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Studie von IHS und ÖFSE: TTIP kostet Österreich Arbeitsplätze

Das US-europäische Freihandelsabkommen TTIP würde sich in Summe negativ auf den heimischen Arbeitsmarkt auswirken. Zu den stärksten Verlusten käme es in der Landwirtschaft und im Nahrungsmittelsektor.

Mag. Michael Miess (IHS), Dr. Werner Raza (ÖFSE), Gertraud Grabmann (Bio Austria), Mag. Alexander Egit (Greenpeace), Dr. Gerhard Drexel (SPAR).
Mag. Michael Miess (IHS), Dr. Werner Raza (ÖFSE), Gertraud Grabmann (Bio Austria), Mag. Alexander Egit (Greenpeace), Dr. Gerhard Drexel (SPAR). Foto: Spar Andreas Tischler ttip-studienpraesentation-c_spar_andreas-tischler

So lautet das Ergebnis einer umfassenden Studie zu den Beschäftigungseffekten von TTIP in Österreich, die heute in Wien präsentiert wurde. Die vom Institut für Höhere Studien (IHS) und der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) durchgeführte Studie wurde im Auftrag von SPAR, BIO AUSTRIA, NÖM und Greenpeace erstellt und sieht vor allem die kleinstrukturierte heimische Landwirtschaft bedroht. Am stärksten betroffen wären Betriebe bis zu 20 Hektar, was der durchschnittlichen österreichischen Bauernhofgröße entspricht. Insgesamt könnte TTIP den Landwirtschafts- und Nahrungsmittelsektor über 4.600 Jobs kosten.

TTIP - Jobverluste

Als Hauptergebnis der Studie ergeben sich leicht negative Beschäftigungseffekte für die österreichische Volkswirtschaft. Die am stärksten ausgeprägten negativen Resultate treten dabei in der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion auf. Konkret ergeben sich folgende Auswirkungen:

In den Sektoren Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion gehen in der kurzen Frist (5-10 Jahre) etwa 730 Arbeitsplätze (AP) bzw. 0,37 % verloren – davon sind ca. 100 AP durch den von TTIP induzierten Strukturwandel bedingt. In der langen Frist (15-20 Jahre) ergeben sich für Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion Arbeitsplatzverluste von ca. 4.670 AP bzw. 2,37 % – von diesem Rückgang sind etwa 670 AP durch den von TTIP ausgelösten Strukturwandel verursacht.

In Summe über alle Sektoren treten in der kurzen Frist Gesamtverluste von etwa 780 Arbeitsplätzen bzw. 0,02% der Gesamtbeschäftigung auf. In der langen Frist zeigt sich eine Reduktion von ca.1.120 AP bzw. 0,03 % der Gesamtbeschäftigung für alle Sektoren.

TTIP - Wertschöpfungsverluste

In der Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion sind in der langen Frist durch TTIP Wertschöpfungsverluste zu erwarten: ca. EUR 56 Mio. bzw. 2,1% der Bruttowertschöpfung (Landwirtschaft), sowie EUR 46 Mio. bzw. 1,6% der Bruttowertschöpfung (Nahrungsmittelproduktion).

Gesamtwirtschaftlich ergeben sich für Österreich leichte Wertschöpfungszugewinne durch TTIP von in etwa EUR 360 Mio. bzw.0,1% des BIP Struktureffekte: Gemäß den berechneten Wertschöpfungsverlusten kommt es bis 2025 zu zusätzlichen Marktaustritten von relativ kleineren Landwirtschaftsbetrieben (ca. minus 590 Betriebe) bzw. Nahrungsmittelunternehmen (ca. minus 30 Unternehmen).

Langfristig ist durch TTIP daher mit einer Verstärkung des Strukturwandels in Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion zu rechnen.

Fazit: Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass den langfristigen Beschäftigungsverlusten durch TTIP in Österreich keine markanten gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungsgewinne gegenüberstehen. Für Landwirtschafts-und Nahrungsmittelsektor sind Wertschöpfungsverluste zu erwarten, darüber hinaus sind diese Sektoren von den Beschäftigungsverlusten am stärksten betroffen. Zusätzlich bestehen Risiken für eine Verschlechterung der regulatorischen Rahmenbedingungen für eine qualitätsorientierte Entwicklung im Landwirtschafts-und Nahrungsmittelsektor.

Zur Kurzfassung der Studie von IHS und ÖFSE Auswirkungen von TTIP

Die Reaktionen der Aufraggeber der Studie:

Spar sieht Feinkostladen Österreich bedroht. Gerhard Drexel, Vorstandsvorsitzender der SPAR AG: „Die österreichische Lebensmittel-Kultur und damit ein Teil unserer Identität sind nachweislich gefährdet.“ Als Beispiel nennt Drexel das AMA-Gütesiegel-Qualitätsfleisch: Die Studie belege ganz klar, dass eine Marktöffnung im Rindfleischsektor die Importe aus den USA exorbitant ansteigen lassen würde. Österreich, so Drexel, sei geprägt von einer kleinstrukturierten Landwirtschaft, in den USA gebe es kaum Farmen, die weniger als 2000 Rinder hätten. „Im Massengeschäft ist aber nicht hohe Qualität gefragt, sondern ein möglichst homogener Rohstoff, der zwecks Verarbeitung in den genormten Herstellungsverfahren der Ernährungsindustrie von einem zum anderen Kontinent transportiert werden kann. Alleine der billige Preis wird das alles entscheidende Kriterium bei dieser Marktöffnung sein. Das können auf Dauer unsere Qualitätslandwirte nicht mitmachen“, warnt der SPAR-Chef. Preis und Qualität würden nach unten gehen, österreichische Qualitätsfleischprodukte und ihre Produzenten aussterben – so belege es nun eindeutig die Studie. Drexel weiter: „Diese aktuelle Studie sollte also unsere Politiker aufrütteln, damit sie sich ganz klar gegen TTIP in Position bringen.“

Gertraud Grabmann, Obfrau von BIO AUSTRIA: "Durch TTIP besteht die Gefahr einer Verwässerung der Umwelt- und Konsumentenschutz-Standards. Die Rahmenbedingungen für ökologische und nachhaltige Landwirtschaft werden sich massiv verschlechtern."

Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace, kritisiert darüber hinaus einmal mehr die Sonderklagerechte für Konzerne und die regulatorische Kooperation. „Es ist inakzeptabel, dass der Minister immer noch glaubt, es gelte, Verhandlungsergebnisse abzuwarten. Bei TTIP gibt es für die Bäuerinnen und Bauern und für die Umwelt nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren."