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Wohlstand ist auch Erhalt des Naturkapitals

Sabine Kamraner-Köpf, Generalsekretärin, Die Österreichische Hagelversicherung

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Sabine Kamraner-Köpf Foto: Sabine Klimpt

Wie stark ist Ihre Branche wirtschaftlich betroffen?

Als agrarischer Spezialversicherer versichern wir Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen durch Wetterextreme wie Frost, Hagel, Dürre etc. Diese Unwetterschäden wurden auch durch die Corona-Pandemie nicht gestoppt. Im Gegenteil: Die Landwirtschaft wurde auch im heurigen Jahr bereits massiv durch Unwetter geschädigt. Dass Wetterextremereignisse immer mehr werden, ist auf den Klimawandel zurückzuführen. So gesehen bleibt die Hoffnung, dass wir die richtigen Lehren aus Corona ziehen, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass vieles, vorher Unvorstellbares möglich ist.

Wie geht es Ihrem Unternehmen im Vergleich zu anderen in der Branche?

Die Österreichische Hagelversicherung ist ein starker Partner der Landwirtschaft und diese wiederum ein systemrelevanter Sektor innerhalb unserer Volkswirtschaft. Nur die Landwirte produzieren das, was wir täglich zum Leben brauchen, nämlich qualitativ hochwertige Lebensmittel. Wir haben unsere Kunden auch während der letzten Monate in gewohnter Weise begleitet und unterstützt. Denn die Landwirte produzieren unter immer härter werdenden Bedingungen: Zunehmende Wetterextreme und zusätzlich schwindende Agrarflächen erschweren die Produktion. Wir müssen selbst die Voraussetzungen dafür schaffen, um die Bevölkerung im Krisenfall ernähren zu können. Daher gilt es die Ressourcen zu schützen. Wir dürfen eines nicht vergessen: Ohne unsere Lebensgrundlage Boden gibt es keine Lebensmittel. Von Beton kann man nicht abbeißen.

Hat die nachhaltige Positionierung zu einer besseren Position beigetragen oder hat sie die Krise verstärkt?

Wir sind schon seit rund 20 Jahren sehr stark nachhaltig orientiert und haben uns in dieser Zeit als Klimaschutzunternehmen positioniert. So waren wir das erste CO2-neutrale Bürogebäude von Wien, setzen Initiativen gegen den Bodenverbrauch und für heimische Lebensmittel etc. Die Krise hat uns gezeigt: Wir brauchen ein neues Wirtschaftsdenken, das den Wohlstand einer Volkswirtschaft nicht nur an der Kennzahl des Bruttoinlandsprodukts beurteilt, sondern auch am Erhalt unseres Naturkapitals wie Boden, Luft oder Wasser. In die Beurteilung miteinbezogen gehört auch die Messgröße Humankapital - wie geht es den Menschen bei der Weiterentwicklung der Wirtschaft. Dann haben auch unsere zukünftigen Generationen die Chance auf eine lebenswerte Umgebung.

Was muss sich ändern, damit in Ihrer Branche eine derartige Krise besser bewältigt werden kann?

Die aufgrund der Coronakrise geplanten Konjunkturprogramme müssen nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Bekämpfung des Klimawandels nutzen. So sollen Staatshilfen mit Auflagen zur CO2-Reduktion verbunden werden, beispielsweise in der Luftfahrt sowie in energieintensiven Industriebetrieben und Sektoren. Staatliche Investitionen sollten zudem in klimafreundliche Technologien und Verkehrsmöglichkeiten geleitet werden. Als Finanzmanager sage ich aber auch, dass am Kapitalmarkt ein verstärkter Fokus auf nachhaltige Investments gelegt werden muss. Hier hat die Finanzindustrie noch vielmehr Verantwortung wahrzunehmen. Und: Auch der Umgang mit unseren Ressourcen Boden, Luft und Wasser muss uns zu denken geben. Langsam aber stetig bauen wir immer neue Straßen und wertvolle Agrarflächen verschwinden somit täglich unter Asphalt bzw. Beton. Ein Flug Wien – Berlin und retour darf nicht für 38 Euro zu haben sein. Da stimmt etwas im System nicht. So schädigen wir nachhaltig unsere Ressourcen. Da müssen wir alle umdenken.