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Mathieu Lebranchu, Green Roofs - Plantika GmbH

mit Philipp Lebranchu, Theresa Matzinger, Sophie Kaltner und Denis Lebranchu.

Natur am Dach.

v.l.n.r.: Mathieu Lebranchu, Theresa Matzinger und Sophie Kaltner. Foto: Green Roofs - Plantika GmbH

Grünflächen am Dach reduzieren Hitze und Staub in der Stadt und speichern Regenwasser. Plantika hat ein Modulsystem entwickelt, das sogar auf Blech- und Ziegeldächern angewendet werden kann. Dadurch kann der Anwendungsbereich von Dachbegrünung extrem gesteigert werden.

BUSINESSART: Was war das Schlüsselerlebnis dafür, dass Sie sich mit Dachbegrünungen beschäftigt haben?

Mathieu Lebranchu: Corona und der Lockdown. Beruflich habe ich in der Luftfahrt gearbeitet, diese Branche hat besonders unter den Maßnahmen gelitten. Die freigewordene Zeit habe ich für die Gründung von Plantika genutzt.

Was war die größte Herausforderung?

Herausforderungen gibt es in den verschiedensten Bereichen. Einerseits kann man sich nicht von Anfang an Vollzeit nur dem Startup widmen. Alle Gründungsmitglieder waren und sind neben Plantika noch anderweitig berufstätig, daher ist Zeit und Zeitmanagement eine große Herausforderung. Dann gibt es im Anwendungsbereich von Plantika sehr viel Bürokratie und Rechtliches zu beachten, jedoch haben wir keinen Juristen im Team. Daher kommen wir in diesen Punkten nur sehr langsam voran. Zudem macht sich die derzeitige wirtschaftliche Situation stark bemerkbar. Lieferketten sind instabil und nicht sehr verlässlich, die Preise steigen extrem.

Wie haben Sie das alles bewältigt?

Es bedarf einer guten Kommunikation im Team und einer starken Motivation „Extra-Arbeit“ zu stemmen. Wir streben in unseren derzeitigen Jobs eine Teilzeitanstellung an, um mehr Zeit in Plantika investieren zu können. Natürlich ist das Ziel, uns bald voll und ganz nur für Plantika committen zu können und dies zu unserem Vollzeitjob zu machen. In den rechtlichen Dingen sind wir im regen Austausch mit Kolleg*innen und Partner*innen. Mittlerweile haben wir uns schon ein recht großes Netzwerk aufgebaut, wo wir uns jederzeit Feedback und Ratschläge einholen können. Durch unsere Teilnahme an verschiedenen Accelerator Programmen steht uns ein großer Pool von Berater*innen zur Verfügung. Darüber sind wir sehr dankbar. Aufgrund der Probleme mit Lieferketten und Preisen haben wir unsern Entwicklungsplan vorverlegt und versuchen, eine Alternative für das Aluminium zu finden.

Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis?

Das erste Demoprojekt das wir hier in Wien umsetzen durften und das große Interesse eines ‚Early Adopters‘, mit dem wir in Zukunft kooperieren werden. Weiters freut es uns immer wieder von so vielen Seiten Interesse und Zuspruch zu erfahren.

Wie funktioniert Ihr Modulsystem konkret?

Im Prinzip kann man sich unser Dachbegrünungssystem wie eine Solaranlage am Dach vorstellen, nur das statt Solarmodule halt Pflanzenmodule montiert werden. Unser Ziel war es, mit einer möglichst einfachen Methode den Anwendungsbereich von Dachbegrünung stark zu erweitern.

Ist das System so leicht, dass es auch auf einem Blech-/Ziegeldach anwendbar ist?

Nein, leicht ist es leider nicht. Wir arbeiten mit einem Ingenieursbüro an allgemeinen Lösungsansätzen. Jedoch muss derzeit jedes Projekt statisch begutachtet werden.

Ist eine spezielle Bewässerung erforderlich?

