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Mehr Umsatz mit barrierefreiem Angebot

Barrierefreiheit ist immer mehr Pflicht. Sie nützt Menschen mit Behinderung - und den Betrieben.

Ein Schild mit der Aufschrift Accessible Entry und einem Rollstuhl auf einer Steinmauer mit bunten Graffiti.
Nicht nur ein barrierefreier Zugang zu Gebäuden inkludiert Menschen mit Behinderung in den Kund*innen-Kreis, sondern auch die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen. Foto: Daniel Ali

Unternehmen wissen, dass sich Barrierefreiheit lohnt. Ein einfacherer Zugang zu Gebäuden, zu Informationen auf Internetseiten, von Produkten und Dienstleistungen erleichtert nicht nur Älteren und Menschen mit Behinderung ihren Alltag. Barrieren zu beseitigen lohnt sich auch für das Unternehmen.

Bessere Socialmedia-Performance durch Inklusion auf Websites

Eine Ende 2024 veröffentlichte Umfrage des Software-Beratungsunternehmen Capterra unter rund 2.800 Unternehmen weltweit zeigt, dass eine bessere Nutzer*innenfreundlichkeit bei 53 Prozent der Befragten zu einer besseren Bindung der Kund*innen ans Unternehmensangebot geführt hat. Bei 39 Prozent verbesserte sich die Performance auf den digitalen Plattformen, also den sogenannten Social-Media, Inklusion bringt also ein besseres Markenbild. Und bei 38 Prozent der Unternehmen, die barrierefreie Funktionen auf ihren Homepages anbieten, steigerte sich der Umsatz.

Fehler und Chance für Unternehmen

Allerdings nützen noch wenige Unternehmen diese Chancen. Eine aktuelle Erhebung von EY, das Wirtschaftsprüfungen, Steuer- und Unternehmensberatung anbietet, jetzt im August 2025 zeigt, dass nur zwei Prozent der analysierten österreichischen Websites bereits gesetzeskonform barrierefrei sind. Im Durchschnitt verzeichnet jede Startseite im Moment noch 4,42 Fehler – "etwa fehlende Alternativtexte, unzureichende Kontraste, nicht bedienbare Navigationen oder fehlende Untertitel".

Mehr Bewusstsein für das Potenzial gibt es bei Neugründer*innen: Je jünger das Unternehmen und damit auch die Website desto barrierefreier ist sie. Die Gruppe, die davon profitiert, ist laut EY sehr groß: In der EU leben 101 Millionen Menschen mit einer Form von Behinderung – das entspricht etwa 27 Prozent der Bevölkerung. In Österreich sind es laut Statistik Austria über 750.000 Menschen. Mehr als zwei Drittel davon sind über 55 Jahre alt. Digitale Barrierefreiheit kann also zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden. Barrierefreiheit ist allerdings, wie Anja Hennrich-Huber, Director im Bereich Technology Transformation bei EY Österreich, feststellt, „kein Nice-to-have mehr – sie ist Pflicht, Chance und Zeichen digitaler Reife.“ Ab sofort drohen Unternehmen bei Verstößen auch Strafen.

Rechtssicherheit für rund 70.800 Unternehmen

Fast 71.000 Unternehmen in Österreich haben mehr als 10 Beschäftigten oder einen Umsatz oder Bilanzsumme von mehr als zwei Millionen Euro. Sie müssen seit Ende Juni die Vorgaben des Barrierefreiheitsgesetzes (BaFG) vollständig in ihren Unternehmen umsetzen. Grundlage ist der European Accessibility Act (EAA) aus dem Jahr 2019 mit dem EU-weit einheitliche Barrierefreiheitsanforderungen für viele Produkte und Dienstleistungen eingeführt wurden. 

Die Intention des Acts und damit auch des österreichischen Gesetzes ist eine Stärkung des EU-Binnenmarktes. EU-weit einheitliche Standards  bieten laut Sozialministerium Rechtssicherheit und eröffnen neue Märkte für die Hersteller*innen von Produkten und Anbieter*innen von Dienstleistungen: "Barrierefreiheit von Beginn an statt teurer nachträglicher Umrüstungen fördert auch die Nachhaltigkeit."

In welchen Bereichen das Gesetz gilt

Die gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen gelten laut den Erläuterungen des Ministeriums insbesondere für

  • Bankomaten, Fahrkartenautomaten, Zahlungsterminals
  • PCs, Notebooks, Smartphones, Tablets, Smart-TVs, E-Reader
  • Sprach- und Videotelefonie sowie Online-Messengerdienste
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher:innen (E-Banking, Webseiten von Banken)
  • Webseiten und E-Ticketing von Personenverkehrsdiensten
  • Online-Shops, also E-Commerce und
  • E-Books

Solchen Produkten muss beispielsweise "eine Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformation in deutscher Sprache beiliegen. Alle Kennzeichnungen, die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen müssen klar, verständlich und deutlich sein.". Das dürfte nicht nur älteren Personen und solchen mit Behinderungen zugute kommen, sondern für die gesamte Bevölkerung eine hilfreiche Erleichterung darstellen. 

Sozial- und Wirtschaftsministerium haben unter Einbindung des Österreichischen Behindertenrates und der Wirtschaftskammer auch für die in vielen Fällen nicht betroffenen Kleinstunternehmen Österreichs eine Leitlinie erstellt, in der das Notwendige erklärt wird: "Die Wirtschaftstreibenden erhalten einheitliche Vorgaben, die zu fairen Wettbewerbsbedingungen beitragen", zitiert die Broschüre Sozialministerin Korinna Schumann zum Gesetz: "Menschen mit Behinderungen, insbesondere auch ältere Menschen mit Behinderungen, können ihr Leben mit Selbstbestimmung führen." Wie diese selbst die neuen Regelungen sehen, können Unternehmen übrigens bei einer Fachkonferenz des Behindertenrats im September mit diesen besprechen. Alle Infos, das Programm und die Anmeldung ist auf der Homepage des Behindertenrats, unter dem hier hinterlegten Link, zu finden. 

Download der Leitlinien zur Umsetzung des Gesetzes im Unternehmen mit Beispiel