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Christian Plas, denkstatt

Zukunftsfähige Unternehmensführung

Christian Plas
Foto: Arthur Michalek

Auszeichnung für sein Lebenswerk als Gründer und Managingpartner von denkstatt

Sein Wunsch, zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen, hat vor 30 Jahren dazu geführt, gemeinsam mit Partner*innen die denkstatt zu gründen – obwohl Nachhaltigkeit damals noch kein allgemein bekannter Begriff war. Mit Standorten in vielen Teilen Europas und einem weltweiten Netzwerk, hat sich die denkstatt als führende Unternehmensberatung etabliert, die ein breites Serviceportfolio rund um Nachhaltigkeitsmanagement, Klimastrategien und Ökobilanzierung anbietet. Plas ist nach wie vor treibende Kraft, nicht zuletzt aufgrund seines Optimismus und vielseitigen Engagements.

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Martin Weisshaeupl, brainbows, Laudator, Christian Plas, denkstatt, Roswitha Reisinger, BUSINESSART Foto: feelimage/Matern

BUSINESSART: Wieso hast du die denkstatt gegründet?

Christian Plas: Der intensive Kontakt mit der Industrie und die Erfahrung gaben den Anstoß dazu: Ich wollte etwas bewegen, etwas verändern – über die betrieblichen Prozesse, damit Unternehmen Ressourcen schonen und Energie sparen.

BUSINESSART: Wenn du zurückblickst – was waren die größten Hürden?

Zum Gründungszeitpunkt war Nachhaltigkeit, obwohl damals schon dringend notwendig, einfach kein breitenwirksames Thema. Es fehlte der gesetzliche Rahmen und die Pflicht, sich damit zu befassen. Dafür gab so gut wie niemand freiwillig Geld aus. Das war eine schwierige Zeit. Wir wussten nicht, ob wir die Löhne im nächsten Monat noch zahlen können, es stand viel auf dem Spiel. Diese Situation hat sich zum Glück verändert – heute ist es das Wachstum der denkstatt, das wir gut begleiten müssen.

Wie habt ihr den Start trotzdem geschafft?

Die denkstatt musste sich gleich nach Beginn neu erfinden: neue Strukturen aufsetzen und Verantwortlichkeiten ändern, um die Profitabilität zu steigern. Das war eine Veränderung für alle und nicht einfach für das Team, sie mussten sich vom Gewohnten lösen. Aber es haben alle mit angepackt. Ich würde sagen, das war eine Teamleistung, ohne die wir heute nicht so dastehen würden.

Was schätzt du ganz besonders an deiner Arbeit? Was motiviert dich?

Wir haben immer wieder sehr herausfordernde, komplexe Projekte. Wir beschreiten oft Neuland und müssen flexibel und interdisziplinär arbeiten. In der sich laufend verändernden Landschaft an Gesetzen, Regelwerken und Standards muss man immer am Laufenden bleiben. Bei dieser ganzen Komplexität Lösungen im Team zu finden und die Projekte positiv abzuschließen, das liefert mir unglaublich viel Energie. Die 30-Jahre-Feier hat mir außerdem gezeigt, wie weit wir es gebracht haben. Das war eines meiner größten Highlights.

Was verstehst du unter zukunftsorientierter Unternehmensführung und welche Aspekte gehören dazu?

Bei Nachhaltigkeit ist es ein Muss, progressiv zu wirtschaften und Gesetze einzuhalten. Das ist der Mindestanspruch. Für mich geht’s dabei im Wesentlichen um den Weitblick: Märkte, Produkte und Dienstleistungen werden sich in den nächsten Jahrzehnten durch viele Treiber grundlegend verändern. Die Geopolitik, der demographische Wandel, aber auch die Digitalisierung und der sich immer verschlechternde Zustand unseres Planeten sind nur einige Aspekte, die unseren Weitblick schärfen müssen. Wer ein Unternehmen zukunftsorientiert führt, setzt sich mit den Risiken und Chancen auseinander. Man muss sie analysieren und proaktiv reagieren, mit wissenschaftlichen Methoden – das ist das Gebot der Stunde. Klimarisiken und -chancen sind hier besonders wichtig und werden noch viel zu sehr unterschätzt. Das heißt auch, dass manchmal jetzt schon Entscheidungen getroffen werden müssen, die sich vielleicht erst in ein paar Jahrzehnten amortisieren. Aber wer zukunftsorientiert führen will, kommt da nicht drumherum.

Welche Standards bedarf es, um als Unternehmen nicht in die Greenwashing-Falle zu tappen?

Es muss ein Umdenken stattfinden. Der Graubereich entwickelt sich zum Tabu – sogar auf gesetzlicher Basis. Der Standard wird und muss umfassen, dass Unternehmen ihre Claims und Aussagen mit Belegen untermauern. Die Leitfrage lautet: Stimmt das wirklich, was ich da schreibe oder sage? Und wie kann ich das belegen?