Grundsätzlich nicht, da die verwendeten Pflanzen sehr witterungsbeständig sind und auch längere Trockenperioden überleben können. Um das Dachgrün dennoch in einem immergrünen Zustand zu halten, arbeiten wir an einem passiven, wartungsarmen Konzept der Bewässerung. Denn das Wetter wird immer extremer und vor allem im Wiener Raum, also östlich der Alpen, kommt im Sommer nur sehr wenig Regen.

Was ist an Wartung bzw. Pflege erforderlich?

Jede Dachbegrünung sollte einmal im Jahr gewartet und begutachtet werden, so auch bei unserem System. Im Zuge dieser Wartung wird auch eine Langzeitdüngung veranlasst.

Was sind die ökologischen Vorteile von begrünten Dächern?

Die steigenden Temperaturen und der urbane Hitzestau haben negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit der Stadtbewohner*innen. In der Stadt ist es um bis zu zwölf Grad Celsius wärmer als in der umliegenden Natur. Mit der Folge, dass vermehrt Klimaanlagen laufen und der Energieverbrauch weiter zunimmt. Die Vegetationsfläche auf dem Dach dient als Hitzeschild. Durch die natürliche Wasserverdunstung der Pflanzen kann die Umgebungstemperatur um bis zu 1,5 Grad Celsius gesenkt werden. Eine niedrigere Umgebungstemperatur steigert wiederum die Effizienz von Klimaanlagen.

Zudem können die Module bis zu 50 Liter Regenwasser pro Quadratmeter aufnehmen, was die städtische Kanalisation entlastet und das Risiko von Überschwemmungen verringert. Grünflächen bieten einen Lebensraum für die Tier- und Insektenwelt, was die Biodiversität fördert und dem Artensterben entgegenwirkt. Darüber hinaus filtern die Pflanzen Feinstaubpartikel und säubern so die Luft in der Stadt. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich Grünflächen positiv auf Gesundheit auswirken. Und nicht zuletzt ist es ein Beitrag zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung für Nachhaltigkeit und Umweltschutz.

An wen richtet sich Ihr Angebot in erster Linie (Wohnbauträger, Unternehmen, Private?

Das wichtigste Kundensegment sind Generalunternehmen, Bauträger und Architekten. Wir richten unser Angebot aber auch an Städte und Gemeinden und alle privaten Haus- und Wohnungseigentümer, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

Wie verträgt sich Ihr Angebot mit dem Denkmalschutz?

Dieser Punkt muss noch mit den entsprechenden Behörden geklärt werden. Jedoch gibt es erste Hinweise, dass unser Dachbegrünungssystem auch auf denkmalgeschützten Gebäuden montiert werden dann, da es sich um ein modulares System handelt und der ursprüngliche Zustand jederzeit hergestellt werden kann.

Sind Sie damit in Konkurrenz zu Dachflächen für die Energienutzung?

Im Gegenteil. Eine Kombination von Dachbegrünung mit Solaranlagen steigert sogar deren Effizienz. Man kann daher von Synergie anstatt von Konkurrenz sprechen.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Unserem ersten Produkt den letzten Feinschliff zu geben, dadurch die Markreife zu erlangen und uns auf dem Markt zu etablieren.

Was können Sie anderen Gründer*innen aus Ihrer Erfahrung mitgeben?

Dazu möchte ich generell sagen, man sollte seine Zeit mit den Projekten verbringen, die einen begeistern und von dessen Wichtigkeit und Sinnhaftigkeit man überzeugt ist. Dadurch bleibt man authentisch und die Motivation permanent vorhanden.

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Roswitha Reisinger, BUSINESSART, Theresa Matzinger, Plantika, Christian Brandstätter, LEBENSART. Foto: Martina Draper

Green Roofs – Plantika GmbH, Wien

Branche: Bau, Sanierung, Umwelt.

Anzahl der Mitarbeiter*innen: 5

www.plantika.at