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Martin Wesian, Gründer HELIOZ

Schon lange weiß man, dass Wasser mithilfe der UV-Strahlen desinfiziert werden kann. Nur – wann sind die Keime soweit abgetötet, dass das Wasser trinkbar ist?

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Foto: helioz helioz

Dafür hat Martin Wesian ein ganz einfaches Gerät, das Wadi, entwickelt. Es wird auf eine Wasserflasche geschraubt und in die Sonne gestellt. Dann errechnet es wie lange es dauert, bis das Wasser zu 99,99 % keimfrei ist und zeigt das mit einem Smiley an.


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1995 erkrankte Martin Wesian an Cholera, in Venezuela, wo er damals lebte. Er verlor unzählige Kilos, für ihn als jungen, gesunden Mann war das vergleichsweise unproblematisch. Betroffen machte ihn aber die Ungleichbehandlung der Menschen vor Ort. Er genoss – im Gegensatz zu seinen einheimischen Freunden – beste ärztliche Versorgung, weil er ein Weißer war.

Jahre später – wieder zurück in Österreich und auf der Suche nach einer Masterarbeit für sein Studium – las er zufällig über die Methode der ETH Zürich zur Wasser-Desinfektion. Wesian schwebte ein ganz einfacher Indikator vor, mit dem die Menschen erkennen sollten, wann das Wasser trinkbar ist. Die ETH war interessiert und der Schweizer Martin Wegelin von Sodis brachte Erfahrungen mit der UV-Desinfektion in ganz normalen PET-Flaschen ein. Ergebnis der Masterarbeit war das Wadi – ein einfaches Gerät, das anzeigt, wann das Wasser trinkbar ist. Parallel zur Arbeit schrieb Wesian einen Businessplan und erhielt eine Förderung vom FFG (Österr. Forschungsförderungsgesellschaft) zum Bau des Gerätes. „Forschung wird in Österreich wirklich gut gefördert“, meint Wesian. „Sonst wäre meine Entwicklung nicht möglich gewesen.“

Trotzdem war der Weg von der Entwicklung bis zum funktionierenden Unternehmen ein langer und steiniger. Ein Investor, der die Produktion möglich gemacht hätte, stieg in letzter Sekunde wieder aus. Wesian musste sein Unternehmen 2012 für beinahe ein Jahr wieder schließen. Aber er blieb dran. Das Wadi wird in Österreich produziert, vertrieben und implementiert wird es aber von lokalen Initiativen in Uganda, Kenia, Äthiopien, Bangladesch, Indien und Pakistan. Wesian: „Damit die Menschen das Gerät nützen braucht es Menschen, die sie und ihre Kultur kennen.“

Auch die Kosten sind für viele Menschen noch zu hoch. Ein Wadi kostet zwar nur 15,- Euro, dazu kommen noch die Transport- und in manchen Fällen die Zollkosten. Das können sich viele Menschen einfach nicht leisten.

Besonders wichtig ist für Wesian daher die Kooperation mit großen Partnern wie beispielsweise der Handelskette Hofer. Sie setzt auf CO2 Reduktion und zwar dort, wo ihre MitarbeiterInnen tätig sind. Zum Beispiel in Bangladesh, wo viele Textilien für Hofer hergestellt werden. Der Konzern kauft Wadis für Fabriken und Familien. Nicht nur, dass die Menschen nun durch sauberes Wasser seltener krank werden, sie sparen pro Wadi zwischen einer und drei Tonnen CO2 pro Jahr, weil das Wasser nicht abgekocht werden muss. Das trägt auch zur Schonung der natürlichen Ressourcen bei, weil Brennmaterial vielfach rar ist.

BUSINESSART: Wie haben Sie 2013 den Neustart geschafft?

Martin Wesian, MSc: Ich hab damals einfach nicht eingesehen, dass es zu Ende ist. Die Forschung war abgeschlossen, das Produkt fertig, mein Sohn ist auf die Welt gekommen. Ich bin einfach auf viele Events gegangen und habe das Wadi präsentiert. Schließlich habe ich mit AC&Friends einen guten Partner gefunden. Sie sind in die Firma eingestiegen und haben so den Neustart ermöglicht.

