CSR-Circle Kultur: Maslow steht Kopf
Abraham Maslow entwickelte Anfang der 1940er Jahre die Bedürfnispyramide: Jeder Mensch braucht Essen, Trinken, eine warme Bleibe und Sicherheit. Dann erst kann er sich kreativen Tätigkeiten erfolgreich widmen. Von Künstlern erwarten wir jedoch kreative Höchstleistungen ohne sie entsprechend zu entlohnen.
Kultur wird in Österreich in erster Linie von der öffentlichen Hand finanziert und dort geht der Sparefroh um. Spenden sind nicht steuerlich absetzbar, es gibt wenige Stiftungen und Sponsoring ist mit einem Skandalimage behaftet.
Kultur muss also sparen. Aber wo? Die höchsten Kosten verursacht das Personal, also Menschen, die entweder als Künstler tätig sind oder für einen funktionierenden Kulturbetrieb sorgen. Logisch also, dass man mit unbezahlten Praktika und freien Dienstverträgen versucht die Kosten zu senken. Mit dem Ergebnis, dass viele Künstler und Kulturschaffende am Existenzminium leben. Gleichzeitig sollen sie kulturelle Spitzenleistungen erbringen.
„Eigentlich dürften viele Kulturbetriebe keinen Nachhaltigkeitsbericht schreiben, weil die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter so katastrophal sind,“ meinte Georg Tappeiner vom Österr. Ökologieinstitut beim CSR-Circle vom 26. Jänner zum Thema ‚Wie viel CSR steckt in der Kultur?‘
Es geht aber auch anders. Mag.a Barbara Pichler, Leiterin des Filmfestivals Diagonale: „Wir versuchen faire Löhne zu zahlen und stellen die Leute an. Dieses Engagement für die Mitarbeiter hat sich bezahlt gemacht. Sie fühlen sich verantwortlich und identifizieren sich mit dem Betrieb. Diese Auswirkungen lassen sich allerdings nicht so leicht beziffern.“ Der Schritt sei aber auch auf Kritik gestoßen. Pichler: „Bei sinkenden Budgetmitteln muss man auf etwas anderes verzichten.“ Man könne dann z.B. weniger in wichtige Serviceleistungen oder im schlimmsten Fall in das Programm investieren.
„CSR ist ein Thema, bei dem man Tür für Tür öffnet und immer neue Herausforderungen erkennt“ meint Stephan Rabl, Direktion und künstlerischer Leiter Dschungel Wien. Das beginne bei der Programmgestaltung, gehe über die Mitarbeiter, über die ökologische Beschaffung von Materialien bis hin zum Umgang mit Geldgebern. „Diese Interessen gut auszubalancieren ist aufreibend, aber wesentlich für den Erfolg.“
Auf einen Mix aus Maßnahmen setzt Dr.in Sabine Haag, Generaldirektorin Kunsthistorisches Museum: „Wir machen Ausstellungen, die viel Publikum bringen. So können wir auch Projekte machen, die sich nicht rechnen.“ Darüber hinaus kooperiere das Haus mit anderen Institutionen, die sich ein Projekt sonst nicht leisten könnten. Das bringe beiden Seiten Vorteile.
DI Paul Gessl, Geschäftsführer NÖ Kulturwirtschaft, will qualitative Ziele in den Vordergrund stellen, z.B. Auftragsarbeiten für zeitgenössiche Kunst zu vergeben. Er appelliert aber auch an die Eigenverantwortung der Kulturschaffenden: „Dort wo wir das können müssen wir eigeninitiativ werden, z.B. die Öffnungszeiten optimal gestalten.“
Im Nachhaltigkeitsdiskurs habe Kultur keine Position, obwohl sie das Thema vor den Vorhang bringen könnte und müsste, meinte Tappeiner abschließend. Eine Gesellschaft entwickle sich weiter, indem Werte immer wieder neu hinterfragt werden. Das ist auch das große Anliegen der Kulturverantwortlichen. Wenn die Basis dafür gegeben ist wird das auch in Zukunft möglich sein.
Roswitha M. Reisinger