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"Wahre Innovation entsteht, wo sich Generationen ergänzen"

Alexandra Ballaun und Vanessa Ossinger zeigen mit ihrer Initiative, wie Generationenvielfalt, gesellschaftliche Verantwortung und unternehmerischer Erfolg Hand in Hand gehen können.

Vier Frauen und ein Mann sind um einen runden Stehtisch versammelt, auf dem ein aufgeklappter Laptop steht. Zwei älteren Frauen tragen Kochschürzen, der junge Mann eine Kochmütze und Schürze. Das Foto ist in einem ovalen Rahmen auf einem weißen, reliefart
Alexandra Ballaun und Vanessa Ossinger mit Amru, Maria und Agnes von Vollpension. Fotos: Manuel Gruber; Getty Images

BUSINESSART: Was war der Auslöser dafür, dass Sie sich für den „Erfahrene Semester“ ins Zeug legten?

Vanessa Ossinger: Seit mittlerweile 13 Jahren ist es unsere Mission bei der Vollpension, wertvolle Lebenserfahrung und Weisheit von Senior*innen sichtbar zu machen. Wir erleben täglich bei unseren 50 geringfügig beschäftigten Senior*innen in unseren Generationencafés, wie viel Potenzial in dieser Generation steckt. Die Idee, unsere soziale Wirkung über unser eigenes Unternehmen hinaus zu skalieren, war der natürliche nächste Schritt. Die Partnerschaft mit Ankerbrot zeigt, dass das Potential von „Erfahrenen Semestern“ auch in der Arbeitswelt außerhalb unserer Generationencafés einen festen Platz hat.

Alexandra Ballaun: Uns hat bewegt, dass viele Senior:innen nach dem Pensionsantritt vielfach voller Erfahrung und Tatkraft sind, aber kaum Möglichkeiten haben, ihr Wissen weiterzugeben. Gleichzeitig suchen wir in den Filialen immer nach verlässlichen, erfahrenen Mitarbeitenden. Daraus entstand die Idee, beide Bedürfnisse zu verbinden: Wir geben Pensionist*innen eine sinnvolle Aufgabe, schaffen Begegnungen zwischen den Generationen und wirken Einsamkeit wie auch Altersarmut entgegen.

Was hat Sie ermutigt, dranzubleiben und das Recruiting Modell umzusetzen?

Ballaun: Uns als Ankerbrot HR-Team – und ganz besonders unsere Recruiterin Anna-Maria Scheitinger– hat der starke Rücklauf und die spürbare Freude der „Erfahrenen Semester“ motiviert. Ihre Begeisterung und auch ihr Dank, wieder gebraucht zu werden. Großartig ist auch, wie positiv der generationsübergreifende Austausch ist. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir mit unserer Aktion „Erfahrene Semester“ nicht nur Stellen besetzen, sondern auch gesellschaftlich etwas bewegen können – zum Beispiel, dass wir echte Brücken zwischen den Generationen bauen können. Denn wenn Lehrlinge mit erfahrenen Kolleg*innen zusammenarbeiten, lernt man voneinander: Erfahrungswerte können weitergegeben werden und treffen auf frische Perspektiven – fachlich wie menschlich ein Gewinn.

Ossinger: Das tolle Team von Ankerbrot hat von Anfang an vollkommen an die Idee geglaubt. Sie waren begeistert und bereit, gemeinsam mit der Vollpension neue Wege zu gehen. Auch bei diesem Projekt sehen wir wieder: die unglaubliche Resonanz der Senior*innen, das große Interesse und die Freude, eine Chance zu bekommen. Das ist bei allem, was wir tun unser größter Ansporn. Jede erfolgreiche Einstellung hat uns darin bestätigt, dass wir etwas Sinnvolles schaffen, was unsere Gesellschaft braucht.

Was war das größte Hindernis?

Ossinger: Was wir generell immer bedenken müssen ist, dass viele HR-Prozesse auf junge, digital-affine Bewerber*innen zugeschnitten sind. Die Anpassung der Prozesse ist aber nur ein Teil, um diesen Weg erfolgreich gehen zu können. Vielmehr geht es oft um eine echte Veränderung in der Unternehmenskultur: eine, die Offenheit und Wertschätzung für Lebenserfahrung in den Mittelpunkt stellt und Alter nicht als Hindernis sieht, sondern als wertvolle Ressource.

