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Zukunft bauen mit grünen Ziegeln

Wienerberger investiert in die Dekarbonisierung und ist damit Vorreiter in der Industrie

Auf dem Bild ist der riesige Elektroofen in der Werkshalle von Wienerberger zu sehen. Es sieht aus wie ein langgezogener, rechteckiger Container aus Beton, der von Metallgerüsten zusammengehalten wird. Die Gerüste sind in Grau, Türkis, Rot, Grün und Gelb
Der rund 85 Meter lange und vier Meter hohe Elektroofen in Uttendorf produziert täglich etwa 270 Tonnen Ziegel - energieeffizient und nahezu klimaneutral. Foto: Manfred Fesl, Wienerberger

„Ich bin jetzt 20 Jahre bei Wienerberger, aber an ein Projekt dieser Größenordnung kann ich mich nicht erinnern“, stellt Johannes Rath, CSO Segment Wall Wienerberger und CTO Wienerberger Building Solutions, fest. Über 30 Millionen Euro hat der weltweit größte Ziegelproduzent in den ersten industriellen Elektroofen zur Produktion von Hintermauerziegeln im oberösterreichischen Uttendorf investiert. Solche Ziegel werden im Inneren einer Wand verwendet, sie sind zum Schutz mit einer Außenschicht verkleidet. „Elektrifizierte thermische Prozesse gibt es im Niedertemperaturbereich heute eigentlich von der Stange“, sagt Rath. Aber ein Ziegelofen, der ohne Gasbefeuerung eine Temperatur von fast 1.000 Grad erreicht, ist eine technische Neuerung. In Kombination mit Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt, und einer Wärmepumpe, die für die Trocknung verantwortlich ist, wird ein zu 90 Prozent klimaneutraler Ziegel produziert.

Damit hat Wienerberger einen mutigen Schritt bei der Transformation gesetzt. Die Dekarbonisierung der Industrie mit energie-, rohstoff- und emissionsintensiven Prozessen ist zugleich eine der größten Herausforderungen und einer der wichtigsten Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Mehr dazu unterVier Szenarien zur Dekarbonisierung der Industrie - und was sie bringen.


Johannes Rath, CTO und CSO Technologie und Vertrieb bei Wienerberger.
Johannes Rath, CTO und CSO Technologie und Vertrieb. Foto: Wienerberger
 Ein Ziegelofen, der ohne Gasbefeuerung eine Temperatur von fast 1.000 Grad erreicht, ist eine technische Neuerung. In Kombination mit Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt, und einer Wärmepumpe, die für die Trocknung verantwortlich ist, wird ein zu 90 Prozent klimaneutraler Ziegel produziert.


Für die Transformation ist Risikobereitschaft notwendig

Das Projekt „Green Bricks“ erforderte Risikobereitschaft von Wienerberger. „Bei so einer großen Investition muss das von Beginn an gut funktionieren, sonst wird das finanziell ein Desaster“, betont Johannes Rath. Um das zu gewährleisten, wurden die Details im Vorfeld mit Expert*innen geplant und mit einem digitalen Zwilling simuliert. Wienerberger arbeitete dabei etwa mit dem Austrian Institut for Technology und der TU Wien zusammen.

Dann wurde entschieden. Es hieß: „Wir tun das jetzt!“ Viel zu häufig würde man sich laut Rath mit Studien zur Dekarbonisierung oder mit PowerPoint-Präsentationen, die auf Konferenzen präsentiert werden, begnügen. Bei Wienerberger aber blieb es nicht bei der Forschung. Die Studienergebnisse flossen in einen neuen Ofen in industrieller Dimension ein. „Die alte Anlage wurde komplett entfernt. Da gibt es keinen Weg retour!”

Ziel war es auch, der gesamten keramischen Industrie zu demonstrieren, wie ein Weg in die klimafreundlichere Produktionszukunft aussehen kann. Dabei sieht sich Wienerberger in der Verantwortung, neue Technologien voranzutreiben. Die notwendige Entwicklungsarbeit und die finanziellen Risiken können kleinere Unternehmen nicht alleine tragen.

