zum Inhalt springen

Rolle und Beitrag nachhaltiger Medien zu einer nachhaltigen Entwicklung

Vortrag von Roswitha M. Reisinger auf der 3. Mostviertler Nachhaltigkeitskonferenz vom 27.-28.9.2010.

Foto: Herfert
Foto: Herfert DSC_4926

Am Anfang war der Umweltschutz

Erinnern Sie sich noch an den Anfang der 1980er Jahre? Verschmutzte Flüsse, sterbende Wälder und der zunehmende Müll vor unserer Haustüre machte die Umweltproblematik für zunehmend mehr Menschen sicht- und greifbar. Das war die Basis für die Entstehung der wichtigsten Umweltorganisationen, wie greenpeace, Global 2000 oder die Umweltberatung (und damit des "Umweltfalters" - des Vorläufermagazins der Lebensart).

Rolle der Medien

Medien spielen für diese Entwicklungen eine wesentliche Rolle. Sie haben eine wichtige Funktion in der Erhaltung und Reproduktion von Moral, sie erhöhen die Sensibilität und Aufmerksamkeit für ein Thema. Neben den „Verzichtsthemen“ (Energie sparen, Müll vermeiden etc.) bildete sich in den 90er Jahren mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Biolebensmitteln und deren Qualitätssteigerung eine neue Zielgruppe heraus, die Genießer. Die Verbindung von Öko und Genuss war geboren.

Globalisierung lenkt den Fokus auf Nachhaltigkeit

Die Umwelt-Herausforderungen des neuen Jahrtausends sind globaler Natur: Klimawandel, Luftverschmutzung, zu hoher Ressourcenverbrauch. Die bisherigen politischen Lösungsansätze – nationale Regelungen – versagen. Durch die Globalisierung änderten sich Werte: Shareholdervalue, Spekulation, Wettbewerbsfähigkeit, „Geiz ist geil“ wurde Mainstream.

Kann ein nachhaltiges Magazin bestehen?

2005 überlegten wir, wie wir  mit dieser Situation umgehen sollten. Sich spezialisieren? Oder die Breite des Themas aufnehmen? Wir entschieden uns für den letzteren Weg. Mit vielen Konsequenzen, wie sich herausstellte:

  • Der Begriff Nachhaltigkeit war 2005 einer Minderheit bekannt. Klar war für uns auch - Wenn schon nachhaltig, dann als gesamtes Unternehmen. Nur so erhalten wir die Glaubwürdigkeit, die wir als Medium brauchen.
     
  • Das gilt auch für unsere Informationsarbeit: Medien leisten dann einen positiven (mittelbaren) Beitrag zu Nachhaltigkeit, wenn die Werte in den Unternehmensleitlinien verankert sind und, wenn der politische und gesellschaftliche Diskurs abgebildet wird. Nachhaltige Information muss zu Mündigkeit und zur Handlungsfähigkeit führen.
     
  • Ist der Markt groß genug?
    Sehr hilfreich waren die Forschungsergebnisse von Ray & Anderson –Culturell Creatives in den USA. Sie hatten 2002 eine Gruppe von Konsument/innen ausgemacht, die auf nachhaltige Produkte Wert legten, mit einem geschätzten Marktanteil von 30%. Die Konsument/innen waren vor allem an Produkten in den Bereichen nachhaltige Wirtschaft, gesunde Lebensführung, ökologischer Lebensstil (reisen), alternative Gesundheitsfürsorge und persönliche Entfaltung interessiert.
    Bis heute haben wir den Fragebogen auf unserer Website, wenn Sie interessiert sind, selbst herauszufinden, ob Sie zu dieser Gruppe gehören.
    In Österreich arbeitet die Karmasin Motivforschung mit dem Modell der Erlebnismilieus. Zwei davon – Niveau- und Individualismusmilieu – sind für Nachhaltigkeit direkt ansprechbar.


Wir konzentrierten uns zu Beginn darauf, die Motivationen und Sehnsüchte dieser Zielgruppen zu verstehen und befragten zusätzlich laufend unsere LeserInnen, was ihnen wichtig ist.

Hier eine Kurzfassung der Ergebnisse:
Unsere LeserInnen sind Individualist/innen. Sie schätzen Anregungen, Inspiration, gute Tipps auf hohem Niveau und die Freiheit der Entscheidung. Vielfältiger Zugang wird geschätzt. (Und das braucht es auch. Denn LEBENSART wird von der ganzen Familie gelesen. Mit einer Auflage von 60.000 Stück erreichen wir 150.000 Leser/innen pro Ausgabe). Unsere Leser/innen schätzen einen konstruktiv-kritischen Stil, lösungsorientiert, mit Humor und einem Schuss Ironie. Erhobene Zeigefinger, Angstmache, Einseitigkeit, das Aufbauen von Feinbildern wird abgelehnt. Wesentlich ist eine optisch einladende Aufmachung. Besonders geschätzt wird die Authentizität, die sich durch das ganze Unternehmen zieht. Selbst die Werbung muss bestimmten Kriterien entsprechen (keine Autowerbung, oder Ölheizung, nur Biolebensmittel etc.).

cover_03_2010

Nachhaltigkeit 2.0

•      2010 stellen wir fest, dass sich in den letzten Jahren eine neue, zusätzliche Gruppe von LeserInnen gebildet hat, die Lebensfreude und Genuss mit Verantwortung und Respekt in all ihren Lebensbereichen verbinden will. Sie fordert auch – deutlicher als bisher - die gesellschaftspolitische Information und Diskussion ein. Wesentlich geht es darum, dass neben Konsument/innen auch Wirtschaft und Politik handeln.

•      Follow your customers: Mit den Konsument/innen schlagen auch viele Unternehmen eine nachhaltige Richtung ein. Und mit ihnen die Medien: Nachhaltige Themen finden sich mittlerweile regelmäßig in allen Zeitungen und Magazinen. Bisherige Nachhaltigkeitsmagazine professionalisieren sich und gehen in die Tiefe (z.B. LEBENSART, Südwind, VCÖ), sie verstärken den nachhaltigen Fokus (Naturfreunde, Alpenverein) und neue Magazine kommen dazu (Biorama). Mit der technologischen Entwicklung verlagert sich immer mehr Information ins Web (Glocalist, Global 2000, respect). Auch LEBENSART hat mittlerweile ein breites Online-Portfolio mit zwei Websites (www.lebensart.at, www.nachhaltig-reisen.at) und drei Newslettern.

•      Der Trend zu nachhaltigen Entwicklungen wird weitergehen, weil die Dringlichkeit zunimmt. Damit breite Bevölkerungsschichten erreicht werden  müssen einige wichtige Parameter stimmen: Fairer Preis, Produkte mit Stil, bequem verfügbar, bekannte Gütesiegel und authentische Werte-Kommunikation.

Weitere Informationen zur Konferenz

www.nachhaltigkeitskonferenz.at