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Gabriela Sonnleitner, magdas HOTEL

"Blumen sind an jedem Weg zu finden, doch nicht jeder weiß den Kranz zu binden.“ Dieser Spruch passt gut zu mir. Denn man kann auch aus Unkraut einen wunderschönen Strauß machen. Wir können aus den schwierigen Situationen etwas Gutes machen wenn wir wollen." Gabriela Sonnleitner.

Gabriela Sonnleitner
Gabriela Sonnleitner Foto:Peter Barci

Du bist 2015 von BUSINESSART zur Nachhaltigen Gestalterin gewählt worden. Wie war das damals für Dich?

Gabriela Sonnleitner: das war ehrenvoll weil es eine besondere Auszeichnung ist, unter so vielen tollen Unternehmen zu sein, die sich wahnsinnig anstrengen. Wir hatten vielleicht einen Startvorteil weil wir mit viel frischer Energie und ungewöhnlichen Ideen gekommen sind, die wir auch heute noch immer verfolgen. Ja, wir haben uns wahnsinnig gefreut.

Euer Konzept war, ein Hotel mit und für geflüchtete Menschen zu führen. Ist das gelungen?

Es funktioniert. Das Grundkonzept ist richtig, wir haben natürlich immer wieder ein paar Schrauben weitergedreht. 2017 haben wir einen großen Schwenk in Richtung Lehrlingsausbildung gemacht. Wir sind draufgekommen, dass wir vor allem im Hotel mit jungen Leuten besonders gut arbeiten können. Gerade die jungen Menschen verdienen eine Chance und sie können relativ rasch integriert werden. Mit Hilfe einer Förderung des Wirtschaftsministeriums – ein Call für Integration – konnten wir die notwendigen Human Resources-Investitionen tätigen, vor allem die notwendigen Trainings durchführen. Heute beschäftigen wir 13 Lehrlinge und insgesamt etwas über 30 Personen.

Wo seid ihr an eure Grenzen gestoßen?

Das kam oft vor, auch weil wir ein Social Business sind. Wir haben immer wieder daran gearbeitet, für wen sind wir da und für wen nicht, was können wir und was nicht? Wenn jemand ein Trauma hat und das ausbricht oder noch nicht frei ist für den Arbeitsmarkt sind wir überfordert. Wir haben Sozialarbeiter*innen, können aber keine psychologische Betreuung bieten. Unsere Profis und Ausbildner*innen kommen aus der Gastrobranche.

Was habt ihr daraus gelernt?

Wir schauen jetzt viel genauer wie stabil, wie stressresistent jemand ist, wie gut die Anfangsphase gemeistert wird. Wir sind mit einigen Menschen gescheitert, manchmal haben wir uns zu lange bemüht. Heute können wir die kritischen Punkte definieren: das Recruiting, Einarbeitungsphase, wichtig ist, die Schwierigkeiten klar anzusprechen und der Kommunikation einen hohen Stellenwert geben. Viele unserer Kunden verstehen die Sprache nicht gut genug, in anderen Kulturen werden viele Punkte anders aufgenommen. Gesagt ist nicht verstanden. Man muss immer fragen, was angekommen ist.

Was war für euren Erfolg besonders wichtig?

Die interkulturellen Workshops. Das war vielfach auch sehr lustig, hat aber gleichzeitig aufgezeigt, wie schnell sich die Emotionen ändern. Wenn man bei uns jemand fragt „wie geht es Dir“, sagt der andere meistens „ja, gut.“ Das ist ein Einstieg ins Gespräch, aber nicht mehr. In anderen Kulturen ist das eine Einladung, das ganze Leben zu erzählen. Wenn das dann unterbrochen wird, ist der Kollege oder die Kollegin verletzt. So etwas gibt es oft. Es braucht ein bisschen ein Gespür.

Das Konzept von magdas HOTEL ist auch international gefragt. Hat sich daraus schon mehr entwickelt?

Wir haben ungezählte Einladungen bekommen und Gespräche geführt. Aber offensichtlich ist es ein großer Schritt zwischen „interessiert“ und „ich habe das richtige Haus, Investoren und eine Organisation, die dahinter steht“. Bisher ist noch kein Projekt in die Endphase gekommen. Auch wir sind erst jetzt reif für die ersten echten Partner. Wir werden kommendes Jahr offensiv rausgehen und unser Konzept anbieten. Denn es ist auch unsere Vision, dass wir unser Knowhow weitergeben und so die Wirkung multiplizieren.

Wie siehst Du die gesellschaftliche Entwicklung? Vor welchen sozialen Herausforderungen stehen wir?

