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Verantwortung der Geschäftsführung

Welche Verantwortung hat die Geschäftsführung? Welche Sorgfaltspflichten gelten? Worauf achte ich, wenn ich diese Aufgabe wieder abgebe?

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Kneidinger_Kerstin, Wieder_Lucia Fotos: Controller-Institut

Kompakte Antworten auf wichtige Fragen von Kerstin Andert, MSc, StB und Mag. Lucia Wieder,
Lehrgangsleiterinnen beim Lehrgang Bootcamp für die Geschäftsführung des Controller Instituts.

Welche Verantwortung hat die Geschäftsführung?

Die Beantwortung der Fragen bezieht auf die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft, insbesondere der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).

Welche Sorgfaltspflichten gelten für die Geschäftsführung?

Eine Kapitalgesellschaft ist zwar eine juristisch eigenständige Person, muss jedoch, um handeln zu können, von einer natürlichen Person vertreten werden. Hierbei kommt die Geschäftsführung ins Spiel. Die Geschäftsführung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, im Gegensatz zum Vorstand einer Aktiengesellschaft, weisungsgebunden gegenüber den Gesellschaftern bzw. dem Aufsichtsrat (sofern vorhanden).   

Kurz zusammengefasst, ist die Geschäftsführung dafür verantwortlich die Geschäfte einer Gesellschaft zu führen. Dazu zählen insbesondere folgende Pflichten, die auch im GmbH-Gesetz normiert sind:  

  • Anmeldepflichten zum Firmenbuch: Für die schuldhaft falsche oder verzögerte Anmeldung besteht eine besondere Haftung gegenüber der Gesellschaft selbst und gegenüber Dritten (Finanzverwaltung, Lieferanten, Banken, etc.).
  • Die Führung der Bücher (Rechnungswesen) und eines internen Kontrollsystems (sogenanntes IKS), das den Anforderungen des Unternehmens entspricht: Der Inhalt der Buchführungspflicht ergibt sich aus dem dritten Buch des Unternehmensgesetzbuchs (UGB) und beinhaltet unter anderem die Buchführungspflicht und die Inventarisierung von Vermögensgegenständen (§§ 189-192 UGB), die Erstellung des Jahresabschlusses (§§ 193-200 UGB) sowie die Aufbewahrung der zugrunde liegenden Unterlagen (§§ 212-216 UGB). Der Jahresabschluss ist neun Monate nach dem Bilanzstichtag offenzulegen. Erfolgt dies nicht fristgerecht, werden Strafzahlungen iHv EUR 700,- (Für Kleinstgesellschaften gelten reduzierte Strafen) an die Gesellschaft sowie die Geschäftsführung festgesetzt. Die Strafe wird auch für GeschäftsführerInnen festgesetzt, die aufgrund der Ressortverteilung nicht für die Aufstellung des Jahresabschlusses zuständig sind.

Unter einem internen Kontrollsystem sind sämtliche aufeinander abgestimmte Methoden und Maßnahmen in einem Unternehmen zu verstehen, die dazu dienen sollen, das Vermögen zu sichern, die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Abrechnungsdaten zu gewährleisten und die Einhaltung der vorgeschriebenen Geschäftspolitik zu unterstützen. Ein effektives IKS soll darüber hinaus auch zur Aufdeckung von Fehlern bzw. Betrug in Form von Rechnungslegungsmanipulation dienen.

  • Die Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Generalversammlung und die Aufnahme der Niederschriften der Generalversammlungsbeschlüsse. Die ordentliche Generalversammlung ist mindestens einmal jährlich abzuhalten. Die außerordentliche Generalversammlung wird anlassbezogen einberufen. Beispiele dafür sind der Verlust des halben Stammkapitals oder bei Erreichen der Reorganisationskennzahlen. Falls der Geschäftsführer die Einberufungspflicht verletzt, haftet er verschuldensabhängig gegenüber der Gesellschaft.
  • Zustimmung zu Insichgeschäften eines anderen Geschäftsführers, wenn kein Aufsichtsrat besteht. Im Falle eines Insichgeschäftes schließt der Geschäftsführer Rechtsgeschäfte im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft ab (sog. Selbstkontrahieren).
  • Erklärung bei Gründung oder bei einer Kapitalerhöhung, dass die dargestellten Bareinlagen eingezahlt wurden und sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Dies gilt auch für Sacheinlagen. Für einen durch falsche Angaben verursachten Schaden haften die Geschäftsführer persönlich zur ungeteilten Hand.
  • Pflicht zur rechtzeitigen Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
  • Die Pflicht zur Kapitalerhaltung: GesellschafterInnen leisten im Rahmen der Gesellschaftsgründung bzw. im Zeitpunkt des Anteilserwerbs Einlagen in Form des Stammkapitals. Dieses der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital ist in weiterer Folge auch zu erhalten. Das heißt, dass die Gesellschafter die von ihnen geleistete Stammeinlage nicht zurückfordern dürfen. Sie haben lediglich Anspruch auf den sich nach dem Jahresabschluss ergebenden Bilanz­gewinn, sofern dessen Verteilung nicht nach dem Gesellschafts­vertrag oder einem Gesellschafter­beschluss untersagt ist. Unzulässig ist demnach jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft an einen Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter gegenüber dem gemeinsamen Sondervermögen begünstigen. Erfasst werden alle Vorteile, die einem Gesellschafter, nicht aber einem Dritten gewährt würden (sog. Fremdvergleich; „dealing at arm´s length“). In der Judikatur wurden in den letzten Jahren diverse Konstellationen verdeckter Gewinnausschüttung behandelt, die gegen das sogenannte Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen.
  • Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat.
  • Nach Beendigung der Organstellung besteht nach § 24a GmbHG eine Auskunftspflicht des ausgeschiedenen Geschäftsführers der Gesellschaft gegenüber für die Dauer von fünf Jahren.

