zum Inhalt springen

ZukunftsMonitor 2020: So denkt Österreich

Im Auftrag der Industriellenvereinigung (IV) erhob das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) die Stimmung in der Bevölkerung zu gesellschaftlichen Entwicklungen, Befindlichkeiten sund Zukunftsfragen.

Man sieht die Füße eines Mannes von oben. Er steht auf einer Straße und Pfeile auf der Straße zeigen in alle Richtungen.
sergeichekman-istock

Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, die Lebenssituation der Menschen im Land und ihre Erwartungen an die Zukunft (besser) zu verstehen.  Das unterstützt Unternehmen bei der Planung der Zukunft – und die Politik bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft. 

Die vorliegenden Ergebnisse aus fünf Dimensionen wurden in drei große Themenfelder geclustert. Somit gibt der ZukunftsMonitor Auskunft über folgende drei Bereiche:

  1. Wohin geht die GESELLSCHAFT?
  2. Wohin geht die WIRTSCHAFT?
  3. Wohin geht die POLITIK? (Veröffentlichung Ende Dezember)

1. Wohin geht die GESELLSCHAFT?

Die wichtigsten Ergebnisse in Kurzform:

Gegenseitiger Respekt und persönliche Freiheit als zentrale Werte. Die beiden höchsten Werte der Österreicherinnen und Österreicher sind ein respektvoller Umgang miteinander und die persönliche Freiheit. Beides ist mehr als 60 Prozent der Befragten äußerst wichtig und etwa 30 Prozent sehr wichtig. Einen hohen Stellenwert haben auch Chancengerechtigkeit & Fairness (87 %), Gleichberechtigung von Frauen (82 %), Offenheit & Toleranz (81 %) und Solidarität (78 %).

Familie und Freunde sind die Grundlage für ein gutes Leben:Das Privatleben ist für die Österreicherinnen und Österreicher von überragender Bedeutung. 71 Prozent stufen die Familie als äußerst wichtig ein, 21 Prozent als sehr wichtig, sieben Prozent als eher wichtig. Freizeit sowie Freundes- & Bekanntenkreis sind ebenso von hoher Relevanz, fallen aber in der Nennung von äußerst wichtig mit 43 bzw. 40 Prozent deutlich hinter die Familie zurück. Jeweils etwa ein Viertel bezeichnete Arbeit und Bildung als äußerst wichtig (23 bzw. 24 %).
Das Eigene (Privatleben, Arbeit, Bildung) spielt im Leben der Menschen in Österreicher eine deutlich größere Rolle als die äußeren Rahmenbedingungen, wie eben „die Wirtschaft“ oder auch die Politik, wobei letzterer eine sehr geringe Bedeutung zugemessen wird. Religion ist in Österreich ein Minderheitenprogramm (geworden).

Ungerechtigkeitsempfinden ist weit verbreitet: Die Österreicherinnen und Österreicher empfinden die Gesellschaft, in der sie leben, mehrheitlich als ungerecht. Für 60 Prozent sind die sozialen Unterschiede zu groß, für 55 Prozent ist die Chancengleichheit nicht ausreichend. Gründe für diese subjektiv empfunden Ungerechtigkeit könnten laut den Studienautoren folgende sein: hohe Vererbung von Bildung und sozialem Status in Österreich, Anteil der Wohnkosten am Einkommen,  Wahrnehmung einer Zwei-Klassen-Medizin im Gesundheitsbereich.

Freiwilligenarbeit und Gemeinwohlorientierung sind stark ausgeprägt: Knapp die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher trägt zum Gemeinwohl bei, indem sie regelmäßig Freiwilligenarbeit leisten, 29 Prozent davon sehr häufig (16 % wöchentlich; 13 % seltener, aber mehrmals pro Monat). In ländlichen Gebieten ist das „Ehrenamt“ deutlich verbreiteter (35 %) als in großen Städten (19 %) oder in Wien (22 %).

Subjektives Wohlbefinden ist hoch: Das Urteil der Österreicherinnen und Österreicher zu ihrer allgemeinen Lebenssituation fällt höchst positiv aus: Nahezu drei Viertel bezeichnen sich selbst als zufrieden, lediglich zehn Prozent als unzufrieden. Ein Blick auf die jeweils positivsten bzw. negativsten Antworten unterstreicht diesen erfreulichen Befund: 20 Prozent sehr Zufriedene treffen auf ein Prozent sehr Unzufriedene. Wer viele Lebensjahre hinter sich gebracht hat (60plus: 83 %, 70plus: 87 %), wer einen sehr hohen sozioökonomischen Status besitzt (86 %) und wer sehr gut verdient (84 %), ist noch weit zufriedener als der Durchschnitt.

Familiäre und soziale Kontakte sowie die Wohnverhältnisse stimmen zufrieden: Besonders gut ist das soziale Wohlbefinden in Österreich: Die familiäre Situation wurde von allen abgefragten Lebenszusammenhängen am besten bewertet: 76 Prozent Zufriedenen stehen zehn Prozent Unzufriedene gegenüber. Ebenfalls positiv wahrgenommen werden die Sozialkontakte (72 %). Von den materiellen Elementen des Wohlbefindens schneiden die Wohnverhältnisse am besten ab (74 % Zufriedene).