Wie oft mussten Sie das Konzept verändern, weil sich der Weg anders als erwartet, gestaltet hat?

Sehr oft. Das Technische natürlich, das haben wir weiterentwickelt – das wird oft betrachtet. Viel wichtiger war aber die Implementierung: Wie kommt das Wadi zu den Menschen? Wie schaffen wir, dass es kontinuierlich eingesetzt wird? Wie erklären wir es den Menschen am besten? Da haben wir viel Knowhow entwickelt und gehen heute nach drei Punkten vor:

Wir erklären, wie das Wadi am besten zu verwenden ist. Keiner mag lauwarmes Wasser trinken. Wenn du aber das Wasser heute desinfizierst und über Nacht liegen lässt – dann hast du am Morgen kaltes Wasser zum Trinken. Dieser Teil ist der schwierigste.
Mit dem Wadi kann man Geld verdienen, indem ich sauberes Wasser verkaufe. Das sehen täglich mehr Menschen. Ein Versuch in Kenia hat gezeigt, dass bis zu 50 Wadis am Tag verkauft werden können.
Wir erklären die wichtigsten Grundlagen der Hygiene, zum Bespiel Händewaschen nach dem Klobesuch.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Man kann nie so genau sagen wie es weitergeht (lacht).

Wir wollen das Wadi günstiger machen. Wir suchen weitere Kooperationen mit Unternehmen und wollen die Aktivitäten vor Ort stärken. Wir haben ein Forschungsprojekt mit 17 Universitäten um vollautomatische große Desinfektionseinheiten (Large Scale) für Schulen und größere Gebäude zu entwickeln, die durch die Sonne gereinigt werden und keine andere Energie brauchen.

Worauf sind Sie stolz?

Das persönlich Schönste ist, dass ich Vater geworden bin.

Zum Wadi: Ich habe immer versprochen, dass Menschen, die das Wadi verwenden, nicht nur sauberes Wasser haben, sondern auch weniger CO2 verbrauchen, gesünder sind, und die Kinder daher häufiger in die Schule gehen werden. Eine aktuelle Untersuchung der NGOs Accord Afrika und Plan International bestätigt das: Krankheiten wurden um 80 % reduziert, der Schulbesuch nahm um 40 % zu und den Menschen bleibt mehr Geld übrig.

Was sind die wichtigsten Schritte damit Entwicklungsländer vorankommen?

Die Diskrepanz, wie Entwicklungsländer in Österreich wahrgenommen werden und wie es tatsächlich ist, ist enorm. Ich nehme die Entwicklung in Afrika sehr positiv wahr. Das Wasserministerium in Uganda ist zum Beispiel unser Testimonial. Viele im Ausland bestens ausgebildete AfrikanerInnen gehen zurück in ihr Land und wollen etwas bewirken. Ich erlebe eine große Aufbruchsstimmung und den Wunsch, sich selbst zu entwickeln und nicht von Geldgebern und Einflüsterern abhängig zu machen. Man sieht zum Beispiel in Ghana, dass die Entwicklung umso besser ist, je selbstständiger die Länder agieren.

Kommendes Jahr hat Österreich die EU-Präsidentschaft über. Was soll sie unbedingt bewirken?

Die äußerst unfairen Handels- und Zollbedingungen ändern und eine Beziehung leben, die weniger von Arroganz geprägt ist. Ich bin zwar kein Fan der klassischen Entwicklungshilfe. Trotzdem sollten wir das Budget von den sehr peinlichen 0,2 % auf die versprochenen, 0,7 % erhöhen. Das Budget sollte für Innovationen verwendet werden die in Afrika sehr relevant sein können und unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ stehen.

HELIOZ GmbH, Wien

  • Gegründet: 2010
  • Branche: Umwelttechnologie
  • MitarbeiterInnen: 8

Foto: Helioz