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Klimarat:
93 Empfehlungen an die Politik

Ein Mini-Österreich, sechs Wochenenden, ein Ziel: Klimaneutralität bis 2040. Der Klimarat präsentierte seine Empfehlungen an die Politik.

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Vertreter*innen des Klimarates präsentierten die Ergebnisse Foto: Hörmandinger

Was müssen wir heute tun, um morgen in einer klimagesunden Zukunft zu leben?


Der erste Klimarat der Bürgerinnen und Bürger Österreichs präsentierte am 4. Juli 2022 das Ergebnis seiner Arbeit. Im Rahmen einer Pressekonferenz legten vier Bürgerinnen und Bürger stellvertretend für den gesamten Klimarat einen 97-seitigen Bericht mit insgesamt 93 Empfehlungen an die Bundes- und Landespolitik vor.
In diesem Bericht hat der Klimarat den Weg zur Klimaneutralität bis 2040 formuliert. Die empfohlenen Maßnahmen betreffen die Bereiche Energie, Ernährung & Landnutzung, Mobilität, Wohnen sowie Produktion & Konsum, aber auch allgemeine, politische Empfehlungen wie ein Grundrecht auf Klimaschutz.

Ein Klimarat aus Bürgerinnen und Bürgern war eine Forderung des Klimavolksbegehrens, das im Jahr 2020 knapp 400.000 Menschen unterschrieben haben. Daher hat der Nationalrat per Entschließungsantrag im März 2021 die Bundesregierung ersucht, einen Klimarat einzusetzen. Von Jänner bis Juni 2022 haben Bürger:innen aus ganz Österreich an sechs Wochenenden die Klimazukunft des Landes aktiv mitgestaltet. Die Statistik Austria hat sie mittels Zufallsstichprobe ausgewählt. Die Bürger:innen bilden die österreichische Gesellschaft bezüglich der Merkmale Wohnort, Alter, Geschlecht, Bildung und Einkommen ab – eine Art „Mini-Österreich“.

Klimaschutz vom Neusiedlersee bis zum Bodensee

Maturantin Julia Riffelsberger (18) aus Wels in Oberösterreich schildert den teils anstrengenden Weg zu den gemeinsamen Ergebnissen: „Die Zusammenarbeit war extrem respektvoll. Moderator:innen
haben darauf geachtet, dass alle zu Wort kommen. Natürlich ist man mit Menschen zusammengetroffen, die gegensätzliche Meinungen hatten. Wir haben aber schnell gelernt, mit verschiedenen Ansichten umzugehen und konnten uns letztlich gut auf die Empfehlungen einigen.“
Riffelsberger und die anderen Teilnehmer:innen repräsentieren Österreich in seiner Vielfalt: Sie sind Landwirte und Landwirtinnen, Unternehmer und Unternehmerinnen, Arbeiter und Arbeiterinnen ebenso wie Angestellte, Polizisten und Polizistinnen, Schüler und Schülerinnen und viele mehr. Sie kommen aus ganz Österreich, vom Neusiedlersee bis zum Bodensee. Sie sind sehr unterschiedlich doch am Ende konnten sie sich auf einen Weg zu Österreichs Klimaneutralität einigen.

  • Die Empfehlungen im Bereich Energie reichen von einer effektiven CO2-Bepreisung bis zur Abschaffung der Subventionen für fossile Energie.
  • Im Bereich Konsum und Produktion werden etwa das Verbot von Vernichtung von Neuwaren vor allem im Onlinehandel genannt, aber auch günstigere Kreditbedingungen für klimawirksame Projekte.
  • Im Handlungsfeld Ernährung und Landnutzung empfiehlt der Klimarat unter anderem eine klimafreundliche und wertschätzende Preisgestaltung bei Lebensmitteln einzuführen, oder ein Wegwerf-Verbot für noch genießbare Lebensmittel.
  • Beim Thema Wohnen wurden mehrere Vorschläge erarbeitet, um die Bodenversiegelung zu stoppen. Beispielsweise eine sofortige Sanierungsoffensive oder die Raumordnungskompetenzen auf Landesebene zu verlegen; ebenso eine Leerstandsabgabe.
  • Im Bereich Mobilität soll sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich der öffentliche Verkehr forciert werden. Die Neuzulassung von Verbrennungsmotoren soll 2027 beendet werden.

Hier geht es zu den (stark gekürzten) 93 Empfehlungen des Klimarats.

Wissenschaftliche Bewertung

15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Prozess begleitet und den Bürger:innen ihr Wissen zu Verfügung gestellt. Dieser wissenschaftliche Beirat hat die Empfehlungen einer Bewertung unterzogen. In der Stellungnahme heißt es: „Die Bürger:innen des Klimarats schlagen weitreichende Schritte vor, um das von Österreich angepeilte Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Sie erteilen der österreichischen Bundesregierung, dem Parlament sowie den Landesregierungen einen klaren Handlungsauftrag für sofortige und ambitionierte Klimapolitik.“
Und weiter: „Die Tiefe, Breite und Sorgfalt des Diskussionsprozesses und der Entscheidungsfindung legitimiert das Ergebnis des Klimarats. Neben den fast 100 konkreten Empfehlungen schlagen die Bürger:innen allgemeine Prinzipien für klimapolitisches Handeln vor. Diese Prinzipien können den sozial verträglichen Übergang zur Klimaneutralität sicherstellen und als Evaluationskriterien für zukünftige Klimapolitik herangezogen werden.“

Der vollständige Bericht der Klimarats der Bürgerinnen und Bürger ist ab sofort unter https://klimarat.org/ abrufbar.

Politik am Zug

Darüber hinaus hat der Klimarat seine Empfehlungen persönlich an Vertreter:innen der Bundesregierung, dem Parlament und schließlich dem Bundespräsidenten übergeben. Mitte Juli erfolgt eine Präsentation im Nationalen Klimaschutzkomitee (NKK).
Pensionist Walter Hutterer (73) aus Engelhartstetten in Niederösterreich erwartet sich jetzt: „Wenn man sich ansieht, was alles auf uns zukommen wird, läuft es einem kalt über den Rücken. Die jüngsten Ereignisse in Kärnten sprechen für sich. Lösungen liegen seit 40 Jahren auf dem Tisch, und wir müssen es nur tun. Das ist auch meine Bitte an die Politik. Wir müssen uns die Hände reichen und in Form eines nationalen Schulterschlusses beginnen zu handeln. Ich bin überzeugt: Wenn wir auch nur 40 Prozent der Vorschläge umsetzen können, kommen wir unseren Klimazielen ein großes Stück näher.“
 

Mehr über den Klimarat:

Die gesamte Dokumentation aller Wochenenden sowie der Endbericht finden Sie hier: https://klimarat.org/

Ein Film zeigt wie der erste bundesweite Beteiligungsprozess in Österreich umgesetzt wurde: https://www.youtube.com/watch?v=naYT0v5tWVI.