Ballaun: Alle Bewerber*innen waren sehr motiviert. Es ist aber auch die gesundheitliche Seite zu bedenken. Die Arbeit in der Filiale bedeutet langes Stehen und ist daher auch körperlich etwas herausfordernd. Das war wichtig von Anfang an klarzustellen.

Welche Kompetenzen sind für Ihren Erfolg besonders wichtig?

Ossinger: Der Innovationsgeist von Anker gepaart mit der Authentizität der Vollpension hat Großes bewirkt. Mit gegenseitigem Vertrauen und Offenheit für zukunftsweisende Lösungsansätze haben wir es zum Herzstück des Projekts gemacht, die Senior*innen nicht nur zu rekrutieren, sondern sie auch empathisch zu begleiten und zu motivieren. Wir haben die Brücke zwischen den Bedürfnissen der Senior*innen und den Anforderungen eines Großunternehmens gebaut.

Ballaun: Was die Senior*innen mitbringen und täglich einbringen sind vor allem die Erfahrung im Umgang mit Menschen, Freude am serviceorientierten Arbeiten und eine echte Leidenschaft für Brot und Gebäck. Das schätzen wir sehr.

Warum entschieden Sie sich für eine Kooperation und welche Vorteile hatte diese für Sie beide? Was können Sie jeweils einbringen?

Ossinger: Bei der Vollpension wissen wir, dass wir als kleiner Betrieb das Problem der Altersarmut und damit einhergehender Isolation nicht alleine lösen können. Partnerschaften sind der Schlüssel zur Skalierung unserer Mission. Ankerbrot ist ein starker, bekannter Partner, der die Größe und die Reichweite hat, um eine wirkliche Veränderung am Arbeitsmarkt anzustoßen. Die Kooperation ermöglichte es uns, unsere Kernkompetenz, die Arbeit mit Senior*innen, in einem neuen Kontext anzuwenden und zu beweisen, dass unser Modell übertragbar ist. In der Folge soll unser gemeinsames Projekt als Inspiration für viele weitere Unternehmen dienen, die zwangsläufig mit den Herausforderungen des demographischen Wandels konfrontiert werden. Wir sind die Schnittstelle, die sicherstellt, dass die "Erfahrenen Semester" sich wohl und wertgeschätzt fühlen.

Ballaun: Dem kann ich nur beipflichten. Wir haben uns für die Kooperation entschieden, weil sich unsere Stärken ideal ergänzen: Die Erfahrung der Vollpension im Arbeiten mit Senior*innen und unsere Ressourcen und Strukturen, um ein solches Projekt im großen Maßstab umzusetzen. So konnten wir das Beste aus beiden Welten verbinden und das Modell rasch und professionell starten.

Haben Sie einen Leitsatz in Ihrem Leben?

Ballaun: Nur wer Neues probiert, entwickelt sich weiter.

Ossinger: Wahre Innovation entsteht, wo sich Generationen ergänzen.

Begründung für die Auszeichnung:

„Erfahrene Semester“ ist ein innovatives Recruiting Modell von ANKER und der Vollpension. Es spricht aktive Pensionist:innen an, um den Herausforderungen bei der Personalgewinnung gezielt zu begegnen. Die Initiative bietet flexible Jobs, geht auf individuelle Bedürfnisse ein und fördert das generationenübergreifende Arbeiten. Eine Initiative, die im Sinne von sozialer Nachhaltigkeit zeigt, wie Generationenvielfalt, gesellschaftliche Verantwortung und unternehmerischer Erfolg Hand in Hand gehen können.

Keyvisual zur Auszeichnung der BUSINESSART Nachhaltige Gestalter*innen 2025

Die Nachhaltigen Gestalter*innen

Alexandra Ballaun, Leitung HR

Ankerbrot Holding GmbH 
Branche: Bäckerei
ca. 1000 Mitarbeiter*innen
www.ankerbrot.at

Vanessa Ossinger, Leitung HR Vollpension

Vollpension Generationendialog GmbH 
Branche: Sozioökonomischer Betrieb
Anzahl Mitarbeiter*innen: ca. 20, mit den Generationencafés sind es mehr als 100 Mitarbeitende – darunter mehr als 50 Senior*innen
www.vollpension.wien