Bei den vom Gesetz angeordneten Pflichten und Aufgaben der Geschäftsführer gilt zwingende Gesamtverantwortung, auch wenn die Geschäftsführer eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis besitzen. Weitere Pflichten des Geschäftsführers können sich aus dem Gesellschaftsvertrag, der Satzung oder der Geschäftsordnung ergeben. Hier kann auch eine sogenannte Ressortverteilung (bspw. Bereich Finanzen und Bereich Operations) vereinbart werden.

Was bedeutet beschränkte bzw. unbeschränkte Haftung? Welche Konsequenzen hat was? Strafrechtlich? Insolvenzrechtlich?

Zu unterscheiden ist die Haftung einer Gesellschaft und die Haftung des Geschäftsführers:

Die Haftung ist bei den GmbHs mit dem Vermögen der Gesellschaft selbst beschränkt. Oftmals liegt der Irrglaube vor, dass diese Haftungsbeschränkung auch auf die Organe der Gesellschaft (bspw. Geschäftsführung) übertragbar ist.

Die Geschäftsführung ist „der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden“ (§ 25 Abs 1 GmbHG). Ein Geschäftsführer handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Es bedeutet auch, dass der Geschäftsführer die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen muss, die für den Geschäftszweck der Gesellschaft üblicherweise erforderlich sind. Die Geschäftsführer sind zunächst vor allem verpflichtet, die Gesellschaft fachlich korrekt zu leiten, geschuldet wird adäquate Bemühung, nicht ein Erfolg und die durch das GmbHG zugewiesenen, zwingenden Pflichten zu erfüllen.

Was nun tatsächlich der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ entspricht, ist gesetzlich nicht definiert und wird von Branche und Unternehmensgröße abhängig sein. Ob diese Voraussetzung erfüllt war, wird man erst im Nachhinein beurteilen können. Jede Entscheidung der Geschäftsführung ist auf Basis der verfügbaren Informationen zu treffen. Dabei sind Vorteile und Risiken abzuwiegen und zu bewerten. Sorgfaltskonform agiert die Geschäftsführung dann, wenn sie zum Entschluss kommt, dass die Maßnahme im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung dem Wohle der Gesellschaft dient. Ein nachträglicher Misserfolg ist nicht schädlich, da die Geschäftsführung keinen Erfolg schuldet.

Beispiele aus der Praxis, die gegen das Handeln eines sorgfältigen Geschäftsmanns sprechen, sind (unter anderen) die Folgenden:

  • Die Verteilung von Gesellschaftsvermögen, die dem Gesetz bzw. dem Gesellschaftsvertrag widerspricht. Dies betrifft insbesondere die Auszahlung von Stammeinlagen, Nachschüssen an Gesellschafter, Zinsen oder Gewinnanteilen.
  • Verspäteter Antragstellung und Eröffnung eines Insolvenzverfahrens: Bei fristgerechter Antragstellung und Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hätte unter Umständen eine bessere Quote erreicht werden können und somit werden die Gläubiger schlechter gestellt. Für diese Schlechterstellung haftet die Geschäftsführung.
  • Abschluss von durch den Aufsichtsrat genehmigungspflichtiger Geschäfte, die nicht genehmigt wurden.
  • Verspätete Entrichtung von Abgaben bzw. von Sozialabgaben
  • Verspätete Anmeldung von Änderungen im Firmenbuch

Sämtliche Ersatzansprüche verjähren nach fünf Jahren.

Wie gehe ich als verantwortungsvoller Kaufmann damit um?