In der Europäischen Union werden gerade zwei Gesetzesvorschläge ausgearbeitet, die auf das Verhindern von Greenwashing abzielen. Darin werden Kriterien festgelegt, was als Greenwashing verstanden wird. Kommunikation über hervorragende Umweltleistungen sollen weiter möglich sein, aber eben nur unter bestimmten Voraussetzungen. So wird zum Beispiel bewertet, ob die Umweltaussagen oder „green claims“ auch den Anforderungen an eine „Nicht-Irreführung“ genügen. Diese Bewertung soll nach den derzeitigen Vorschlägen auch extern geprüft werden. Unternehmen müssen deshalb einen soliden Kommunikationsprozess über Umweltbelange aufbauen. Zudem bedarf es einer Sensibilisierung der Beteiligten des Kommunikationsprozesses, damit diese ein Gefühl bekommen, was erlaubt ist, und was nicht mehr geht. Best practice ist natürlich die Erstellung einer internen Guideline, wie und ob Begriffe wie „klimaneutral“ oder „energieeffizient“ im Unternehmenskontext verwendet werden können.

denkstatt hat 170 Mitarbeiter*innen an 7 Standorten in 5 Ländern. Inwiefern unterscheiden sich die Bedürfnisse und Anliegen eurer Kund*innen in den jeweiligen Ländern?

Viele unserer Kund*innen befinden sich im EU-Raum, weshalb der gesetzliche Rahmen recht vergleichbar ist. Der Unterschied liegt aber im Reifegrad, was Nachhaltigkeitsthemen betrifft und natürlich die Investitionsmöglichkeiten. Themen in CEE-Ländern kommen meist mit zwei bis drei Jahren Verzögerung auf den Markt. In Einzelfällen sind in diesen Ländern aber sehr innovative Projekte im Nachhaltigkeitsbereich möglich.

Welche Entwicklungen und Trends sind in der Nachhaltigkeitsberatung in Österreich aktuell zu beobachten?

Alles dreht sich aktuell um die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und die ESRS (European Sustainability Reporting Standards). So ziemlich jeder Bereich im Unternehmen hat hier Berührungspunkte. Das führt dazu, dass Nachhaltigkeitsexpertise in jeder Abteilung notwendig ist. Außerdem muss Nachhaltigkeit in den Prozessen verankert werden. Das macht es erforderlich, dass eine Nachhaltigkeitsberatung in allen Bereichen des Unternehmens sattelfest sein muss. Andere große Trends sind die Digitalisierung und Data Management, vor allem wenn es um Automatisierungslösungen für das Reporting geht.

Wo steht deine Branche auf dem Weg zur Nachhaltigkeit auf einer Skala von 0 (kein einziger Schritt gesetzt) bis 10 (alles geschafft)?

Ich würde sagen, unsere Branche steht bei einer 5. Da gibt es viele Themen, die man betrachten muss. Im Sozialen sticht die psychische Belastung des Beratungsgeschäfts besonders hervor. Einer der Gründe ist, dass in den letzten Jahren alles schneller geworden ist. Das betrifft die Kommunikation mit Kund*innen, aber auch die rapide Entwicklung der Beratungsfelder. Die Digitalisierung und die vielen nahtlos aufeinanderfolgenden Online-Meetings fordern mehr als Präsenzmeetings. Bezogen auf denkstatt kann ich sagen, dass die Mitarbeiter*innen auch sehr intrinsisch motiviert sind und unbedingt einen positiven Beitrag leisten wollen. So groß die Freude ist, wenn uns dies gelingt, so groß kann die Enttäuschung sein, wenn es mehr Zeit braucht.

Was sind die drei wesentlichen Nachhaltigkeits-Herausforderungen in deiner Branche? Was sind die wichtigsten Maßnahmen um diese zu meistern?

Intern: psychische Belastung. Da geht es darum, dran zu bleiben, sich um die Leute zu kümmern und ihre Sorgen ernst zu nehmen.

Kund*innen: Greenwashing erkennen und vermeiden. Wichtig ist hier, die Themen mutig anzusprechen.

Politik: Sie soll die wichtigen Dinge umsetzen – Dekarbonisierung statt Plastiksackerl streichen. Wie wir diese Herausforderung meistern, weiß ich nicht. Da habe ich leider kein Rezept.

Was bedeutet „gestalten“ für dich?

Kreativ sein, mit Kolleg*innen Ideen entwickeln und umsetzen können, ohne jemanden fragen zu müssen.

Wie lautet der Leitsatz deines Lebens?

„Alles, was man mit Geld regeln kann, ist nicht wichtig.“ (von meinem Vater)

denkstatt GmbH, Wien
Die denkstatt-Gruppe hat Niederlassungen an sechs Standorten: Wien, Budapest, Bratislava, Bucharest, Timisoara, Sofia
Branche: Unternehmensberatung
Anzahl der Mitarbeiter*innen: 170
Website: https://denkstatt.eu/de

Christian Plas
Foto: Arthur Michalek