„Kreislaufwirtschaft ist kein kurzfristiger Trend“
Stefan Rusch, Geschäftsführer bei Rhomberg Bau, erklärt im BUSINESSART-Interview, wie es zur Bodenaushub-Waschmaschine kam.
BUSINESSART: Was war der Auslöser dafür, dass Sie sich für „Bodenaushub“-Waschmaschine ins Zeug legten?
Die Aufbereitung, das Recycling und die Wiederverwendung von Rohstoffen ist unser Ding. Aufgrund des gesammelten technischen Know-hows und der Marktsituation war der Zeitpunkt gekommen, konsequent den nächsten Schritt zu gehen und unsere Kapazitäten und Möglichkeiten massiv zu erweitern. Aufgrund der Tatsache, dass es in einem dicht besiedelten Ballungsraum wie dem Vorarlberger Rheintal immer schwieriger wird, Genehmigungen für den Abbau von mineralischen Rohstoffen und Bodenaushub-Deponien zu erlangen, war dies ein logischer Schluss und wir konnten sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Was war das größte Problem dabei? Was musste dafür wissenschaftlich erforscht werden? Und wie konnten Sie das Problem letztlich lösen?
Neben den komplexen anlagen- und maschinenbautechnischen Anforderungen, die die zahlreichen ineinandergreifenden Aufbereitungsschritte und die digitale Einbindung, Steuerung und Überwachung der Anlage beinhalteten, war vor allem die Prozesswasser-Aufbereitung herausfordernd. Das Aufgabematerial (Bodenaushub) ist anders als in einer klassischen Kiesgrube oder einem Steinbruch sehr heterogen, da es von verschiedensten Baustellen und Regionen stammt. Die Geologie und die Voraussetzungen ändern sich daher laufend. Wie verhalten sich bspw. unterschiedliche Organik-, Schlamm- oder Sandanteile? Wie geht man mit erhöhten Störstoff-Anteilen um, z. B. Ziegel-, Beton- oder Asphaltrückstände? Das alles hat Folgen für die Aufbereitung, die teilweise erst im „Gehen“ erfahren und erforscht werden konnten. Das Feintuning der Anlage hat daher über zwei Jahre gedauert und wurde von zahlreichen Experten begleitet.
Was war notwendig, damit das Projekt auch wirtschaftlich umgesetzt werden konnte?
Neben einem professionellen Projektmanagement ist und war ein wesentlicher Faktor, dass Deponieflächen für Bodenaushübe insbesondere im Rheintal sehr knapp sind, was die Transportdistanzen und Kosten in den vergangenen Jahren stark erhöhte. Sinnvollerweise sollten aber jene Fraktionen, die aufbereitbar sind, dem Markt wieder zur Verfügung gestellt werden, anstatt sie für immer zu verlieren. Zudem sahen wir große Synergien innerhalb der Rhomberg Gruppe, wenn man für die Rohstoffversorgung tragfähige interne Lösungen bereitstellen kann. Wettbewerbsfähige Preise für Beton- oder Asphalt-Zuschlagstoffe bzw. Tiefbau-Materialien sind ganz zentrale Faktoren. Das alles schafft Wertschöpfung und entspricht auch dem tief in der Rhomberg-DNA verankerten Kreislaufwirtschafts-Gedanken.
Was hat Sie ermutigt, dranzubleiben?
Wir wussten stets, dass die Entscheidung die richtige ist, auch wenn die überlagernde Marktsituation am Bau aktuell etwas angespannt ist. Wir sehen, dass das Angebot angenommen wird. Bereits in der zweiten Produktions-Saison konnte die behördlich genehmigte Durchsatzmenge beinahe erreicht werden.
Warum braucht es mehr solche Projekte?
Recycling und Kreislaufwirtschaft sind keine kurzfristigen Trends. Die Rohstoffknappheit und die immer komplexer und zunehmend politisch werdenden Genehmigungsverfahren zeigen, dass nachhaltige Alternativen großes Potenzial haben. Mit der neuen Anlage können wir unsere Stoffströme und die dahinterstehende Logistik stark optimieren, Leerfahrten vermeiden und so einen Mehrwert für den gesamten Markt bieten. Auch besteht die Möglichkeit, die Anlage zu erweitern, um auch andere Fraktionen in Zukunft noch besser zu recyceln (z. B. Gleisschotter, Bauschutt, belastete Aushübe etc.). Alles Themen, denen wir uns nun schrittweise nähern können, da die Grundlagen geschaffen sind.
Gibt es einen Leitsatz in Ihrem Leben?
Ja, den gibt es. Zwei sogar, und beide passen hervorragend zu unserem Projekt der Nassaufbereitungsanlage: „Wenn du es nicht probierst, wirst du nie wissen, ob es funktioniert.“
Und: „Geht nicht, gibt’s nicht!“
Begründung für die Auszeichnung:
Mit einer "Waschmaschine" vom Abfall zum Rohstoff: Rund 60 % des gesamten Abfalls in Österreich wird durch Bodenaushub verursacht. Das wird die Rhomberg Bau GmbH nun ändern: Mit der neuen Recyclinganlage für Bodenaushubmaterial kann auch Aushub wieder nutzbar gemacht werden, dessen verschlämmter, also mit Schlamm versetzter Anteil, bei bis zu 50 Prozent liegt. Bislang waren es lediglich 15 bis 20 %. Zudem werden Transportkilometer, CO2 und Wasser eingespart. Ein großer Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft.
Der Nachhaltige Gestalter
Stefan Rusch, Geschäftsführer
Rhomberg Bau GmbH
Branche: Bau
Zentrale in Bregenz, Standorte in Österreich, der Schweiz und Deutschland
ca. 970 Mitarbeitende