Wir raten den Teilnehmern unseres Lehrgangs stets folgende Dinge

  • Für sämtliche Entscheidungen müssen die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen gewählt und dokumentiert werden. Reine Bauchentscheidungen sind in diesem Fall selten eine gute Idee. Ein sorgfältiger Geschäftsmann holt sich so viele Informationen wie notwendig ein, um ein klares Bild über die Entscheidung zu erhalten. Risiken und Chancen sind abzuwiegen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung dient die Maßnahme dem Wohle der Gesellschaft.
  • Für sämtliche Entscheidungen gilt: Dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren. Im Nachgang ist es oftmals schwierig den Entscheidungsfindungsprozess zu rekonstruieren.
  • Aufbau eines internen Kontrollsystems, das den Anforderungen des Unternehmens entspricht. So können bereits vorab Fehler abgewendet werden.
  • Regelmäßiger Review des „Zahlenwerks“ der Gesellschaft: Wie ist die Entwicklung des Ergebnisses? Ist das Eigenkapital positiv oder negativ? Sind Forderungen werthaltig bzw. funktioniert das Mahnwesen? Sind sämtliche Verbindlichkeiten korrekt und vollständig dargestellt? Wir empfehlen unseren Teilnehmern zwei bis drei Kennzahlen zu finden, die zum Unternehmen passen und diese regelmäßig zu berechnen (bzw. in Monatsreports einzubauen). Trends erkennt man erst, wenn man mehrere Perioden vergleicht und bei unterjähriger Kontrolle kann man agiler reagieren.
  • Kommunikation ist alles: Lieber die Gesellschafter einmal zu viel informieren als einmal zu wenig.
  • Keine Angst vor Haftungen: Die Möglichkeit einer Haftung ist natürlich abschreckend. Sofern die Geschäftsführung die oben erwähnten Punkte im Blick hat, sich laufend weiterbildet und sich im Verdachtsfall an einen entsprechenden Berater (Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) wendet, wird viel Risiko abgewendet.

Wie installiere ich ein angemessenes internes Kontrollsystem und Rechnungswesen

Sowohl das Rechnungswesen als auch das interne Kontrollsystem sind an die Bedürfnisse der Gesellschaft anzupassen. Eine pauschale Antwort ist daher nicht möglich.

Hinsichtlich des internen Kontrollsystems raten wir in unserem Lehrgang sich zu überlegen, welche Prozesse es in dem Unternehmen überhaupt gibt. Standardprozesse können beispielsweise Einkauf, Verkauf, Ein- und Auszahlungen, Jahresabschlusserstellung sein. Darüber hinaus können jedoch auch Sonderprozesse vorliegen, zB. zur Vorratsbewertung bei Produktionsunternehmen.

Für diese Prozesse geht man jeden einzelnen Schritt durch. Beim Einkauf von Handelswaren wäre das zB. der Weg von der Bestellung beim Lieferanten über die Lieferung durch den Lieferanten, die Bezahlung des Lieferanten, die Rechnungskontrolle, die Warenkontrolle, die Einlagerung, die Bestellung des Kunden, die Lieferung an den Kunden bis hin zur Bezahlung des Kunden.

Sonstige Stolpersteine eines Geschäftsführers

Darüber hinaus bestehen weitere Pflichten nach dem Kartellrecht, dem Bundes­gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Abgabenrecht, etc.

Was muss ich vorab checken, wenn ich die Geschäftsführung übernehme?

Man sollte sich in einem ersten Schritt selbst die Frage stellen, ob man die entsprechenden fachlichen Kompetenzen und zeitlichen Ressourcen für die Übernahme der Geschäftsführertätigkeit hat.

In einem zweiten Schritt sollte man das interne Kontrollsystem prüfen, schauen, wie die Gesellschaft finanziell aufgestellt ist. Idealerweise lässt man sich auch die letzten Jahresabschlüsse geben. Außerdem sollten die wesentlichen Verträge, die die Gesellschaft in der Vergangenheit abgeschlossen hat, gelesen werden, um etwaige Versäumnisse zu vermeiden.

Worauf achten, wenn ich die Geschäftsführung wieder abgebe?

Gesellschaftsrechtlich besteht nach Beendigung der Organstellung gem. § 24a GmbHG eine Auskunftspflicht des ausgeschiedenen Geschäftsführers der Gesellschaft gegenüber für die Dauer von fünf Jahren. Sämtliche Dokumentationen aus der Zeit der Geschäftsführertätigkeit für die eigene Dokumentation mitnehmen und nicht im Unternehmen lassen.

Die Autorinnen sind Lehrgangsleiterinnen beim Lehrgang Bootcamp für die Geschäftsführung des Controller Instituts.

Kerstin Andert, MSc, StB

value one capitalinvest GmbH, Tax Managerin

  • Masterstudium Steuern und Rechnungslegung
  • Geprüfte Steuerberaterin
  • 2015-2019 bei EY als Managerin in der Wirtschaftsprüfung
  • Seit 2020 Leiterin Steuer- und Rechnungswesenabteilung der value one Gruppe
  • Diverse Vortragstätigkeiten bei internen und externen Seminaren

Mag. Lucia Wieder

EY Österreich, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin

  • Diplomstudium Wirtschaft und Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien
  • Verantwortlich für Prüfungen von Jahres- und Konzernabschlüssen nach lokalen und internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen (UGB, IFRS, US-GAAP, dHGB)
  • Risikoorientierte Prüfung von Geschäftsprozessen & IKS
  • Diverse Vortragstätigkeiten zu den Themen Rechnungswesen, Auditing, Data Analytics im In- und Ausland