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Verteuert Greenflation unser Leben?

Andreas Breitenfellner, Oesterreichische Nationalbank (OeNB): Die Teuerung ist eher fossil als grün.

Portraitfoto
Andreas Breitenfellner, OeNB Foto: OeNB, Georg Hochmuth

Laut Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) trägt die CO2-Bepreisung nur wenige zehntel Prozentpunkte zur heimischen Inflation bei. Die Teuerung ist eher fossil als grün.

Auslöser der hohen Inflation in Österreich war vor allem ein internationaler Energiepreisschock vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und unserer Abhängigkeit von fossilen Energieimporten.

Die Klima- und Energiewende macht uns zwar weniger importabhängig, doch sie hat ihren Preis. Die drei wesentlichen klimapolitischen Maßnahmen, nämlich CO2-Bepreisung, Investitionsförderung und Umweltvorschriften beeinflussen die Inflation unterschiedlich. Direkt erhöht die Klimapolitik vorerst meist die Energiepreise und daher auch die Produktionskosten. Indirekt hingegen treibt oder dämpft sie die Inflation, je nachdem, wie Angebot und Nachfrage reagieren. Zudem verändert Klimaschutz die relativen Preise: nachhaltiges Verhalten wird billiger, umweltschädliches teurer. Durch weniger energieintensiven Verbrauch schonen Haushalte und Unternehmen ihre Geldbörsen. Langfristig werden erneuerbare Energieträger dank Massenfertigung und Effizienzgewinnen immer günstiger und dämpfen somit den Preisauftrieb. Die Summe all dieser Effekte der Klimapolitik auf die aktuelle Inflation ist nicht leicht zu ermessen.

Eine OeNB-Studie konnte nur wenig direkte Auswirkungen der Bepreisung von Treibhausgasemissionen auf die Verbraucherpreisinflation in Österreich entdecken. Die österreichische CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Gebäude soll zwischen 2022 und 2025 schrittweise von 30 EUR auf 55 EUR je Tonne steigen. Direkt erhöht das die jährliche Gesamtinflation um lediglich etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte. Hinzu kommen indirekte Effekte, deren Ausmaß und Richtung jedoch unklar sind. Ähnliches trifft für den europäischen Emissionshandel für die Sektoren Industrie und die Elektrizitätswirtschaft zu. Die Marktpreise für Emissionszertifikate schwanken stark je nach Wirtschaftslage und Gesamtemissionsmenge. Mitte 2022 erreichten sie den Höhepunkt von knapp 98 EUR je Tonne CO2-Äquivalent; zuletzt fielen sie jedoch wieder auf zirka 55 EUR. Auf die österreichische Inflation übten sie bisher nur geringen Druck aus, weil vier Fünftel unseres Stroms grün sind, und die Industrie viele Gratiszertifikate erhält, um sie vor Wettbewerb aus Drittländern zu schützen.

Mit „Greenflation“ werden oft auch Materialien assoziiert, die für die Energiewende wichtig sind. Die Preise von Rohstoffen wie Kupfer, Lithium, Nickel schwanken oft heftig, je nach deren Knappheit sowie beeinflusst von fossilen Energiepreisen. Lithium etwa notiert auf den Rohstoffweltmärkten derzeit schwach, unter anderem wegen geringerem Absatz von Elektroautos in China. Aber selbst ein Preisboom treibt die Verbraucherpreise nicht stark, denn Rohstoffe machen nur einen geringen Teil der Produktionskosten aus. Tatsächlich zeigt der langfristige Preistrend von Batterien, Fotovoltaik, Windenergie oder grünem Wasserstoff stetig nach unten. Massenproduktion, Wettbewerb und Innovation werden den Inflationsdruck vermutlich weiter dämpfen, ungeachtet vorrübergehender Preisausschläge durch Engpässe bei Produktionsmitteln, Inputs und Fachkräften.

In Zukunft lassen vermutlich nicht nur der Klimaschutz, sondern auch der Klimawandel selbst die Inflation stärker schwanken.

Indem sie die Inflationserwartungen niedrig und stabil hält, unterstützt die EZB mit ihrer Geldpolitik letztlich auch die Klimapolitik.

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