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Binnen-I, Sternchen, Doppelpunkt – verschiedenste Zeichen werden verwendet, um geschlechtergerecht zu formulieren. An ihnen scheiden sich mitunter die Geister. Wie wird richtig gegendert? Ein Überblick.

Text: EINE SPRACHE, DIE ALLE MEINT. Bildhintergrund ist eine vielfarbige Collage aus 32 verschiedenen, piktogrammartig gestalteten (menschlichen) Köpfen.
Grafik: Anaspoka / iStock

Der Duden definiert „gendern“ als die Verwendung bestimmter sprachlicher Mittel, um Menschen aller Geschlechtsidentitäten in der Sprache sichtbar zu machen. Doch gleich vorweg: Ein Regelwerk dazu – so wie für die Rechtschreibung – gibt es (noch) nicht; so listet der Duden lediglich unterschiedliche Möglichkeiten dafür auf. Ein Grund mehr, sich die Varianten genauer anzusehen und ihre Vor- und Nachteile abzuwägen.

Am Anfang war das Binnen-I

Das wohl bekannteste Sonderzeichen, das in der Vergangenheit auch viel Diskussionsstoff geboten hat, ist das Binnen-I, wie z.B. in „StudentInnen“. Erfunden wurde es in den 1980er-Jahren von der Sprachwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Luise Pusch. Sie wollte Frauen in der geschriebenen Sprache sichtbar machen. Heute wird das Binnen-I als nicht mehr zeitgemäß gesehen, weil es nur zwei Geschlechter abbildet. Dasselbe gilt für Schreibweisen mit Schrägstrich oder Klammern – wie Lektor/-in oder Direktor(in) – und für die sogenannte Paarform, die die männliche und weibliche Form verbindet („alle Lehrerinnen und Lehrer“).

So haben sich neue Zeichen etabliert, die auch nicht binäre Menschen einschließen: das Sternchen, auch Asterisk genannt (z.B. Mitarbeiter*in), der Doppelpunkt (Mitarbeiter:innen) und der Unterstrich (Mitarbeiter_in). Letzterer ist nicht mehr so oft zu lesen, er wurde von Doppelpunkt und Sternchen verdrängt. Mit dem Sternchen, das – anders als der Doppelpunkt und Unterstrich – keine zweite Funktion als Satzzeichen hat, sehen viele die Geschlechtervielfalt besonders gut kommuniziert. Und es werden laufend neue Ideen für Genderzeichen geboren, wie etwa der hochgestellte Punkt oder „Mittelpunkt“ (Kolleg·innen) – der allerdings die Kenntnis einer speziellen Tastenkombination voraussetzt.

Grammatikalisch richtig funktionieren diese Sonderzeichen allerdings nicht immer, wie das Beispiel „Ärzt*in“ verdeutlicht.


 

Suchen … und finden?

Und wie gehen Internet-Suchmaschinen mit Sternchen und Co um? Sie erkennen Genderzeichen nicht immer als solche. Am besten funktioniert der Doppelpunkt, weil das Wort meist als männlich und weiblich interpretiert wird. Ein Begriff mit Gender-Sternchen wird oft als männlich, einer mit Unterstrich häufig als weiblich kategorisiert. Doch die Algorithmen sind dynamisch – wenn öfter nach Begriffen mit Genderzeichen gesucht wird, werden sie in Zukunft wohl auch besser gefunden werden.

Lesefreundlich gendern

Egal, welches Genderzeichen verwendet wird, viele stört, dass es den Lesefluss unterbricht. Eine Möglichkeit, geschlechtergerecht und lesefreundlich zu schreiben, ist es, möglichst neutrale Formulierungen zu verwenden. Das können geschlechtsneutrale Ausdrücke sein – wie Mensch, Mitglied, Team. Auch mithilfe von Adjektiven, des Passivs oder von Relativsätzen können Personenbezeichnungen so formuliert werden, dass sich alle Menschen angesprochen fühlen. Beispiele dafür sind: „ärztlicher Rat“ statt „der Rat eines Arztes“, „Folgendes muss beachtet werden“ statt „Die Schüler müssen Folgendes beachten“, „Alle, die teilnehmen“ statt „die Teilnehmer“ … Auch Substantivierungen von Partizip oder Adjektiven, wie z.B. Studierende, Lehrende oder Mitarbeitende, sind möglich.

Inklusiv und barrierefrei

Doch beim Gendern sollte nicht nur die Inklusion aller Geschlechter im Blick sein, sondern auch die Barrierefreiheit, etwa wenn es um die Kompatibilität mit Screen Readern geht. Hier empfehlen der Österreichische (BSVÖ) und der Deutsche Sehbehinderten- und Blindenverband (DBSV), möglichst auf eine geschlechtsneutrale Sprache zu achten. Werden beim Gendern Sonderzeichen verwendet, gehen die Meinungen auseinander: Der BSVÖ verwendet selbst den Doppelpunkt, „weil er von verschiedenen Expertinnen und Experten als eine Version angegeben wurde, die mit vielen Sprachausgaben gut kompatibel ist und keine Probleme bereitet“, so Iris Gassenbauer vom Referat für Öffentlichkeitsarbeit. Der Doppelpunkt wird von Screen Readern als Satzzeichen erkannt und als kurze Pause wiedergeben ­– was manche als störend empfinden. Der DBSV empfiehlt daher das Sternchen, „weil es laut Veröffentlichungen des Deutschen Rechtschreibrates die am häufigsten verwendete Kurzform ist und so dem Wunsch nach einem Konsenszeichen am nächsten kommt“, wie auf der Website zu lesen ist.

Keine eierlegende Wollmilchsau

Unsere Sprache entwickelt sich ständig weiter, insbesondere beim Gendern ist eine hohe Dynamik zu beobachten. Eine allgemeingültige Lösung und Empfehlung für das geschlechterneutrale Schreiben gibt es nicht. Man muss Abstriche machen und die für sein Unternehmen, seine Organisation passendste Lösung finden.

Einen Rat kann man aber geben: Möglichst geschlechtsneutral formulieren und mit Sonderzeichen nicht übertreiben!

Cornelia Kühhas