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Regionen am Weg zum European Green Deal

Analyse und Empfehlungen von 50 Nachhaltigkeits-Vorreiter*innen aus drei österreichischen Bundesländern (NÖ, Tirol und Vorarlberg). Von Verena Ringler.

Regionen am Weg zum European Green Deal - Cover des Berichts mit Illustrationen von Bahn, Windrädern, Recycling Zeichen etc.

Was wissen 50 regionale Vorreiter*innen über den European Green Deal, den Fahrplan der EU zur Klimawende?

Welche Fragen und Sorgen, Chancen und Potenziale artikulieren ausgewählte Gestalter*innen in drei Bundesländern Österreichs?

Was erhoffen sie sich von Brüssel, was vom cross-sektoralen Zusammenspiel?

  

Diesen Fragen sind die Konrad-Adenauer-Stiftung Multilateraler Dialog Wien und der Think and Do Tank European Commons in einer qualitativ angelegten Sondierung auf den Grund gegangen.

  

Das sind die Ergebnisse:

Die 50 Teilnehmer*innen der Sondierung zum EGD aus Tirol, Vorarlberg und Niederösterreich sind sich einig, dass

  • der EGD die größte Herausforderung unserer Zeit ist, die von der Pandemie derzeit überdeckt wird;
  • die größten Risiken zur EGD-Zielerreichung politischer, kommunikativer und kultureller, nicht technischer Natur sind;
  • multisektorale, regionale und womöglich unkonventionelle Allianzen wesentlich sein werden für die Erreichung der EGD-Ziele;
  • sämtliche EGD-Ambitionen nicht isoliert innerhalb der EU, sondern im globalen Kontext zu bewerten sind.

In den ausführlichen Leitfadeninterviews sowie den mehrstündigen Strategieseminaren mit jeder Ländergruppe zeigten sich die Teilnehmer interessiert, motiviert und bereit, das eigene Handlungsfeld sowie die eigene Region im Sinne des EGD zu entwickeln. Man möchte sich einbringen. Die drei abgefragten Hypothesen erfahren sehr hohe – bis hin zu einstimmiger – Zustimmung. Diese wurde auch vielfach illustriert und thematisch untermauert.

Drei Herausforderungen identifizieren die Teilnehmer der Sondierung angesichts des EGD:

  1. Politische Herausforderungen:
    Die Teilnehmer der Sondierung sehen, dass dem EGD erhebliche politische Risiken innewohnen, etwa Polarisierung, Zeit- und Ressourcenverlust, Legitimationsverluste durch Greenwashing. Sie beschreiben, dass Interessens- und Zielkonflikte zu überwinden und Mehrheiten zu organisieren sind. Systemrelevante Entscheidungen sind zu treffen, Wahlen sind vorzunehmen. Die Befragten wünschen sich, dass die Grundpfeiler des EGD nicht Gegenstand von Wahlkämpfen bzw. populistischen Politikangeboten werden; die Vision ist ein permissiver Konsens zum EGD quer über das Parteienspektrum hinweg.
  2. Kommunikative Herausforderungen:
    Den Teilnehmer*innen der Sondierung ist bewusst, wie sehr die politische Kommunikation – Stichwort: Eliten-Konsens – und insgesamt die Qualität der Informationslandschaft und des öffentlichen Diskurses zum EGD die Einstellungen von Individuen und Gruppen beeinflussen. Die befragten Führungskräfte und Gestalter verstehen es als Herausforderung, das EGD-Narrativ von Verzicht Richtung Wertschöpfung zu drehen und langfristig zur Qualität der Inhalte in den redaktionellen wie auch sozialen Medien beizutragen.
  3. Kulturelle Herausforderungen:
    Die Teilnehmer der Sondierung haben allesamt selbst Transformationen angestoßen und realisiert. Als wichtigste Lernerfahrung beschreiben sie einstimmig die Erkenntnis, dass der direkte und empathische Dialog von Mensch zu Mensch das Herzstück solcher Prozesse ist. Transformationen bedingen so gut wie immer einen Kulturwandel, den es aktiv zu befördern gilt.

Vier Aufgabenfelder haben EGD-bereite Entscheider*innen in den nächsten Jahren zu meistern:

  1. Framing und Reframing:
    Die Assoziation mit EGD-konformen Verhaltensweisen gilt für viele als „Verzicht“. Die Aufgabe besteht darin, ein Reframing vorzunehmen und EGD-Konformität als „Wert“ und „Wertschöpfung“ zu kommunizieren. Dazu wird die Einordnung des EGD als inklusive Wirtschaftswachstumsstrategie und Teil der Ordnungspolitik beitragen. Dies muss sich allerdings in den nationalen Strategien widerspiegeln, so zum Beispiel darin, wie der EGD in den verschiedenen Ressorts integriert ist.
  2. Einordnen des EGD in den Institutionen und öffentlich-rechtlichen Medien der repräsentativen Demokratie:
    Die Agenden des EGD sind noch vielerorts in den Umwelt- oder Klimaabteilungen angesiedelt. Die Aufgabe ist es, im strategischen Dialog darauf hinzuwirken, dass die EGD-Agenden in die Strategie- oder Hauptabteilung, in die EU- oder Wirtschaftsabteilung wandern.
  3. Bürger ins Tun bringen, stärkt Akzeptanz und Wirkung:
    Sämtliche EGD-Politik- und -Förderprogramme sind planvoll und nach bester Absicht programmiert – allerdings „für“ die Bürger. Die Aufgabe besteht darin, die Konzeptionen und Budgets von Förderprogrammen durchgehend mit Do-it-yourself-Elementen zu hinterlegen. Denn Ziel ist es, die Ziele des EGD mit den Bürgern gemeinsam zu erreichen.
  4. Europäische und internationale Politikfolgenabschätzung zum EGD zusammendenken:
    Viele EGD-Themen werden heute scheinbar isoliert „in der EU“ betrachtet. Die Aufgabe ist es, in sämtlichen Ziel- und Folgenabschätzungen die internationalen Lieferketten, Konsequenzen, Folgeeffekte etc. miteinzurechnen.

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