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Hausfassaden begrünen

Mehr Grün in der Stadt ist dringend nötig, um Hitze und Staub hintanzuhalten und die Lebensqualität zu steigern. Hausfassaden und Dächer könnten hier einen großen Beitrag leisten. Wenn da nicht so viele Bedenken wären: dass die Fassade beschädigt wird, das Dach undicht ist oder vermehrt Ungeziefer in die Wohnung kommt. Was ist dran an diesen Bedenken? Wie kann ich es richtig machen?

Hausfassade mit Wildem Wein bewachsen
Hausfassade mit Wildem Wein bewachsen kara-fotolia_25548018_m

Das sagen die Expert*innen von GRÜN STATT GRAU, die viele solcher Projekte initiieren, beraten und begleiten:

Altert die Putzfassade durch die Haftorgane der Pflanzen schneller?

Eindeutig ausgeschlossen und wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Das Vorurteil kommt eventuell auf, weil manche Kletterpflanzen Feuermauern aus der Nachkriegszeit erobert haben und ihre Haftorgane sichtbar sind. Dabei ist der Putz durch die Begrünung selbst an der Fassade gehalten worden, zudem wurde der Alterungsprozess des Putzes durch die Abschirmung gegen Witterungseinflüsse verlangsamt. Im Vergleich dazu wurden bei unbegrünten Feuermauern bereits vor mehr als 20 Jahren die Fassaden erneuert.

Machen Fassadenbegrünungen die Fassade nass?

Keinesfalls – im Gegenteil, Pflanzen halten mit ihrem Blattwerk Wasser ab und nehmen Wasser im Wurzelbereich auf. Einzige Ausnahme ist eine ungepflegte Efeubepflanzung. Das Totlaub an der Fassade kann hierbei zu einer Humusbildung führen, die der Pflanze zu neuem Nährboden an der Wand verhilft. Fassadengebundene Systeme sind vorgehängt, hinterlüftet angebracht- wasserführende Schichten sind immer vom Gebäude entkoppelt. Eine Studie der TU Wien (KORJENIC et al., 2015) zeigt, dass untersuchtes Mauerwerk hinter Fassadenbegrünungen nicht feucht, sondern trocken ist.

Zerstört Wilder Wein die Fassade und sprengt Fensterbereiche und Dachstühle?

Nein – eine Beschädigung der Bausubstanz ist nur zu erwarten, wenn bestehende Baumängel mit Begrünung kaschiert werden sollen oder der Bewuchs nicht fachgerecht entfernt wird. Wilder Wein, Parthenocissus tricuspidata ist eine dem Licht entgegen wachsende Pflanze, dringt daher nicht die Bausubstanz ein. Lichtfliehende Pflanzen wie der Efeu Hedera helix hingegen können in bestehende Öffnungen hineinwachsen und diese durch ihr Dickenwachstum und ihre starken Haftwurzeln erweitern. Der Einsatz von Efeu muss daher mit Bedacht und nach Absprache mit einem Experten erfolgen. Überwuchssperren schützen vor unerwünschtem Bewuchs. Regelmäßige Kontrolle hilft, unerwünschte Entwicklungen zu vermeiden.

Sind Dachbegrünungen undicht?

Im Gegenteil. Eine durch Fachunternehmen ausgeführte Dachbegrünung verlängert die Lebensdauer der darunterliegenden Abdichtung um mindestens 10 Jahre! Begrünte Dächer sind im Vergleich zu anderen Flachdachbauweisen nicht anfälliger für im Bauprozess verursachte Mängel. Achtsam muss mit der Wahl der Pflanzen vorgegangen werden, da einige Arten starke Wurzelbildungen aufweisen und für eine Dachbegrünung nicht empfohlen werden. Daher, unbedingt einen Experten in die Planung hinzunehmen! Wem das Vertrauen und die Erfahrungswerte aus vielen Best-Practice Projekten nicht genügen, der kann selbstverständlich auf neueste, dauerhafte Leckortungssysteme und Feuchtemonitoringtechnik zurückgreifen.

Benötigen Kletterpflanzen Pflege?

Ja, alle Kletterpflanzen benötigen Pflege und Nährstoffe. Bei selbstklimmenden Kletterpflanzen kann der Pflege- und Kontrollaufwand durch das Anbringen von Überwuchssperren reduziert werden, es muss grundsätzlich jährlich nur eine Sichtkontrolle auf Gefahrenpotenzial, gegebenfalls ein Rückschnitt durchgeführt und abgestorbene Pflanzenteile entfernt werden. Sensible Bereiche wie Fenster, Dachstühle, -rinnen, Abflussrohre oder Ähnliches müssen von der Bepflanzung freigehalten werden. Gerüstkletterpflanzen benötigen zumeist weniger Rückschnitt und greifen nicht von selbst auf das Gebäude über. Die Kontrolle des Rankgerüstes, Pflegemaßnahmen wie das Anbinden von jungen Kletterpflanzen nach einem Sturmereignis sowie die Laubentfernung sind regelmäßig durchzuführen.

Machen Fassadenpflanzen viel Schmutz?

Im Gegenteil – Pflanzen reinigen die Luft, binden Staub und produzieren Sauerstoff. Der jährliche Laubwurf ist rasch in einem Arbeitsgang zu entfernen, ähnlich wie bei Bäumen.

Ziehen Bauwerksbegrünungen Ungeziefer an?

Der Schädlingsdruck in Gebäuden erhöht sich durch korrekt ausgeführte Begrünungsmaßnahmen nicht. Nachdem Bauwerksbegrünungen jedoch auch Lebensraum schaffen, erhöht sich das Vorkommen von Vogel- und Insektenarten, die am Gebäude attraktive Habitate vorfinden. Es ist also mit Brut-, Nist- und Futtertätigkeit von beispielweise Wildbienen und Honigbienen zu rechnen. Spinnen am Dach bedeuten für den Ökologen: der Tiger ist zurück im Dschungel! Sie zeigen an, dass das Ökosystem sich gut entwickelt. Wichtig zu wissen:

– Ameisen folgen meistens dem Wasser und sind ein verlässlicher Zeiger für Wasserschäden

– Wespen fliegen v.a. auf Fleisch, Frucht- und Obstsäfte als eiweißreiche Nahrung

Wichtig: Je nach Komplexität des Projekts bzw. eingesetzter Technik wird der Einsatz von Expert*innen dringend empfohlen, da so meist grobe und kostenintensive Fehler vermieden werden können. Standortanpassung, Pflanzeneinsatz, Bewässerungssystem, Material- bzw. Systemwahl müssen gut geplant werden um Langlebigkeit zu gewährleisten.