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„Nicht jedes Investment ist böse Spekulation“

Susanne Hasenhüttl und Katharina Muner-Sammer wissen, dass Nachhaltigkeit und ökonomische Performance von Finanzanlagen kein Widerspruch sein müssen.

In einem ovalen Rahmen das Foto von zwei lächelnden Frauen. Der Hintergrund ist ein weißes, reliefartiges Muster aus Kreisen. Rechts unten im Eck ist das Logo der Nachhaltigen Gestalter*innen 2025 platziert.
Susanne Hasenhüttl und Katharina Muner-Sammer von ÖGUT. Fotos: Petra Blauensteiner; Getty Images

Die Prüfung von Veranlagungen nach Nachhaltigkeitskriterien kam bei den ersten Vorsorgekassen gut an. Dabei gehörten Susanne Hasenhüttl und Katharina Muner-Sammer zu den Pionierinnen das Finanzsystem nachhaltiger zu machen.

BUSINESSART: Warum legten Sie sich für Sustainable Finance ins Zeug?

Susanne Hasenhüttl: Wir hatten in der ÖGUT schon seit den 90er Jahren eine AG zu „Banken und Versicherungen“. Diese Gruppe beschäftigte sich vor allem mit betriebsökologischen Aspekten in Unternehmen. Zu Beginn der 2000er Jahre war dann klar, dass sich die Finanzinstitute mit der Veranlagung des Kapitals beschäftigen müssen, also mit ihrem Kerngeschäft, wenn sie tatsächlich „nachhaltig“ agieren wollen. Das war der Startschuss für unsere Plattform „Ethisch-ökologische Veranlagung“.

Wie jede gute Arbeitsgruppe verpassten wir uns Ziele und konkrete Aufgaben. Eine Maßnahme war eine Website, die unabhängige Informationen zum Thema ökologische Geldanlagen für Bürger*innen bereitstellen sollte. Diese Website (www.gruenesgeld.at) betreuen wir noch heute.

Und wie kam die Nachhaltigkeits-Zertifizierung der Vorsorgekassen dazu?

Susanne Hasenhüttl: Dass wir uns die Veranlagungspolitik von Vorsorgekassen angesehen haben, hat sich mehr oder weniger zufällig ergeben. Da ist 2003 mit der Gesetzesinitiative, betriebliche Vorsorgekassen zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge zu schaffen zusammengefallen.

Wie wurde das von der Branche aufgenommen?

Susanne Hasenhüttl: Erfreulicherweise ist diese erste Prüfung der Veranlagung nach Nachhaltigkeitskriterien bei den ersten Vorsorgekassen auf positive Resonanz gestoßen. Das war der Startschuss unserer Nachhaltigkeitsprüfung! Wir führen sie seitdem jährlich durch und mit der Zeit haben alle Vorsorgekassen – zeitweise auch Pensionskassen und Versicherungen – angeschlossen. Das war unser Pionierprojekt im Themenbereich Sustainable Finance/Nachhaltiger Finanzmarkt. Wir haben das als ÖGUT aber nicht allein – und das ist mir wichtig zu betonen, sondern mit weiteren Expert*innen vorangetrieben.

War die Arbeit als Pionierinnen nicht schwierig?

Susanne Hasenhüttl: Das Thema nachhaltige Geldanlage hat sich seit den 2000er Jahren langsam, aber stetig weiterentwickelt – vor allem wegen einiger Pionier*innen. Diese Vorreiterarbeit war extrem wichtig in einer Zeit, in der es noch keine Regulatorik gab, also noch keine Verpflichtungen, etwas zu tun.

Enorm wichtig ist es zu zeigen, dass eine nachhaltige Veranlagung auch ökonomische Vorteile bringt oder bringen kann. Nachhaltigkeit und ökonomische Performance müssen kein Widerspruch sein. Das haben wir wie ein Mantra von Beginn an vor uns hergetragen. Eine nachhaltige Geldanlage ist auch nichts Esoterisches, wie in den Anfangsjahren so manch einer vermutet hat. (lacht)

Im Übrigen hat es aber auch in so mancher „grünen Blase“ etwas Zeit gebraucht zu verstehen, dass nicht jedes Investment am Kapitalmarkt bloß böse Spekulation ist.

