zum Inhalt springen

„Das Wesentlichste ist, dass wir ein cooles Hotel sind“

Gabriela Sonnleithner erklärt im BUSINESSART-Interview, wie eine gute Balance von wirtschaftlichen und sozialen Zielen aussieht.

In einem runden Fotoauschnitt sieht man eine blonde Frau mittleren Alters lässig auf einer roten Couch sitzen. Bildhintergrund ist ein weißes, reliefartiges Muster aus Kreisen. Rechts unten im Eck ist das Logo der Nachhaltigen Gestalter*innen 2025 platzie
Gabriela Sonnleitner, Vorstandsvorsitzende von magdas social business & magdas hotel Fotos: Julia Geiter; Getty Images

Magdas-Hotels, das künftig zwei Hotelstandorte betreibt, will seine soziale und ökologische Wirkung durch Skalierung verdoppeln.

BUSINESSART: Nach der Sanierung des Hotels im dritten Bezirk, ist nun jene des Hotels im Prater daran? Wird magdas eine Hotelkette?

Gabriela Sonnleithner: magdas will durch Skalierung seine Wirkung verdoppeln. Und ja, in Zukunft vielleicht vervielfachen. Warum sollen nur profitorientierte Betriebe an Wachstum denken. Unser Hotel und unser Konzept gefällt den Gästen, also eine gute Voraussetzung größer zu werden.

Was war eigentlich die größte Herausforderung beim Sanieren? Und wie konnten Sie sie letztlich lösen?

Unser Haus im Prater ist ein nicht sehr hochwertiger Bau aus den 1970er Jahren. Wer nur aufs Geld schaut, hätte es abgerissen und neu gebaut. Ein Abriss und anschließender Neubau sorgt aber für den größten CO2-Impact – das sagen viele Studien.

Herausforderungen in der Sanierung gibt es vom Keller bis zum Dach, da könnte ich jetzt lange erzählen. Ich greife unsere Haustechnik heraus: Wir heizen und kühlen das Haus mit Grundwasser. Das heißt, wir brauchen im Keller eine Wärmepumpe. Da zu wenig Platz dafür da ist, müssen wir den Keller an einigen Stellen absenken.

Um Kältebrücken ins Haus zu verhindern, nehmen wir die Balkone weg. Von den Wänden lassen wir so viel wie möglich stehen, ändern wenig an der Struktur, um möglichst wenig Abrissmaterial zu produzieren.

Warum upcyceln und nicht neu kaufen?

Jeder neu gekaufte Artikel braucht Ressourcen. Alles, was schon da ist, spart CO2. Aber die Branche hat noch viel zu wenig Erfahrung mit der Wiederverwendung von Material, damit sind uns auch Grenzen gesetzt. Momentan sourcen wir Altholz, aus dem wir die neuen Möbel bauen wollen. Eine riesige Challenge, dieses in der notwendigen Qualität zu finden.

Bei den Ausbildungsplätzen, was hat sich hierbei geändert, gabs da Learnings aus dem ersten Hotel?

Wir haben gelernt, klare Rahmenbedingungen zu schaffen, unser Recruiting zu fokussieren, Erwartungen zu definieren, Konsequenzen zu setzen, haben eine Lehrlingswerkstatt – einen internen zusätzlichen Ausbildungslehrgang kreiert, das Zusammenspiel zwischen Sozialberatung und Teamleiterinnen perfektioniert, und, und, und. Aber letztlich versuchen wir für jeden Lehrling die individuell beste Ausbildung anzubieten, denn jeder braucht etwas anderes, um seine Potenziale entfalten zu können.

Was war notwendig, damit das gesamte Projekt auch wirtschaftlich umgesetzt werden konnte?

Eine gute Balance unserer wirtschaftlichen und sozialen Ziele. Natürlich haben wir höhere Personalkosten und diese müssen wir verdienen. Wir werden nicht gefördert. Das Wesentlichste ist, dass wir ein cooles Hotel sind. Niemand kommt, weil wir eine soziale Vision haben, sondern weil wir ein Hotel in guter Lage sind, eine super Küche haben und man sich bei uns wohl fühlt. Viele Firmen buchen uns natürlich, weil wir auch auf ihre Nachhaltigkeit einzahlen. Wer bei uns schläft und tagt und feiert, sammelt für den eigenen Nachhaltigkeitsbericht Pluspunkte.

Worauf sind Sie besonders stolz, was Sie bereits erreichen konnten?

Ich bin auf die Menschen stolz, die mit mir das Business aufgebaut haben und bei uns arbeiten. Sie haben die doppelte Herausforderung: ein cooles Hotel zu führen und zu gestalten und gleichzeitig unsere Auszubildenden individuelle Förderung angedeihen zu lassen. Das braucht viel Energie und Leidenschaft für das Business.

Begründung für die Auszeichnung:

Gabriela Sonnleitner kam vor mehr als 10 Jahren zu magdas und hat seither gemeinsam mit einem engagierten Team magdas HOTEL aufgebaut. Im ersten Social Business Hotel Österreichs erhalten vor allem Menschen, die aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten, die Chance auf einen sinnstiftenden Arbeitsplatz. Vielfalt wird als Stärke gesehen - dies ist auch im kulinarischen Angebot erlebbar. Dafür wurde Sonnleitner 2015 als Nachhaltige Gestalterin ausgezeichnet.

Doch es ging weiter: 2017 wurde ein eigener Lehrlingsschwerpunkt für junge Menschen mit Fluchterfahrung eingerichtet. Parallel werden etwa zehn junge Menschen in drei Lehrberufen ausgebildet. Das Haus am Prater wurde von 2015 bis 2022 zunächst als Popup geführt.

Im Herbst 2022 bezog das Team ein ehemaliges Priesterwohnhaus aus den 1960er-Jahren im dritten Bezirk, das dafür generalsaniert wurde. Die Devise: Sanieren und upcyceln. Originalmöbel aus den 60ies, die ehemalige Rezeption wurde zur neuen Bar, Sitzpölster aus Stoffresten genäht. Aus dem Parkplatz hinter dem Haus wurde ein Garten. Darunter liegen 18 Geothermiesonden, die Restaurant und Zimmer heizen und kühlen.

Seit Frühjahr 2025 wird nun auch das Haus am Prater erneuert. Man hat sich bewusst nicht für einen Abriss, sondern für eine Generalsanierung entschieden, um Ressourcen zu sparen. Dabei soll die Struktur des Hauses erhalten und so wenig Abrissmaterial wie möglich produziert werden. Bei der Inneneinrichtung setzt man auf Second Hand Möbel, Möbel aus Altholz und andere Recycling-Materialien. In zwei Jahren soll magdas HOTEL Vienna Prater eröffnet werden.

Keyvisual zur Auszeichnung der BUSINESSART Nachhaltige Gestalter*innen 2025

Die Nachhaltige Gestalterin

Gabriela Sonnleitner, Vorstandsvorsitzende

magdas Social Business und magdas HOTEL
Branche: Hotellerie/Tourismus
45 Mitarbeiter*innen, ca. 60% davon Menschen mit Fluchthintergrund
www.magdas-hotel.at