„Bei so einem Projekt gibt es kein Zurück mehr“
Wienerberger ist Vorreiter bei der Dekarbonisierung von Ziegeln. Johannes Rath im BUSINESSART-Interview.
Johannes Rath und sein Team waren für die Entwicklung eines Elektroofens für die Ziegelproduktion verantwortlich. Im Interview mit der BUSINESSART spricht er über die Motivation dafür, die Herausforderungen und wie diese gelöst wurden.
BUSINESSART: Was war der Auslöser dafür, sich für einen industriellen Elektroofen zur Ziegelproduktion ins Zeug zu legen?
Johannes Rath: Wienerberger bietet anderen innovative, ökologische Lösungen für die gesamte Gebäudehülle sowohl im Neubau und als auch bei Renovierungen an. Außerdem liefern wir die Infrastruktur für das Wasser- und Energiemanagement. Unser Kerngeschäft, keramische Baustoffe wie Ziegel und Dachziegel, hat dabei einen hohen Stellenwert.
Die Entwicklung und Herstellung nachhaltiger, zukunftsfähiger Produkte mit einem minimalen CO2-Fußabdruck ist deshalb zentral für uns. Als Marktführer sehen wir es uns in der Verantwortung, die dafür erforderlichen Technologien voranzutreiben. Noch sind am Markt nicht verfügbar und erfordern umfangreiche Entwicklungsarbeit. Das wiederum ist mit technologischen und finanziellen Risiken verbunden, die kleinere Unternehmen oder Anlagenhersteller allein nicht tragen können. Als Taktgeber der Branche gestalten wir also die Zukunft des nachhaltigen Bauens aktiv mit.
Was war die größte Herausforderung dabei?
Das war sicher das passende technische Konzept zu entwickeln – also die erforderliche Ingenieursleistung zu erbringen. Und das gelingt nur mit einem sehr erfahrenen und hochmotivierten Team.
Was hat Sie ermutigt, dranzubleiben?
Bei einem derart großen Projekt und dem damit verbundenen Investitionsvolumen gibt es eigentlich kein Zurück. Natürlich gab es im Laufe der Entwicklung einzelne Themen, die gelöst werden mussten, aber das bewegte sich im erwartbaren Rahmen für ein Pilotprojekt dieser Größenordnung.
Was war notwendig, damit das Projekt auch wirtschaftlich umgesetzt werden konnte?
Sehr wichtig sind in diesem Zusammenhang Förderungen. Die tragen wesentlich dazu bei, ein solches Projekt wirtschaftlich darstellbar zu machen. Entscheidend ist nun, dass unsere Kunden den besonderen Wert dieser Produkte erkennen und sie in ihren Bauprojekten einsetzen. Denn nur so kann der zugrunde liegende Businessplan erfolgreich umgesetzt werden.
Derzeit bauen wir ein weiteres Werk mit einem elektrischen Ofen in Großbritannien. Anders als in Uttendorf werden dort Dachziegel produziert. Deshalb kann zwar sehr viel vom Ofen in Uttendorf übernommen werden, es sich aber einige Anpassungen der Technologie notwendig. Vor zwei Jahren haben wir zudem einen kleinen Elektroofen in Belgien errichtet, in dem Ziegel-Riemchen für Fassaden produziert werden. Dieser setzte technologisch jedoch andere Schwerpunkte als Uttendorf.
Jetzt haben wir für jede Produktgruppe – Fassadenziegel, Hintermauerziegel und Dachziegel – ein Demoprojekt realisiert und sind technologisch grundsätzlich bereit, diese Technologie weiter auszurollen.
Worauf sind Sie besonders stolz, was Sie in Sachen Nachhaltigkeit bereits erreichen konnten?
Maßgeblich zur Gestaltung der Dekarbonisierungsroadmap der Wienerberger Gruppe beigetragen zu haben und dass wir die Ziele, die wir uns letzten Jahren gesteckt haben, auch erfolgreich erreicht haben.
Mit dem Pilotprojekt in Uttendorf haben wir einen wichtigen Meilenstein in der Ziegelproduktion gesetzt. Wir wollen nun die dabei gewonnenen Erfahrungen auf andere bestehende Werke zu übertragen. Jene in Frankreich, Großbritannien, der Slowakei und den Niederlanden rüsten wir gerade mit Wärmepumpen aus – ein Ansatz, den wir in Uttendorf erstmals erfolgreich getestet haben. Diese Technik wird mit einer Anpassung der Gasfeuerungsanlagen der Öfen kombiniert.
Gibt es ein Leitmotiv in Ihrem Leben?
„No risk, no fun!“ Das bedeutet für mich: Man muss manchmal etwas wagen, um etwas Besonderes zu erreichen oder auch zu erleben. Wer niemals ein Risiko eingeht, läuft Gefahr, dass das Leben ungenutzt an ihm vorübergeht.
Begründung für die Auszeichnung:
Als CTO und CSO leitete Johannes Rath mit seinem Team die erfolgreiche Planung, den Bau und die Inbetriebnahme des weltweit größten industriellen Elektroofens für die Ziegelproduktion in Uttendorf. Dieser wird vollständig mit Ökostrom (u. a. aus der eigenen PV-Anlage) betrieben und senkt die CO₂-Emissionen um rund 90 % sowie den Energieverbrauch um etwa ein Drittel. Durch den Einsatz von Tonmischungen mit einem klimafreundlichem Sägespäne-Zusatz, der Trocknung mittels Wärmepumpentechnik sowie der digitalen Prozessoptimierung mit KI und Digital Twins gelingt eine technologisch zukunftsweisende Produktion - mit geringerem Ressourcenverbrauch und Öko-Fußabdruck.
Die Nachhaltigen Gestalter*innen
Johannes Rath - Chief Technology Officer und Chief Strategy Officer/Wall – Wienerberger AG
Gerhard Pichler, Werksleiter Uttendorf
Rene Pesendorfer, Senior Project Manager
Gerhard Zeltner, Head of Technology, Segment Wand
Erik Boot, Head of R&D, Process Technology
Stefan Vogt, Deputy Head of R&D, Process Technology
Wienerberger AG
Branche: Baustoffe
Mehr als 20.000 Mitarbeiter*innen
www.wienerberger.com