Wie kam es dann dazu, auch eine Weiterbildung zu entwickeln?

Katharina Muner-Sammer: Wir haben 2010 unseren ersten Kurs zu Nachhaltigen Geldanlagen entwickelt. Damals gab es noch wenige Finanzberater*innen, die das Thema interessiert hat. Aber es gab tatsächlich auch wenige Produkte.

Wir haben aber immer an das Thema geglaubt und gesehen, dass es mangels Wissens darüber kein Bewusstsein dafür gab, dass man mit seiner Geldanlage das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben kann.

Daher haben wir mit einem internationalen Konsortium im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes „Lebenslanges Lernen“ Innovationstransfer mit internationalen Partnern (Forum Nachhaltige Geldanlagen, UKSIF, Novethic, ect.) das erste E-Learning zum Thema entwickelt. Seit 2016 bieten wir die Weiterbildung Nachhaltige Geldanlagen in Kooperation mit dem Forum Nachhaltige Geldanlagen an.

Was muss man mitbringen, dass ein solches Angebot erfolgreich wird?

Katharina Muner-Sammer: Das fachliche Know-how ist wichtig und auch wie die Inhalte aufbereitet und vorgetragen werden. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit muss man viel Zeit und Raum für Diskussionen einplanen. Auf der anderen Seite schadet es nicht, wenn man selbst hinter dem Thema steht. (lacht)

Welcher Gedanke leitet sie bei Ihrem Tun an?

Katharina Muner-Sammer: Das ist zwar kein Leitmotiv, aber ich denke, es ist wichtig im Nachhaltigkeitsbereich ins Tun zu kommen und trotz Gegenwinds dranzubleiben. Da ist Zivilcourage gefragt, Dinge anzusprechen, die nicht in Ordnung sind und sich für eine lebendige Demokratie einzusetzen. Ich bin ein großer Fan von „Höflichkeit“, die gesellschaftliche Stimmung ist gerade sehr aufgeheizt, aber das Zusammenleben wird durch ein respektvolles Miteinander wesentlich erleichtert.

Susanne Hasenhüttl: Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Ich möchte noch ergänzen, dass ich es extrem spannend finde, Dinge aufzugreifen und mich damit zu beschäftigen, die (noch) nicht im Mainstream angekommen sind. Wichtig ist es auch, nicht aufzugeben wenn es Gegenwind gibt. Der Klimawandel ist da, egal wie die politische Situation gerade ist. Und wir können es uns als Menschheit gar nicht leisten, dem nichts entgegenzusetzen.

Begründung für die Auszeichnung:

Den beiden Sustainable Finance Pionier*innen verdanken wir wichtige Initiativen im Bereich Sustainable Finance: die Nachhaltigkeits-Zertifizierung aller österreichischen Vorsorgekassen seit 2004 (europaweit einzigartig), die Weiterbildungen zum Thema Nachhaltige Geldanlagen und Finanzierung mit mittlerweile mehr als 4000 Absolvent*innen aus dem Bereich Banken und Finanzberatung, die Website "gruenesgeld.at" als Basisinformation für Privatinvestor*innen. Die beiden letzteren Initiativen sind auch Element der nationalen Finanzbildungsstrategie des BMF.                                                      

Keyvisual zur Auszeichnung der BUSINESSART Nachhaltige Gestalter*innen 2025

Die Nachhaltigen Gestalter*innen

Susanne Hasenhüttl, Katharina Muner-Sammer – beide Sustainable Finance Expert*innen der ÖGUT

Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik - ÖGUT
Branche:  gemeinnütziger Verein, außeruniversitäre Forschung, Unternehmensberatung
31 Mitarbeiter*innen
www.oegut.at