Die Technologie im Griff haben

Wienerberger selbst nutzt das gewonnene Know-how bereits an anderen Stellen im Konzern. Etwa für einen weiteren Elektroofen im britischen Broomfleet, wo Dachziegel hergestellt werden. Und auch die Wärmepumpe, die eigens für die Ziegelproduktion entworfen wurde, kommt in abgewandelter Form in Werken in Frankreich, dem Vereinigten Königreich, der Slowakei und den Niederlanden zum Einsatz. „Wichtig ist, dass wir die Technologie im Griff haben. Wir können sie dann jederzeit weiter ausrollen, wenn wir Werke neu bauen oder Anlagen ersetzen.”

Bei der Frage nach den „lessons learned“ muss Rath nicht lange überlegen: „Ein starkes, engagiertes Team ist alles. Besonders erfreulich ist, dass diese Leistung voll anerkannt wurde – nicht nur intern vom Vorstand und dem Aufsichtsrat, sondern auch extern: Es gab sogar Gratulationsschreiben von Mitbewerbern.“ Deshalb möchte Johannes Rath auch nicht alleine  Nachhaltiger Gestalter sein. Die Auszeichnung gebühre allen, die zum Erfolg des richtungsweisenden Projekts beigetragen haben, also auch Rene Pesendorfer, Gerhard Pichler, Gerhard Zeltner und Erik Boot.

Mario Offenhuber, Elisabeth Winkler

DAS PROJEKT "GREEN BRICKS" IN ZAHLEN

  • Investitionsvolumen von mehr als 30 Mio. Euro
  • Mehr als 6 Mio. Euro Förderung durch NEFI (New Energy for Industry), einer Förderinitiative des Klima- und Energiefonds, Oberösterreich und der Steiermark
  • Die Projektlaufzeit lag bei rund 3 Jahren.
  • Das Werk in Uttendorf sorgt für ca. 20 Prozent der Gesamtproduktion von Wienerberger in Österreich.
  • In Uttendorf werden 270 Tonnen Ziegel pro Tag produziert.
  • Die 90 Prozent weniger CO2 bedeuten ein Minus von 7.340 Tonnen pro Jahr.
  • Außerdem werden 33 Prozent weniger Energie verbraucht.
  • Der Ziegelofen hat eine Länge von 85 Metern.
  • Die Brenntemperatur liegt bei 960 Grad Celsius.

Johannes Rath (Chief Technology Officer und Chief Strategy Officer/Wall – Wienerberger AG), Gerhard Pichler (Werksleiter Uttendorf) René Pesendorfer (Senior Project Manager), Gerhard Zeltner (Head of Technology, Segment Wand), Erik Boot (Head of R&D, Process Technology), Stefan Vogt (Deputy Head of R&D, Process Technology bei Wienerberger)

4 Herren in Signaljacken und mit Schutzhelmen auf den Köpfen posieren neben dem Elektroofen in der Werkshalle.
Die Teammitglieder Rene Pesendorfer, Gerhard Pichler, Gerhard Zeltner und Erik Boot (v.l.n.r.) freuen sich gemeinsam mit Johannes Rath über die Auszeichnung „Nachhaltige Gestalter*innen 2025“. Foto: Wienerberger

Johannes Rath verantwortete als CTO und CSO Technologie und Vertrieb mit seinem Team, dass der weltweit größte industrielle Elektroofen zur Ziegelproduktion am Standort Uttendorf in Betrieb genommen wurde. Dieser wird vollständig mit Ökostrom (u. a. aus der eigenen PV-Anlage) betrieben und senkt die CO₂-Emissionen um rund 90 Prozent sowie den Energieverbrauch um etwa ein Drittel. Mit Tonmischungen mit klimafreundlichem Sägespäne-Zusatz, Trocknung mittels Wärmepumpentechnik und digitaler Prozessoptimierung mit KI und Digital Twins gelingt eine technologisch zukunftsweisende Produktion – ressourcenschonend und mit geringem Öko-Fußabdruck.