Eine Waschmaschine für den Boden
Was früher als Abfall auf der Deponie landete, wird heute gewaschen, sortiert und wiederverwertet. Stefan Rusch von Rhomberg Bau zeigt, wie aus Bodenaushub ein wertvoller Rohstoff wird.
Anders als beim sanften Wäschewaschen kracht, rüttelt und scheppert es in der wohl größten „Waschmaschine“ Vorarlbergs. Hier im Ressourcencenter wird tonnenweise Aushubmaterial gewaschen, aufgebrochen und sortiert. Was früher besonders verschlammt war und deshalb auf der Deponie landete, kann heute wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. In einem dicht besiedelten Ballungsraum wie dem Vorarlberger Rheintal sei es immer schwieriger geworden, Genehmigungen für den Abbau von mineralischen Rohstoffen und für Bodenaushub-Deponien zu erhalten, erklärt Stefan Rusch, Geschäftsführer der Rhomberg Bau GmbH. „Die Aufbereitung, das Recycling und die Wiederverwendung von Rohstoffen liegen seit Jahrzehnten in unserer DNA. Deshalb war es ein logischer Schluss, auch den Aushub zu recyceln. Und wir konnten sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“
Den Verantwortlichen für die Wiederaufbereitungsanlage für Bodenaushub wählte die Jury Rusch zum Nachhaltigen Gestalter 2025.
Aushubmaterial ist der größte Abfallstrom Österreichs
Während Beton- und Bauschutt bereits lange als recycelbar bekannt sind, wird Aushubmaterial bislang nur in begrenztem Umfang aufbereitet. Dabei macht es mit jährlich 38,1 Millionen Tonnen laut Bundesabfallwirtschaftsplan mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Österreich aus.
Was vom Boden und Untergrund beim Ausbaggern zutage befördert wird, besteht überwiegend aus Gestein, Sand, Ton und Humus. Sofern er nicht verunreinigt ist, kann der Aushub direkt für Rekultivierungen, also zum Wiederherstellen der Landschaft nach dem Bauen, oder fürs Auffüllen von Baugruben verwendet werden.
Enthält der Aushub jedoch Fremdstoffe wie Baureste, Kunststoffe oder Bauholz, ist das nicht möglich. Besonders bei einem Schlammanteil von über 20 Prozent stoßen viele Wiederaufbereitungsanlagen an ihre Kapazitätsgrenze. Das Material – laut Bundesabfallwirtschaftsplan ganze 56 Prozent – landet dann auf der Deponie. Aufgrund seines oft hohen Schlammanteils kann bislang nur rund ein Zehntel des Aushubmaterials für die Wiederverwendung aufbereitet werden.
Die Nassaufbereitungsanlage von Rhomberg Bau setzt genau hier an und nutzt dieses bislang ungenutzte Potenzial: Nun kann nicht nur Bodenaushub mit einem Schlammanteil von höchstens 20, sondern einer mit bis zu 50 Prozent wiederverwertet werden.
Heterogenes Material lässt sich schwer trennen
In solchen Behandlungsanlagen erfolgt die technische Konditionierung des Materials: Es wird zerkleinert, gesiebt, gereinigt, klassiert und von Schad- und Störstoffen befreit. Was einfach klingt, ist laut Rusch eine große Herausforderung. Denn im Gegensatz zu Material aus einer klassischen Kiesgrube oder einem Steinbruch ist Bodenaushub sehr heterogen, da er von verschiedensten Baustellen und aus Regionen mit unterschiedlichster Geologie stammt. Die Materialzusammensetzung variiert deshalb stark.
Es galt also viele Fragen zu beantworten: Wie verhalten sich unterschiedliche Anteile von organischem Material, Schlamm oder Sand? Wie geht man mit erhöhten Störstoff-Anteilen wie Ziegel, Beton- oder Asphaltrückständen um? „Das alles hat Folgen für die Aufbereitung. Lösungen für diese Fragestellungen konnten teilweise erst im praktischen Betrieb erfahren und erforscht werden“, sagt Rusch. „Das Feintuning der Anlage hat daher über zwei Jahre gedauert und wurde von zahlreichen Expert*innen begleitet.“
Wie bei jeder neuen Anlage gab es auch hier anfangs ein paar Kinderkrankheiten: Bei der ersten großen Wartungskontrolle sollte das Prozesswasserbecken routinemäßig gereinigt werden. Doch statt nur ein paar Zentimeter war das Becken rund 1,2 Meter hoch mit Schlamm gefüllt. Die Mitarbeiter*innen standen bei der Reinigung also bis zur Hüfte im Schlamm – und aus einer kleinen Wartung wurde kurzerhand eine halbe Baustelle. Die Ursache ist mittlerweile behoben und die Anlage läuft wie erwartet.
Wirtschaftliche Nebenwirkungen der Waschmaschine
Aus den rund 70 Prozent trockenen Aushubs entstehen qualitätssichere Recyclingbaustoffe, die im Straßenunterbau, als Schüttmaterial oder als Materialzusatz für Baustoffe Verwendung finden. Die verbleibenden 30 Prozent werden als sogenannter Filterkuchen größtenteils in der Ziegelindustrie eingesetzt, nur ein geringer Rest wird weiterhin deponiert.
Bei einer Maximalauslastung der Anlage müssen jährlich etwa bis zu 200.000 Tonnen Material weniger auf Deponien gebracht werden. Damit lassen sich schätzungsweise bis zu 1.000 Tonnen CO₂ pro Jahr vermieden.
Das Investitionsvolumen von 14 Millionen Euro soll sich bereits nach acht Jahren amortisieren. Schließlich wird aus deponierbarem Aushub wieder verkaufsfähiges Baumaterial. Darüber hinaus werden durch kürzere Transportwege und die Verringerung der Deponiemengen erhebliche Kosteneinsparungen erzielt. „Indem wir für die Rohstoffversorgung tragfähige interne Lösungen bereitstellen, heben wir auch Synergien innerhalb der Rhomberg Gruppe. Wettbewerbsfähige Preise für Beton- oder Asphalt-Zuschlagstoffe sowie Tiefbau-Materialien sind mittlerweile ganz zentrale Faktoren. Das alles schafft Wertschöpfung.“
Wer in zirkuläre Lösungen investiert, gewinnt nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich.
Christiane Hörmann
Stefan Rusch, Geschäftsführer der Rhomberg Bau GmbH
Mit einer „Waschmaschine" vom Abfall zum Rohstoff: Rund 60 Prozent des gesamten Abfalls in Österreich werden durch Bodenaushub verursacht. Das wird die Rhomberg Bau GmbH nun ändern: Mit der neuen Recyclinganlage für Bodenaushubmaterial kann auch Aushub wieder nutzbar gemacht werden, dessen verschlämmter – also mit Schlamm versetzter – Anteil bis zu 50 Prozent beträgt. Bislang lag die Grenze lediglich bei 15 bis 20 Prozent. Zudem werden Transportkilometer, CO2 und Wasser eingespart. Ein großer Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft.
Zum Interview mit Stefan Rusch geht es hier.
Links:
Bundesabfallwirtschaftsplan (2025): Die Bestandsaufnahme der Abfallwirtschaft in Österreich – Statusbericht 2025 für das Referenzjahr 2023. https://www.bmluk.gv.at/themen/klima-und-umwelt/abfall-und-kreislaufwirtschaft/abfallwirtschaft/bundes_awp.html
Umweltbundesamt (2025): Dashboard zur Abfallwirtschaft. https://www.umweltbundesamt.at/abfall/dashboard