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Nadina Ruedl, Gründerin und CEO, Die Pflanzerei

Pflanzliches für Fleischtiger

Nadina Ruedl, Die Pflanzerei
Foto: Die Pflanzerei / Jana Madzigon

Das Wiener Start-up „Die Pflanzerei“ will österreichische Traditionsgerichte aus Fleisch und Wurst pflanzlich produzieren. In Zusammenarbeit mit regionalen Metzgereien und Landwirt*innen wurde dabei als erstes Produkt „Gustl – der pflanzliche Leverkas“ entwickelt.  Im Vergleich zu den tierischen Varianten reduziert die Pflanzerei bei ihren Produkten den CO2-Fußabdruck um bis zu 89 Prozent. Wichtig sind darüber hinaus regionale Wertschöpfungsketten und Bewusstseinsbildung bei Landwirt*innen, Fleischverarbeiter*innen und Metzger*innen sowie bei Konsument*innen.

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Brigitta Schwarzer, inara, Nadina Ruedl, die Pflanzerei, Roswitha Reisinger feelimage/Matern

Es war die Besichtigung eines Schweinestalls, der Nadina Ruedl dazu brachte, über die pflanzliche Herstellung von Leberkäs und Co. nachzudenken. Ruedl: „Die Haltungsbedingungen sind für mich einfach nicht vertretbar. Es geht um so viele Tiere: In Österreich werden pro Kopf und Jahr durchschnittlich 34,2 kg Schweinefleisch konsumiert. Dazu kommen noch die Treibhausgase, die durch den Fleischkonsum entstehen. Ich will einen Betrag leisten, um das zu ändern.“

Es sei aber nicht einfach, seinen Fleischkonsum zu reduzieren oder gar kein Fleisch mehr zu essen. Leberkäse, Schnitzel oder Käsekrainer – allesamt österreichische Klassiker – werden mit Fleisch zubereitet. So falle der „Umstieg“ oftmals sehr schwer. „Daher bieten wir mit ‚Die Pflanzerei‘ typisch österreichische Hausmannskost – regional, nachhaltig und aus echtem Handwerk, nur eben aus Pflanzen.“ So könnten viele Österreicher*innen ihre Lieblingsgerichte weiterhin genießen.

Soweit die Vision. Dann kam der lange Weg der Ebene. Ruedl war Quereinsteigerin, die Marketing & Vertrieb an Unis und FHs unterrichtete und die Kommunikation bei einigen NPOs leitete. „Und auch wenn sich die NPOs mit der Landwirtschaft beschäftigten, von der Lebensmittelbranche bzw. der Lebensmittelentwicklung hatte ich keine Ahnung.“ Es ging also erstmals darum, Wissen aufzubauen, Erfahrungen zu sammeln, aus Fehlern zu lernen und Partner*innen zu gewinnen.

Mit dem ersten Produkt „Gustl – der pflanzliche Leverkas“ gelang es Ruedl und ihrem Team, die Fleischdomäne im Lebensmitteleinzelhandel/Supermarkt zu erobern. Neben den klassischen tierischen Leberkäse-Varianten werden jetzt auch rein pflanzliche angeboten. Die Finanzierung gelang aus eigener Kraft, ohne externe Investor*innen. Heute beschäftigt Ruedl vier Mitarbeiter*innen und kann ein Sortiment von mehr als 12 Produkten vorweisen, darunter Schnitzel, Fleischlaibchen, Käsekrainer – und auch die erste Mehlspeise „der Kaiserschmarrn“.

BUSINESSART: Wie werden die Produkte vertrieben? Wo kann man sie bekommen?

Nadina Ruedl: Wir setzen auf einen Multichannel-Vertriebansatz: Direktvertrieb über unseren eigenen Online-Shop, indirekter Vertrieb über den Lebensmitteleinzelhandel (Billa), den Fachhandel (Prokopp, Maran, Bioveganversand), Events (u.a. Veganmania) und die Gastronomie (Oktoberfest in München, eh Wurst, Alles Wurst).

Wie wird der pflanzliche Leverkas angenommen?

Sehr gut. Bei Konsument*innen zählt Regionalität heute zu den Top-3-Kaufkriterien – und unsere Produkte bestehen aus regionalen Zutaten, schaffen Wertschöpfung in der Region und sind von kleinen Produzent*innen handgemacht.   

Vertriebspartner*innen schätzen die hohe Qualität der Produkte und die individuelle Betreuung durch unser Team. Zudem unterstützt sie unsere wertorientierte Kommunikation (Regionalität, Handwerk, Nachhaltigkeit) bei ihrer eignen Positionierung.

Der Verkauf steigt kontinuierlich. Als nächstes wollen wir den Direktvertrieb stärken und direkt an die Kund*innen verkaufen, um die Beziehungen zu festigen.

Wo steht die Lebensmittelbranche auf dem Weg zur Nachhaltigkeit auf einer Skala von 0 (kein einziger Schritt gesetzt) bis 10 (alles geschafft)?

3.

Was sind die drei wesentlichen Nachhaltigkeits-Herausforderungen für die Lebensmittelbranche? Greenwashing bewusst nicht zu machen, Transparenz und echte Kostenwahrheit.

Was sind die wichtigsten Maßnahmen um diese zu meistern?

Es muss mehr „Konsumbewusstsein“ aufgebaut werden, damit wir Menschen erkennen bzw. verstehen können, was uns da gerade erzählt wird – und wir so bewusste Konsumentscheidungen treffen können.

Es braucht gute und „faire“ Partner*innen – Stichwort „Handschlagqualität“, ein Miteinander und kein Gegeneinander und dass wir Wachstum nicht nur anhand von Umsatzkennzahlen bewerten.

Ein „farbenfroher Nachhaltigkeitsbericht“ ist definitiv keine Lösung.

Was bedeutet „gestalten“ für Sie?

Alles! Dinge selbst in die Hand zu nehmen; aufzustehen, wenn man nicht der gängigen Meinung ist, und konstruktive und verbindende Lösungen zu finden.

Wir lautet der Leitsatz Ihres Lebens?

Einfach. Gut. Machen.

Nadina Ruedl, Gründerin und CEO, Die Pflanzerei
Foto: Die Pflanzerei / Jana Madzigon

Die Pflanzerei – Veganer Lebensmittelhandel GmbH, Wien

Branche: Lebensmittel

Anzahl der Mitarbeiter*innen: 3

Website: www.die-pflanzerei.at