Erstens: Unsere Gesellschaft ist eine Leistungsgesellschaft und das wird immer stärker. Da fallen Leute durch den Rost, die in diesem System nicht funktionieren. Wenn wir sie und ihre Potentiale – denn sie haben Potentiale – nicht verlieren wollen müssen wir darauf schauen. Das sollte und könnte auch die Wirtschaft tun – auch das ist CSR.

Zweitens: Es gibt mehr Gegeneinander als Miteinander: Wie kann man den Menschen die Sorge nehmen, dass es ihnen schlechter geht und dass sie die darunter noch weiter drücken und ausgrenzen? Das ist eine Aufgabe der Politik. Ausgrenzung ist immer der leichtere Weg. Er bringt uns aber keinen Schritt weiter.

Wie schafft ihr den Spagat zwischen wirtschaftlich funktionieren und sozialer Verantwortung?

Wir schauen, dass wir bei den Lehrlingen ein, zwei sehr gute haben, einige mittelmäßige und einen Schwächeren. Das muss man budgetieren und das könnte und sollte sich in jedem unserer Unternehmen ausgehen.

Wir haben nicht 100% leistungsfähige Menschen. Wir sind sehr bunt geschaffen. Manche Leute haben nicht alle Qualifikationen – dann schaffe ich einen passenden Arbeitsplatz für sie. Man kann den Arbeitsplatz am Menschen anpassen und nicht umgekehrt.

Was können wir persönlich tun, damit das Zusammenleben besser gelingt?

Dem Großteil von uns geht es sehr gut. Wir sollten damit beginnen dankbar zu sein, für das was wir haben. Für uns ist alles selbstverständlich. Ich habe längere Zeit in Ländern des Südens gelebt und gesehen wie dort die Menschen leben. Wir müssen uns bewusst machen, wie gut es uns geht, auch die Jugendlichen. Wir müssen uns fragen, was brauche ich und was brauche ich vielleicht nicht mehr.

Siehst Du Auswirkungen des Klimawandels auf soziale Fragen? Auf sozial Schwächere?

Das ist die dritte große gesellschaftliche Herausforderung. Es sagt einem schon der Hausverstand, dass Menschen in volatilen Gesellschaften wie in Afrika, die überwiegend von der Landwirtschaft leben, in ihrer Existenz bedroht sind. Bei uns ist das noch nicht so dramatisch. Wir müssen bei uns selbst anfangen etwas zu ändern und gleichzeitig die Rahmenbedingungen schaffen um den Worst-Case vermeiden.

Was sagst Du zu den jungen Menschen von Friday for future?

Gott sei Dank sind die jungen Leute zornig. Sie haben Recht, weil die Politik sehr langsam ist und sie die Konsequenzen tragen werden müssen. Ich persönlich unterstütze meine Tochter in dem was sie tut. Ich höre zu und versuche das meine umzusetzen. Wir sind die, die an den Schalthebeln der Macht sitzen. Wir können das umstellen - auch wenn es manchmal weh tut. Wenn ich an Greta denke – es tut mir weh wie man mit ihr umgeht. Ich schäme mich für Menschen meiner Generation, die sie so abwerten. Ich sehe in unserer Generation so viele schwerfällige Menschen, und die meinen, dass es vielleicht doch nicht so extrem kommt. Wenn ja ist es auch gut. Aber wenn wir uns jetzt verändern wird es uns auf keinen Fall schaden. Wir müssen die Dinge anders denken, wir müssen verzichten, weniger haben, aufhören, so saturiert zu sein. Natürlich gibt es auch bei den jungen Menschen welche, die demonstrieren gehen, aber sich nicht ändern. Sie sind auch keine Heiligen, und schließlich haben sie auch von uns gelernt.

Was müssen wir lernen?

Wir müssen uns immer wieder hinterfragen, in einer großen Offenheit, denn alles verändert sich. Wir müssen uns fragen, welchen Weg es gibt, welcher besser ist. Wir sind nicht perfekt, wir machen Fehler. Aber wir müssen uns bemühen. Es geht um viel. Wir müssen schauen, dass es uns allen gut geht.

Was ist der Satz deines Lebens?

Da gibt es viele. Aber jetzt gerade fällt mir der Spruch meiner Volksschullehrerin ein, den sie mir ins Stammbuch geschrieben hat: „Blumen sind an jedem Weg zu finden, doch nicht jeder weiß den Kranz zu binden.“ Das passt gut zu mir. Denn man kann auch aus Unkraut einen wunderschönen Strauß machen. Wir können aus den schwierigen Situationen etwas Gutes machen wenn wir wollen.

Mag. Gabriela Sonnleitner, Geschäftsführung
magdas HOTEL
Gegründet: 2015
Sitz: Wien
Anzahl der Mitarbeiter*innen: 35
www.magdas-hotel.at