen, gutgeschrieben und mit dem Gehalt überwiesen. Die Vergütung basiert auf Vertrauen – beim Einstempeln in der Früh gibt man an, ob man „ökologisch“ zur Arbeit gekommen ist.

Fußgänger*innen und Fahrgemeinschaften bekommen 1,50 Euro, Radfahrer*innen 2 Euro, bei der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln hängt der Bonus von der Zone ab (1,90 Euro bis 3,50 Euro).

Im Durchschnitt kommen in den Frühlings- und Sommermonaten rund 40 Prozent der Mitarbeiter*innen mit Rad, Öffis, zu Fuß oder in Fahrgemeinschaften zur Arbeit, in den Wintermonaten (Oktober bis Februar) sind es rund 35 Prozent.

Gabriele Grottenthaler, Foto: aws

CO2-Bilanz von Dienstreisen

Die aws, Austria Wirtschaftsservice GmbH, hat einen ersten Schritt gesetzt: Beim Beantragen der Dienstreise geben die Mitarbeiter*innen an, mit welchem Hauptverkehrsmittel sie reisen, und wie viele Kilometer sie damit zurücklegen. Die Personalabteilung erstellt daraus eine CO2-Bilanz. Gabriele Grottenthaler: „Wir wollen ehrliche Zahlen am Tisch haben. Daher berechnen wir die Emissionen selbst und nutzen dafür die Daten des Umweltbundesamtes, denn diese berücksichtigen nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Emissionen.“

Die Emissionsdaten des Umweltbundesamtes finden Sie hier: https://www.umweltbundesamt.at/umweltthemen/mobilitaet/mobilitaetsdaten

Roswitha M. Reisinger