2. Wohin geht die Wirtschaft?

Die wichtigsten Ergebnisse in Kurzform:

Polizei und Unternehmen genießen das höchste Vertrauen: Das größte Vertrauen haben die Österreicherinnen und Österreicher in die Polizei, die als einzige Institution von der absoluten Mehrheit der Befragten positiv bewertet wird (56 %). An zweiter Stelle liegen die österreichischen Unternehmen, denen knapp die Hälfte der Befragten ein hohes Vertrauen entgegen bringen (48 %) und denen nur 13 % misstrauisch gegenüber stehen.  Stark beschädigt ist das Image der katholischen Kirche, der gerade einmal 14 Prozent vertrauen, jedoch 56 Prozent misstrauen. 

Die Zufriedenheit mit dem Berufsleben ist hoch: Die Österreicherinnen und Österreicher bewerten ihre Wochenarbeitszeit sowie die Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sehr gut: Jeweils ein Fünftel äußert sich sehr positiv, gute zwei Fünftel eher positiv.  Mit ihrem Einkommen sind 54 Prozent der Menschen zufrieden; der Anteil der ausdrücklich Unzufriedenen liegt bei 17 Prozent. Je älter die Befragten sind, desto zufriedener sind sie mit Arbeitszeit, Vereinbarkeit und Einkommen. 

Globalisierung ist kein Schreckgespenst in Österreich: 61 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben das Gefühl, von Globalisierung insofern zu profitieren, als ihre persönlichen Konsummöglichkeiten größer geworden sind . Ebenfalls ist die Mehrheit davon überzeugt, dass die Globalisierung die Chancen der österreichischen Unternehmen verbessere (54 %). Globalisierung wird aber nicht nur positiv gesehen: Eine relative Mehrheit von 44 Prozent meint, dass sie die Gefahr von Kriegen in der Welt erhöhen würde.

Digitalisierung wird positiv wahrgenommen, macht aber viele unentschlossen: Trotz der vielen Fragezeichen, die das Themenfeld Digitalisierung zu hinterlassen scheint (35 Prozent der erwerbstätigen Befragten positionieren sich in der Mitte), fällt das Urteil der Österreicherinnen und Österreicher durchaus differenziert aus. Sie schätzen die Folgen auf ihr Arbeitsleben deutlich positiver (46 %) ein als jene auf Freizeit (38 %) und vor allem Familienleben (29 %).Dazu passt, dass sich eine überraschend deutliche Mehrheit (71 %) keine Sorgen darüber macht, in Zukunft an ihrem Arbeitsplatz von Maschinen ersetzt zu werden.
Sich zu informieren und seine Meinung zu äußern, werde in Zukunft einfacher werden, erklärten 60 Prozent der Befragten. Diese positive Einschätzung kann sowohl für das Berufs- als auch für das Privatleben relevant sein, genauso wie die Frage, ob Erledigungen von Einkäufen, Behörden- oder Postwegen in Zukunft zeitsparender, weil digital, zu erledigen sein werden. 
Es gibt eine Begleiterscheinung der Digitalisierung, über deren negativen Charakter besonders große Einigkeit besteht: Zu 69 Prozent befürchten die Befragten, dass der Schutz von persönlichen Daten vor unberechtigten Zugriffen bzw. vor der Weitergabe durch Dritte schwieriger wird; nur drei Prozent sehen diesbezüglich gar keine, weitere sechs Prozent eher keine Gefahr.
Die Jungen denken anders, das zeigt sich beim Thema Digitalisierung mit besonderer Deutlichkeit. Die Generation 30minus, geboren als Digital Natives, steht den Folgen der Digitalisierung auf ihr zukünftiges Arbeitsleben, ihre Freizeit und ihr Familienleben deutlich positiver gegenüber als der Durchschnitt. Auch was das Berufsleben anlangt, zeigt sich die Generation 30minus zuversichtlicher: Die Digitalisierung werde sich auf ihre Arbeit positiv auswirken, davon sind 57 Prozent der Jungen überzeugt. Dazu passt, dass sie auch eher daran glauben, dass mobil-flexibles Arbeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern wird (44 %, gesamt: 38 %)

Innovationsquelle Unternehmen: Weil sie Arbeitsplätze schaffen, spielen die heimischen Unternehmen für knapp drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher eine wichtige Rolle. Mehr als die Hälfte der Befragten sieht in der Industrie den Motor der österreichischen Gesamtwirtschaft (55 %). Dies belegt, wie wichtig die Industrie den Menschen in Österreich ist und außerdem, dass sie einen sehr guten Ruf hat.
Das Urteil über die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für Unternehmen hierzulande fällt  hingegen nicht gut aus: Zwei Drittel fordern eine stärkere Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation, weil diese die Basis für neue Technologien und Produkte darstellten. Ein Drittel meint, dass das wirtschaftliche und politische Klima in Österreich für die Gründung neuer Unternehmen günstig sei, 22 Prozent halten es für ungünstig. Jedenfalls erscheint eine Karriere als Unternehmerin oder Unternehmer nur einem Viertel der Befragten wünschenswert. Wobei die jüngsten Befragten (30minus) hier anders denken: Ein Drittel würde es reizen, beruflich selbstständig tätig zu sein.

Zum Zukunftsmonitor